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Landkreis Dillingen: Prozess am Amtsgericht Dillingen: Von Kinderpornografie „fasziniert“

Landkreis Dillingen

Prozess am Amtsgericht Dillingen: Von Kinderpornografie „fasziniert“

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    Weil er Kinder-, Jugend- und Tierpornos besessen und verbreitet hat, musste sich ein Mann vor dem Amtsgericht Dillingen verantworten.
    Weil er Kinder-, Jugend- und Tierpornos besessen und verbreitet hat, musste sich ein Mann vor dem Amtsgericht Dillingen verantworten. Foto: Karl Aumiller (Archiv)

    Wie versteinert sitzt der Angeklagte da, als die Staatsanwältin die seitenlange Anklage verliest. Er rührt sich nicht, starrt auf einen Punkt auf der anderen Seite des Gerichtssaals. Die Vorwürfe gegen den Mann aus dem Landkreis Dillingen wiegen schwer: Ihm wird Besitz und Verbreitung von Kinder-, Jugend- und Tierpornos vorgeworfen. Er gesteht – und verweist auf „ein tiefes Loch“, in dem er feststeckte.

    Insgesamt mehr als 800 Bilder und Videos haben die Ermittler auf zwei Handys des Mannes gefunden. Darauf zu sehen sind der Beschreibung der Staatsanwältin nach abscheuliche Szenen: Kinder, die nackt für die Kamera posieren müssen; andere, die dazu gezwungen werden, erwachsene Männer oral zu befriedigen. Auf insgesamt fünf Videos seien sogar Frauen zu sehen, die Sex mit Tieren haben. Manche dieser Fotos und Videos hat der Angeklagte in Whatsapp-Gruppen mit den vielsagenden Namen „Pipi“ und „Geile Schwänze“ geteilt. Insgesamt handelt es sich um Taten, auf die in Deutschland mindestens Freiheitsstrafe steht.

    Eine Bekanntschaft aus dem Internet schickte ihm Kinderpornos

    Über seinen Anwalt lässt der gelernte Bauschlosser dazu Stellung beziehen. „Mein Mandant ist sehr aufgeregt, deswegen spreche ich“, erklärt Rechtsanwalt Thomas Dick. Die Taten räume der Angeklagte ein. Er habe die Kontrolle verloren, sei nach der Trennung von seiner Frau in ein tiefes Loch gefallen. Im Internet, so Dick, habe sein Mandant einen Mann kennengelernt, der ihm irgendwann kinderpornografische Bilder geschickt habe. Auch Anwalt Dick tut sich mit einer Erklärung schwer: „Dann ist er in eine Art Wahn gefallen. Es hat ihn interessiert, weil es verboten ist. Da war eine Faszination da. Mein Mandant hat so was ja vorher nie gemacht.“

    Doch aus diesem Loch habe sich der zweifache Familienvater inzwischen befreien können. Mit seiner neuen Partnerin habe er über die ganze Sache gesprochen, war zu mehreren Beratungsgesprächen bei einer Psychologin, die keine pädophile Neigung habe feststellen können. „Ihm ist klar, dass das mehr war als nur Blödsinn. Aber er ist sicher, dass das nicht mehr passieren kann.“

    Der Angeklagte zeigt Reue

    Der Angeklagte selbst ringt um Worte, zeigt Reue: Die schiere Menge an Bildmaterial, die auf seinen Handys gefunden wurde, habe ihn überrascht. „Dass es so viel war, da war ich total baff.“ So recht erklären kann er die Faszination hinter den Kinderpornos nicht. „Ich bin da irgendwie drauf gekommen.“ Richterin Gabriele Held bohrt nach: „Da kommt man ja nicht einfach so drauf.“ Er verweist auf seine neue Freundin: „Ich bin jetzt wirklich aus der Scheiße raus. Ich habe das Verlangen nicht, ich kann mit Kindern überhaupt nichts anfangen.“ Die Bekanntschaft aus dem Internet habe ihn da reingeritten. „Aus diesem dicken Fehler habe ich gelernt.“

    Am Ende liegen Staatsanwaltschaft und Verteidigung in ihren Plädoyers nicht weit auseinander: Zwar sei dem Mann anzurechnen, dass er Reue zeigt, sich klar distanziert und alles gestanden hat, erklärt Staatsanwältin Milzarek-Sachau. Andererseits habe sich der Tatzeitraum über ganze zwei Jahre gezogen. Sie fordert eine Gefängnisstrafe von einem Jahr und acht Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung, die Zahlung von 4000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung und die Auflage, dass der Angeklagte Fachgespräche bei der Suchtfachambulanz wahrnimmt. „Der Angeklagte hat eine neue Partnerin, er ist nicht süchtig. Aber bei Kindern gibt es nichts, was so ein Verhalten entschuldigt.“

    Der Mann aus dem Landkreis Dillingen kommt auf Bewährung frei

    Sein Anwalt fordert vier Monate weniger Haft, mit der Bewährungsstrafe sei die Verteidigung einverstanden. Nur die Auflagen will Rechtsanwalt Dick verringern: Die Suchtfachgespräche sind seiner Meinung nach nicht nötig, 2000 Euro Strafe würden reichen. „Er hat schon die Kosten des Verfahrens und den Sachverständigen zu bezahlen.“ Dick betont, sein Mandant wolle mit alledem nichts mehr zu tun haben. „Er konnte sich nicht aus dem Loch befreien. Er sagte mir sogar: ’Gott sei Dank ist das alles aufgeflogen.’“

    Richterin Held findet zum Schluss deutliche Worte: Hinter jedem Video und jedem Bild stecke auch ein echtes Kind. „Und jedes Kind ist durch jede Tat für sein Leben gestraft und wird nicht mehr so, wie es früher war. Wenn Sie nicht gestanden hätten, wäre das heute mit einer Haftstrafe geendet.“ Sie verurteilt den 55-Jährigen zu einem Jahr und sechs Monaten Haft, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. Wie von der Staatsanwältin gefordert muss er 4000 Euro an die Caritas Dillingen bezahlen, zudem fünf Beratungsgespräche bei der Suchtfachambulanz wahrnehmen.

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