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Landkreis Dillingen: Rechtsextremistisches Netzwerk im Landkreis weiter unter Beobachtung

Landkreis Dillingen

Rechtsextremistisches Netzwerk im Landkreis weiter unter Beobachtung

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    Das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln.
    Das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln. Foto: Oliver Berg/dpa

    Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat im vergangenen Jahr ein mutmaßlich rechtsextremistisches Netzwerk im Landkreis Dillingen zum Beobachtungsobjekt erklärt (wir berichteten). Nach Angaben der Behörde besteht dieses Netzwerk aus der „Bürgerinitiative für Wertingen und Stadtteile“ (BIW), dem Blog „Brennpunkt Nordschwaben“ und dem Projekt „Heimat Nordschwaben“. Nachdem unserer Zeitung im Oktober darüber berichtet hatte, gab es bei einigen Lesern Diskussionen über das Vorgehen des Landesamts. Protagonisten des Netzwerks wiesen die Vorwürfe als „hanebüchen“ zurück. Das Landesamt für Verfassungsschutz bleibt indes bei seinem Standpunkt. „Bezüglich dieses Netzwerkes liegen hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung vor“, teilt Sprecher Sönke Meußer auf Anfrage mit. Die Einschätzung des Netzwerks als rechtsextremistisch bestehe weiterhin.

    Bürgerinitiative Wertingen habe sich an Treffen beteiligt

    Auf dem Blog „Brennpunkt Nordschwaben“ finden sich nach Angaben des Landesamts „zahlreiche Überschneidungen zur rechtsextremistischen Identitären Bewegung (IB) Schwaben“. Aktivisten des Blogs und der IB hätten gemeinsame Aktionen in Wertingen und Donauwörth durchgeführt. Der Blog habe Aktionen der Identitären Bewegung beworben, Videos verlinkt und deren Kontaktadressen erwähnt. Die Bürgerinitiative Wertingen wiederum habe sich an einem Vernetzungstreffen mit der Identitären Bewegung beteiligt, auf dem das Ziel verfolgt worden sei, ein gemeinsames Netzwerk in Süddeutschland zu etablieren. Auf der Veranstaltung sei, so die Darstellung auf dem Blog Brennpunkt Nordschwaben, „ein wichtiger Grundstein für die Organisation eines süddeutschen Widerstands-Netzwerkes“ gelegt worden. (Verfassungsschutz beobachtet mutmaßlich rechtsextremistisches Netzwerk)

    Anlässlich des einjährigen Bestehens der Identitären Bewegung in Nordschwaben habe der Blog ihr am 7. Januar 2019 einen wohlwollenden Artikel gewidmet, der mit dem Symbol der IB bebildert war. Überschrieben war der Artikel mit „Ein Jahr Identitäre Bewegung in Nordschwaben – Heimatliebe ist kein Verbrechen!“. Darüber hinaus seien in dem Artikel die Webseite der IB Schwaben und der E-Mail-Kontakt angegeben worden. Meußer sagt: „Der Artikel ist als Werbung für die rechtsextremistische Identitäre Bewegung zu werten und belegt auch, dass den Aktivisten des rechtsextremistischen Netzwerks Nordschwaben die Bewertung der IB durch die Verfassungsschutzbehörden seit langem bekannt war.“

    Große Zugkraft bei jungen Menschen in Nordschwaben

    In dem Artikel werde berichtet, dass „die von Kartellmedien und Verfassungsschutz als rechtsextrem gebrandmarkte Identitäre Bewegung auch in Nordschwaben bei jungen Menschen große Zugkraft auslöst“.

    Aktivisten des rechtsextremistischen Netzwerks Nordschwaben machen derzeit, so die Erkenntnisse des Landesamts, verstärkt im Kommunalwahlkampf auf sich aufmerksam. „Gemeinsam treten Aktivisten des Netzwerks und IB-Aktivisten auf der Wahlliste der Republikaner zur Kreistagswahl im Landkreis Dillingen an“, teilt das Landesamt für Verfassungsschutz mit. Bei einer Weihnachtsfeier habe ein Protagonist des rechtsextremistischen Netzwerks einem identitären Aktivisten ein Interview gegeben.

    Nach Informationen unserer Zeitung gehört der Schwenninger Hubert Mayer zu den Personen, die von den Verfassungsschützern beobachtet werden. Mayer betreibt den Blog Brennpunkt Nordschwaben und steht mit dem Blindheimer Michael Audibert an der Spitze des Arbeitskreises „Heimat Nordschwaben“. Er hält das Vorgehen der Verfassungsschützer für „lächerlich“. Es werde hier vor den Kommunalwahlen Druck von der CSU gemacht, glaubt Mayer. Er kenne Leute von der Identitären Bewegung, und er habe in dem Blog eine Pressemitteilung der IB veröffentlicht. Der Schwenninger weist aber entschieden zurück, die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik infrage stellen zu wollen. „Wir sind selber nicht weiter rechts als die Grünen links“, sagt Mayer. Dass Anhänger der Identitären Bewegung überwacht werden, halte er „für einen Skandal“. AfD-Abgeordnete hätten wegen der Beobachtung eine Anfrage im Landtag gestellt. Die Antworten seien teilweise falsch gewesen. „Ich bin kein Mitglied einer rechtsextremistischen Organisation und Michael Audibert auch nicht“, sagt Mayer.

    Was sagen Peter Seefried, Michael Audibert und Hubert Mayer?

    Der Wertinger Stadtrat und BIW-Vorsitzende Peter Seefried teilt mit, er fühle sich durch die Beobachtung nicht belästigt. „Ich mache weiter meine kommunalpolitische Arbeit im Stadtrat und im Kreistag.“ Der 54-Jährige, der eigenen Angaben zufolge bis 2001 NPD-Mitglied war, sagt zur BIW: „Wir sind eine konservative Gruppierung.“ Der zweitplatzierte Kandidat auf der BIW-Liste sei ein Wertinger mit türkischen Wurzeln. Er bewege sich in keinem rechtsextremistischen Netzwerk, sagt Seefried. Und nun sei er „halt ein staatlich überwachter Stadt- und Kreisrat“. Sprecher Meußer vom Landesamt für Verfassungsschutz wiederum sagte, dass jedem der Klageweg offenstehe, der sich zu Unrecht beobachtet fühle.

    Lesen Sie den Kommentar von Berthold Veh:

    Ein politische Torheit

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