Startseite
Icon Pfeil nach unten
Dillingen
Icon Pfeil nach unten

Landkreis Dillingen: Prozess: Auf den Schlag mit der Flasche folgte die Verlobung

Landkreis Dillingen

Prozess: Auf den Schlag mit der Flasche folgte die Verlobung

    • |
    Mit der Flasche geschlagen, durch den Gang gezerrt und im Auto eingesperrt. All das soll ein Mann aus dem Kreis Dillingen seiner Arbeitskollegin und heutigen Verlobten angetan haben.
    Mit der Flasche geschlagen, durch den Gang gezerrt und im Auto eingesperrt. All das soll ein Mann aus dem Kreis Dillingen seiner Arbeitskollegin und heutigen Verlobten angetan haben. Foto: Karl Aumiller (Archiv)

    Es ist September 2019: Ein heute 39-jähriger Mann bittet seine Kollegin in ihrer Pause um Hilfe bei einer Maschine. Sie weigert sich. Er wird wütend. Sogar sehr. Er nimmt eine Flasche und schlägt sie der Frau über den Kopf. Dann packt er seine Kollegin und zerrt sie durch den Gang. So wird es dem Mann aus dem Landkreis Dillingen zumindest zwei Jahre später vor Gericht vorgeworfen. Doch schnell wird klar: Die Beziehung der beiden beschränkt sich nicht nur auf die Arbeit.

    Die Geschädigte trug von dem Vorfall Hämatome an Kopf und Oberkörper davon. Danach sei sie nach Hause gefahren, wo der Angeklagte sie in ihrem Auto eingesperrt haben soll, als sie zur Polizei fahren wollte, hieß es vor Gericht. Ihr Sohn habe sie dann wenige Minuten später befreien können. Das Kuriose: Heute, rund eineinhalb Jahre später, sind der Angeklagte und die Geschädigte von damals verlobt. Oder doch nicht?

    Zunächst galt es dem Gericht zu klären, ob diese Verlobung tatsächlich stattgefunden hat. Jedoch nicht aus reinem Interesse von Richter David Wagner, sondern weil die Geschädigte in diesem Fall das Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch hätte nehmen können. Nach einigen Ausführungen der griechischen Staatsangehörigen kam heraus, dass diese nach dem dortigen Recht noch verheiratet ist – obwohl sie bereits 2010 die Scheidung eingereicht hatte. Zwar wäre diese auch ohne Unterschrift des Partners automatisch nach fünf Jahren rechtsgültig. Doch dafür hätte die Frau nach Griechenland reisen und die Unterlagen bearbeiten müssen – was sie nicht tat. Somit musste sie schließlich doch vor dem Dillinger Amtsgericht aussagen.

    Im Lauf der Verhandlung kam auf, dass der Angeklagte schon zur Zeit der Tat bei der Geschädigten wohnte. Er ist eigentlich in einem anderen Ort gemeldet, jedoch wäre von dort aus wohl der Fahrtweg zur Arbeit nach Dillingen zu weit gewesen. Miete zahle er ebenfalls, auch heute noch.

    Auch die Frage, wie die Verlobung stattgefunden hat, stellte sich dem Gericht. Der Angeklagte sagte aus, es habe einen Ring gegeben. Seine angebliche Verlobte sagte das Gegenteil. Im Allgemeinen habe sie große Gedächtnislücken, da sie aufgrund von Rückenproblemen zu der Zeit sehr starke Schmerzmittel zu sich genommen habe. Auch die Aussage zur Tat selbst deckte sich nur zu Teilen mit dem, was sie damals der Polizei gegenüber geäußert hatte. Sie berichtete beispielsweise, der Angeklagte hätte sie auch mit dem Knie getreten. Zudem wechselte der Schauplatz der Tat vom Pausenraum in den Gang und zur besagten Maschine. Ihre Verletzungen wurden mit Fotos dokumentiert. Richter Wagner, der Staatsanwalt und die Verteidigerin des Angeklagten nahmen diese in Augenschein. Zu einem Arzt sei sie damals jedoch nicht gegangen.

    Mitten in der Verhandlung wollte der Angeklagte dann plötzlich seine Aussage nach Absprache mit seiner Anwältin ändern. Er hätte nur angedroht, die Flasche gegen die Wand zu werfen, nicht, sie damit zu schlagen. Er sei dann zurück zur Maschine gegangen und sie auf die Toilette. Danach hätten die beiden an der Maschine gearbeitet und wären daraufhin nach Hause gefahren.

    Der Mann räumte ein, die Frau im Auto eingeschlossen zu haben. Jedoch meinte er, dass das als eine Art Scherz gedacht war. Er sei der Meinung gewesen, sie könne das Auto von innen öffnen und es verlassen. Ihrer Aussage nach nahm er ihr den Schlüssel ab, als sie schon im Fahrzeug gesessen habe.

    Nach dem Vorfall habe sie ihn zwar „rausgeschmissen“, jedoch kam er nach zwei Tagen zurück. Nachdem seine damalige Ehefrau bei der Geschädigten angerufen und darum gebeten hatte. Von dieser ist er seit Dezember vergangenen Jahres geschieden.

    In seinem Plädoyer sah der Staatsanwalt die Tat als erwiesen an. Da der Angeklagte nicht vorbestraft war, plädierte er für ein Jahr Haft, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. Die Verteidigerin war anderer Meinung: Die Geschädigte habe keinen glaubhaften Eindruck gemacht, gerade in Hinblick auf die unterschiedlichen Aussagen bei der Polizei und vor Gericht. Die Körperverletzung sei im unteren Strafmaß anzusiedeln, da die Geschädigte nicht einmal beim Arzt gewesen sei. Eine Freiheitsberaubung liege nicht vor, da der Angeklagte das nur unabsichtlich getan habe. Sie beantragte deshalb eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen, da die Geschädigte als Partnerin des Angeklagten gar kein Interesse an der Bestrafung habe.

    Richter David Wagner verurteilte den Mann schließlich zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, die zu drei Jahren Bewährung ausgesetzt werden kann. Zudem wurde ihm eine Geldstrafe von 800 Euro in Raten zu je 200 Euro auferlegt, die den Dillinger Kindergärten zugutekommen soll.

    Für den Richter stand fest, dass kein Zweifel an der Tat bestehe. Auch habe der Angeklagte die Geschädigte aktiv im Auto eingeschlossen. Die Beweggründe seien für ihn nicht nachvollziehbar, besonders bei „einer Arbeitskollegin, die ihm sogar Unterschlupf gewährt“. Auch wenn die Situation ihn wütend gemacht hätte, meinte Wagner: „Deshalb kann man sie ja nicht auf dem Gang vermöbeln.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden