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Landkreis Dillingen: So dramatisch ist die Lage für den Einzelhandel im Landkreis Dillingen

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So dramatisch ist die Lage für den Einzelhandel im Landkreis Dillingen

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    Wenig los war am Mittwoch in der Dillinger Kapuzinerstraße, denn die meisten Geschäfte mussten wegen der Notfallmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus schließen. Viele Ladenbesitzer leiden unter der Situation, auch wenn sie das Vorgehen für sinnvoll halten.
    Wenig los war am Mittwoch in der Dillinger Kapuzinerstraße, denn die meisten Geschäfte mussten wegen der Notfallmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus schließen. Viele Ladenbesitzer leiden unter der Situation, auch wenn sie das Vorgehen für sinnvoll halten. Foto: Berthold Veh

    Das Corona-Virus zieht auch am Landkreis Dillingen nicht vorbei. Seit Mittwochnachmittag gibt es auch hier einen ersten bestätigten Infizierten. Das teilte das Landratsamt am Nachmittag mit.

    Demnach werden aktuell mögliche Kontaktpersonen ermittelt. Die erkrankte Person, zu der das Landratsamt keine weiteren Angaben macht, hat sich bis zwei Tage vor der Erkrankung in einem Risikogebiet aufgehalten. Außerdem befinden sich, so heißt es in der Mitteilung, derzeit insgesamt 36 Personen im Landkreis unter Quarantäne.

    "Gespenstische" Atmosphäre in der Kapuzinerstraße

    Derweil greifen auch im Landkreis weitere Vorsichtsmaßnahmen, damit sich das Virus weniger schnell ausbreitet. Das öffentliche Leben ist eingeschränkt, viele Geschäfte haben geschlossen. Als Fachakademie-Leiter Werner Eitle am Mittwoch durch die nahezu menschenleere Dillinger Kapuzinerstraße geht, fällt ihm nur ein Wort ein – „gespenstisch“ sei das. Für die lokale Wirtschaft ist es eine Katastrophe. „Es sieht nicht gut aus“, sagt Rainer Hönl, der Vorsitzende der Gundelfinger Wirtschaftsvereinigung. „So etwas habe ich noch nie erlebt.“ Er stuft die Lage als „sehr schwierig“ ein. Vielerorts herrsche derzeit Stillstand. Eine Situation, die viele Einzelhändler vor eine gravierende Herausforderung stellt. „Wenn wir nur von 14 Tagen sprechen würden, wäre es nicht ganz so schlimm“, sagt Hönl. Doch es glaube kaum noch jemand daran, dass sich bereits nach zwei Wochen die Lage wieder normalisieren wird. „Wenn man die Zeiträume hört, die so mancher Experte ins Spiel bringt, bekommt man Angst. Wie soll man diese Ausfälle kompensieren?“ In Gundelfingen hat die Wirtschaftsvereinigung nun die alljährliche Osteraktion abgesagt. Normalerweise bekommen Kunden in der Woche vor dem Palmsonntag Blumen und die Möglichkeit, Preise zu gewinnen. So etwas macht keinen Sinn mehr, sagt Hönl. „Wir brauchen keine Werbung machen, wenn die Geschäfte nicht mehr offen haben.“

    Einnahmeausfälle könnten existenzbedrohend werden

    Die Einnahmeausfälle werden derart gravierend, dass sie für manchen Einzelhändler existenzbedrohend werden könnten, sagt Bernd Brenner, Buchhändler aus Dillingen und schwäbischer Vorsitzender des Einzelhandelsverbands. Er selbst hat sein Geschäft am Mittwoch schließen müssen. Wie so manch anderer auch, versucht er nun, zumindest über das Internet oder per Lieferdienst nach Hause Waren zu verkaufen. „Aber das ist nicht dasselbe, für Kunden ist auch die Atmosphäre vor Ort wichtig“, sagt Brenner. Derzeit wisse keiner, wie sich die Situation weiterentwickelt. Vieles sei im Unklaren, zum Beispiel auch, ob Lieferketten überhaupt noch aufrechterhalten werden können. Es gebe „keinerlei Erfahrung“ mit einer solchen Situation. Die angekündigten Finanzspritzen der Politik machen Brenner wenig Hoffnung. „Wir brauchen uns keine Illusionen zu machen, dass hier große Förderungen kommen werden.“ Selbst wenn, seien diese lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein. Dafür seien die laufenden Kosten für Einzelhändler, etwa durch die Miete, einfach zu hoch. Jürgen Hertle von Mann & Mode in Dillingen erläutert, dass die Ware für das ganze Jahr bereits bestellt sei. Und die Fabrikanten hätten in Mails bereits darauf hingewiesen, dass sie keine Stornierungen akzeptieren würden. Kein Ladenbetreiber freue sich, wenn er jetzt schließen müsse. Aber die Situation mit dem Coronavirus sei „langsam dramatisch“, sagt Hertle und äußert Verständnis für die getroffenen Maßnahmen. Bis Ende März könne man überbrücken und Resturlaube abbauen. Danach könne die Lage aber dramatisch werden, weil die Kosten weiterlaufen und keine Einnahmen da seien.

    Martina Roch nützt die Zeit für Büro- und Lagerarbeiten

    Auch Martina Roch hat ihr Schreibwaren- und Büchergeschäft am Marktplatz in Höchstädt nicht geöffnet. Die Notfallmaßnahme hält Roch für richtig. „Wenn sich jeder daran hält, ist der Katastrophenfall vielleicht schneller wieder vorbei“, sagt die Ladenbetreiberin. Bis Ende März könne sie durchhalten. „Wenn es länger dauern sollte, dann müssen wir schauen, wie wir damit umgehen“, sagt Roch. Die Zeit nütze sie jetzt für Büro- und Lagerarbeiten.

    Powalowski: Die Lage ist schwierig

    „Die Lage ist mit Sicherheit schwierig“, betont auch Joachim Powalowski, Vorsitzender der Wirtschaftsvereinigung Lauingen. Für die wenigen Einzelhändler, die es in der Stadt noch gibt, sei die Lage ernst. „Wir hoffen und beten, dass das alles schnell an uns vorübergeht“, sagt der Apotheker – auch wenn er selbst Zweifel daran äußert: „Ich glaube, dass das am 19. April noch nicht vorüber sein wird.“ Großer Austausch zwischen den Mitgliedern der Wirtschaftsvereinigung finde derzeit nicht statt. „Es muss jeder selbst entscheiden, wie er mit den neuen Vorgaben umgeht. Corona-Verkaufsaktionen, um Kunden in den Laden zu locken, gibt es jedenfalls nicht.“ Sein eigenes Geschäft, die St.-Martin-Apotheke, bleibe geöffnet. „Wir gehören zur wichtigen Versorgung. Gott sei Dank.“ Doch auch dort spürt – und vor allem sieht – man die Auswirkungen der Krise. Die Kunden kämen jetzt einzeln ins Geschäft, an der Tür stehe ein Desinfektionsspender und an den Kassen ragen zwischen Kunden und Kassierer Plastikscheiben hervor, die vor Keimen schützen sollen. „Das ist wie früher an den Schaltern am Bahnhof“, erzählt Powalowski. „Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas mal nötig wird.“ Zum ersten Mal seit Jahren müsse er in seiner Apotheke am kommenden Sonntag wieder einen Notdienst machen. Damals grassierte die Grippe im Landkreis. „Wir hatten an einem Tag mehr als 200 Kunden.“

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