Der Mitarbeiter eines Lauinger Unternehmens ist positiv auf den Coronavirus getestet worden. Wie das Unternehmen Verotec am Dienstag auf Nachfrage mitteilte, geht es dem Betroffenen soweit gut. Laut Geschäftsführer Dirk Franz stammt der erkrankte Mitarbeiter aus dem Landkreis Heidenheim. Das verantwortliche Gesundheitsamt hat laut Pressemitteilung bis auf die Isolierung des Erkrankten und die Quarantäne zweier Kollegen keine weiteren Maßnahmen für den Firmenstandort ergriffen. Von den beiden Angestellten in Quarantäne wohne einer ebenfalls im Nachbarlandkreis, der andere im Kreis Dillingen.
„Wir hatten alle Hygienemaßnahmen ergriffen und reden mit allen Mitarbeitern“, sagte Franz am Telefon. „Wir stehen auch weiter in engem Kontakt mit dem zuständigen Gesundheitsamt und setzen die von dort empfohlenen Maßnahmen zum Schutze von Belegschaft, Lieferanten und Kunden konsequent um“, ließ die Geschäftsleitung zudem noch mitteilen. Aktuell sei der Geschäftsbetrieb nicht beeinträchtigt.
Der Dillinger Kreisausschuss wusste davon noch nichts
Die Mitglieder des Dillinger Kreisausschusses wussten von dem bestätigten Fall nichts, als sie am Montag um 14 Uhr im kleinen Sitzungssaal des Landratsamtes zusammenkamen. Dicht an dicht saß man zusammen, bis Dillingens Oberbürgermeister Frank Kunz eintraf – und völlig perplex in der Tür stehenblieb. „Liebe Kollegen, wir haben eine Vorbildfunktion! Unter diesen Umständen nehme ich nicht an der Sitzung teil. Lassen Sie uns in den Stadtsaal umziehen.“ Zwar verstand Landrat Leo Schrell das nicht („es stand doch so auf der Einladung“), stimmte dem Umzug aber zu.
Das Betretungverbot im Kreis Dillingen
Im Stadtsaal angekommen, bedankte sich Schrell für den schnellen Ersatz. „Das ist natürlich die bessere Lösung. Der Große Sitzungssaal im Landratsamt ist wegen der Auszählung der Wahlergebnisse blockiert.“ Im Anschluss zählte der Landrat die verschiedenen Maßnahmen auf, die das Landratsamt in den vergangenen Wochen ergriffen hat, um eine Ausbreitung des Corona-Virus’ zu verhindern. „Was mit dem Virus auf uns zukam, habe ich so noch nie erlebt. Das ist vermutlich die größte Herausforderung für die Gesellschaft seit dem Zweiten Weltkrieg.“
Schrell informierte das Gremium darüber, dass Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Montag den Katastrophenfall ausgerufen hatte. „Wir haben die Maßnahmen ergriffen, die wir für notwendig hielten. Auch bei der WIR hielten wir uns an die Vorgaben des Robert-Koch-Institutes.“ Alle grippalen Infekte würden immer auch auf Corona-Viren untersucht. Und im Gegensatz zur Allgemeinverfügung über das Betretungsverbot für Krankenhäuser und Altenheime sei die Allgemeinverfügung des Landkreises deutlich schärfer (Landkreis Dillingen schränkt Besuchsrechte in den Kliniken und Altenheimen ein) . „Das Betretungsverbot bei uns gilt grundsätzlich. Das Bayerische Rote Kreuz hilft uns bei der Umsetzung. Nur wenn jemand im Sterben liegt oder etwa bei einer Geburt, gibt es Ausnahmen.“
Fieberhaft und zu überhöhten Preisen würde Material für die Krankenhäuser gekauft. Den Wirtschaftsplan für die beiden Kreiseinrichtungen könne man deswegen „komplett in die Tonne treten“, fürchtete Schrell. Die Kosten würden weiter steigen und die Einnahmen sinken.
Er ergänzte die Schließung von Hallenbädern und Sporthallen am Freitag und verwies auf die Mitteilung vom Montag über den eingeschränkten Parteiverkehr des Landratsamtes und seiner weiteren Behörden (Corona: Jetzt gibt es im Landkreis Dillingen eine Hotline). „Wir haben adäquat reagiert. Wir halten diese Linie und richten uns streng danach, was von oben kommt. Das wollen wir zeitnah umsetzen und dabei verantwortungsbewusst handeln.“ Auf der Webseite des Landratamtes könne man sich ausführlich informieren. Und der Landrat bezieht in einem Video Stellung. Nach aktuellem Wissenstand um 14.30 Uhr sei man gut gerüstet – doch keiner wisse, ob das um 16.30 Uhr noch ausreichend sei. Der Landrat bat um Verständnis, dass man bedacht handeln wolle. Zudem sei der Apparat des Landratsamtes durch die Wahl massiv gehemmt.
Was wir über das neue Coronavirus wissen
Was bedeutet die Epidemie für unser Gesundheitssystem?
Das hängt maßgeblich von einem Faktor ab: der Geschwindigkeit der Ausbreitung. Je besser es gelingt, die Rate der Ansteckungen kleinzuhalten, desto geringer dürfte der Druck auf das Gesundheitssystem sein. Problematisch wird das Infektionsgeschehen vor allem dann, wenn es komprimiert in kurzer Zeit auftritt. Dann drohen volle Wartebereiche und Arztpraxen, knapp werdende Intensivbetten und vollkommen überlastete Gesundheitsämter.
