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Landkreis Dillingen: Nach dem Tod einer Medizinerin herrscht im Kreis Dillingen fast Hausärztenotstand

Landkreis Dillingen

Nach dem Tod einer Medizinerin herrscht im Kreis Dillingen fast Hausärztenotstand

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    Nach dem plötzlichen Tod einer Hausärztin in Syrgenstein hat sich die hausärztliche Unterversorgung im Landkreis Dillingen weiter verschärft. Viele Patientinnen und Patienten suchen nun nach einer anderen Praxis, doch weit und breit gilt ein Aufnahmestopp.
    Nach dem plötzlichen Tod einer Hausärztin in Syrgenstein hat sich die hausärztliche Unterversorgung im Landkreis Dillingen weiter verschärft. Viele Patientinnen und Patienten suchen nun nach einer anderen Praxis, doch weit und breit gilt ein Aufnahmestopp. Foto: Maurizio Gambarini/dpa (Symbolbild)

    Wie oft schon hieß es, der Landkreis Dillingen habe zu wenige Hausärzte und Hausärztinnen. Nun hat sich die Situation weiter zugespitzt. Im April war Dr. Sigurd Mackenrodt, der in Höchstädt und im Bachtal praktiziert hatte, gestorben Unter anderem die Praxis von Cleopatra Schreiber hatte dessen Patientinnen und Patienten übernommen. Doch völlig überraschend ist die Ärztin in dieser Woche im Alter von 60 Jahren gestorben. Sie hinterlässt zwei Töchter und einen Mann – und eine Praxis, in der nun die Telefone heißlaufen. Die Verzweiflung in der Region ist groß. „Egal wo, auch in den angrenzenden Regionen in Baden-Württemberg – keine Hausarztpraxis nimmt noch neue Patienten auf“, schildert Syrgensteins Bürgermeisterin Mirjam Steiner die Situation. Man habe in der ganzen Gegend nachgefragt.

    Derzeit werde versucht, eine Nachfolge-Lösung zu finden und gleichzeitig das Personal in der Praxis zu halten. Teils würden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Praxis persönlich recht rüde angegangen. Doch was können die Menschen, die einen Arzttermin brauchen, nun tun? „Sie können die 116117 wählen“, sagt Steiner am Rande der Kreistagssitzung am Freitag, wohlwissend, dass das für die Betroffenen keine zufriedenstellende Lösung ist.

    Erst im September hatte die Syrgensteiner Bürgermeisterin Schreiber zum 25-jährigen Praxisjubiläum gratuliert. Diese und ihr Team hätten versucht, die Lücke von Dr. Mackenrodt zu füllen und sich dabei weit über die Maßen verausgabt. „Dafür bin ich, sind die Bürgerinnen und Bürger, unendlich dankbar“, betont Steiner. Es sollte ihrer Meinung nach allen klar sein, dass keine Praxis dieses Problem stemmen könne. Stattdessen sei die Kassenärztliche Vereinigung (KV) dafür zuständig.

    Versorgung im Dillinger Land war schon zuvor schlecht

    Die hausärztliche Versorgung im Landkreis war schon vorher schlecht. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Landkreis hatten deswegen im Herbst 2021 eine Resolution verabschiedet, um das Thema voranzutreiben. Damals schon waren gemäß der im Bayerischen Staatsanzeiger veröffentlichten Zahlen im Bereich Lauingen (dazu zählen unter anderem die Stadt und die Verwaltungsgemeinschaft Gundelfingen, das Bachtal, das Egautal und Teile des Aschberges) vier Arztsitze unbesetzt und im Planungsbereich Dillingen zwei weitere.

    Wie der Kreisvorsitzende des Gemeindetages, Tobias Steinwinter, am Donnerstag mitteilte, wurde nun eine drohende Unterversorgung für den Planungsbereich Lauingen festgestellt. Das habe der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in seiner Sitzung am 11. November erkannt. Auf Nachfrage bestätigte die KV am Freitag, dass sie nur auf Empfehlung des Landesausschusses Fördergelder ausgeben kann – wenn der die drohende Unterversorgung festgestellt hat. Da der Beschluss noch recht neu ist, sei die konkrete Höhe der Förderung noch offen.

    Die Situation ist besonders im westlichen Landkreis Dillingen akut

    Die Anerkennung des Ausschusses sei ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung, der etwas Hoffnung macht, ergänzte dazu der ärztliche Koordinator in Landkreis Dillingen, Dr. Alexander Zaune. Seiner Meinung nach werde damit auch gegenüber Patienten und Patientinnen verdeutlicht, worin erhöhte Wartezeiten, Terminschwierigkeiten und andere zunehmende Dysfunktionalitäten – neben der Corona-Pandemie – begründet sind. Für die Menschen im westlichen Landkreis Dillingen werde sich die akut verschärfte Situation kurzfristig nicht verbessern. Mit der Anerkennung könne die KVB laut Pressemitteilung eine Niederlassung, die Gründung einer Zweigpraxis und die Anstellung einer Ärztin oder eines Arztes fördern.

    Die Feststellung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern über die drohende Unterversorgung stellt laut Dr. Zaune aber vor dem Hintergrund, dass nun unerwartet und plötzlich leider eine weitere Hausarztkollegin verstorben ist, nur einen Tropfen auf den heißen Stein dar. Die Versorgungssituation verschärfe sich weiter. Die Unterversorgung sei nicht (mehr) drohend, sondern jetzt akut eingetreten. „Man kann fast schon von einem Hausärztenotstand sprechen.“

    Der Druck auf Krankenhäuser im Kreis Dillingen steigt

    Das System war laut Steinwinter ohnehin schon überlastet, auch durch die Impfungen gegen Corona und jetzt die Auffrischungsimpfungen. Man brauche neue Konzepte für die hausärztliche Versorgung. Wo Ärzte und Ärztinnen etwa wegen der Familie auch in Teilzeit arbeiten können. „Es ist gut, dass wir jetzt diese Fördermöglichkeit haben – das war ein wichtiger Schritt. Nur leider wurden wir jetzt von der Realität überholt. Der Druck auf die Krankenhäuser, der ohnehin schon hoch ist, wird sich jetzt noch verstärken.“ Man werde nun mit den verbleibenden Praxen nach schnellen Lösungen suchen, um etwa notwendige Rezepte auszustellen. „Die Koordination unter den verbliebenen Praxen läuft über Dr. Zaune, der sich neben seinem anstrengenden Praxisbetrieb auch weiterhin um die Koordination kümmert, teils bis mitten in die Nacht, das ist ein unbeschreiblicher Einsatz“, sagt Steinwinter am Freitag dankbar.

    Zaune betont, er sei seitens des Landratsamtes als Koordinator ernannt worden - der regionale Vertreter der KVB sei aber der Meitinger Hausarzt Dr. Jakob Berger.

    Steinwinter sagte am Rande der Kreistagssitzung, das Wichtigste sei, gesund zu bleiben, „und das wünsche ich jedem“. Mit der Resolution der 27 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister habe man nun einen ersten Etappensieg erzielt. „Das zeigt, dass die gemeinsamen Anstrengungen auf Ebene des Gemeindetag-Kreisverbandes mit den örtlichen Vertretern der Landes- und Kreispolitik auch entsprechendes Gewicht entwickelt haben“, ist sich der Kreisvorsitzende Steinwinter sicher. (mit pm)

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