Wie ansteckend ist das Virus?
Ein Wert, wie viele andere Menschen ein Infizierter im Mittel ansteckt, lässt sich nach wie vor nicht gesichert angeben. Das Virus vermehrt sich im Rachen und verbreitet sich vor allem durch Tröpfchen etwa beim Husten und Sprechen. „Die fliegen vielleicht so eineinhalb Meter weit und fallen relativ schnell zu Boden“, erklärt der Berliner Virologe Christian Drosten. „Es ist das Einatmen einer solchen Wolke, die einen infiziert in den meisten Fällen.“ Nur in Kontaktsituationen gibt es demnach ein reales Risiko – etwa, wenn man mit einem Infizierten ungefähr eine Viertelstunde oder länger gesprochen habe. Die Inkubationszeit – das ist der Zeitraum zwischen Infektion und Beginn von Symptomen – beträgt in der Regel bis zu 14 Tage.
Wie gefährlich ist das Virus?
Die meisten Menschen haben nur eine leichte Erkältungssymptomatik mit Frösteln und Halsschmerzen oder gar keine Symptome. Hinzukommen können Fieber und Husten, wie sie auch bei einer Grippe auftreten. Auch Kopfschmerzen oder Durchfall sind möglich. Laut dem Präsidenten des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, kommt es in etwa einem von fünf Fällen zu einem schwereren Verlauf – inklusive Atemproblemen oder Lungenentzündung. Betroffen sind zumeist Menschen aus Risikogruppen wie Krebskranke in Chemotherapie, alte Menschen und solche mit Vorerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder auf Diabetes zurückgehende Organschäden.
Ist die Grippe nicht auch gefährlich?
Die vom Coronavirus ausgelöste Lungenkrankheit Covid-19 und die Grippe sind beide Atemwegserkrankungen. Schwere bis lebensbedrohliche Verläufe gibt es nach bisherigen Auswertungen bei Covid-19 allerdings häufiger als bei der Grippe. Anders als bei der Grippe gibt es gegen das Coronavirus auch noch keine Impfung oder zielgerichtete Medikamente.
Wie lässt sich Covid-19 behandeln?
Eine spezielle Therapie gibt es nicht. Patienten werden symptomatisch behandelt – etwa mit fiebersenkenden Mitteln.
Dillingens Oberbürgermeister Kunz bedankte sich für den spontanen Umzug in den Stadtsaal und appellierte an die Kollegen, man brauche die Solidarität aller. „Die kriegen wir aber nur, wenn wir ein Stück über allgemeine Maßnahmen hinausgehen.“ Kunz erinnerte an die Städtepartnerstadt mit Bondeno in Italien. Dort habe man sehr gute Erfahrungen damit gemacht, grundsätzlich zwei bis drei Meter Abstand zu den Mitmenschen zu halten. „Wir alle sollten soziale Kontakte einschränken – und dazu rufe ich alle auf, im Interesse alter und kranker Menschen.“ Dazu könne jeder seinen Beitrag leisten, etwa auch beim Einkaufen. Auch Kinder sollten dazu angehalten werden, Abstand zu ihren Kameraden zu halten – so schwer das auch ist, wie Kunz, zweifacher Familienvater, aus eigener Erfahrung weiß (siehe unten).
Kunz dankte dem Landkreis für das, was bisher geleistet wurde. Wenn sich alle an das Abstandsgebot hielten, könnte man vielleicht Zeit gewinnen und diese nutzen. Wolfgang Konle erkundigte sich, ob man die für 27. März anberaumte Kreistagssitzung nicht konsequenterweise verschieben sollte. Kunz schlug vor, diese in einen großen Raum zu verlegen und kompakt abzuwickeln. Dem stimmte Schrell zu.
Bevor man in die Tagesordnung einstieg, gratulierte das Gremium den beiden wiedergewählten Kollegen, Oberbürgermeister Kunz und Wertingens Rathausschef Willy Lehmeier.
Diese Maßnahmen hat die Stadt Dillingen ergriffen:
- Die Stadt Dillingen hat am Montag alle Spielplätze geschlossen. Notfallgruppen für die geschlossenen Kindergärten und -krippen sind eingerichtet.
- Das Dillinger Rathaus ist seit Montag in einem eingeschränkten Dienstbetrieb. Für Notfälle steht das Bürgerbüro zur Verfügung. Der Parteiverkehr in den einzelnen Ämtern ist eingestellt. In dringenden Fällen kann man sich im Bürgerbüro anmelden; der jeweilige Sachbearbeiter wird dann informiert und nimmt je nach Bedarf persönlich Kontakt auf.
- Ebenfalls geschlossen sind die Stadtbücherei und die Musikschule. Alle Kurse der Volkshochschule (Vhs) sind bis auf Weiteres abgesagt, ebenso alle Veranstaltungen des Kulturrings. Es gibt keine Ausnahmen. Derzeit arbeitet die Stadt daran, die Rückerstattung von Kosten – beispielsweise für Tickets oder Kurse – organisatorisch vorzubereiten. Ausweich-/Nachholtermine für Veranstaltungen stehen noch nicht fest. Zur Entlastung der Telefonleitungen werden die Bürgerinnen und Bürger gebeten, Rückfragen etwa wegen abgesagter Kurse/Konzerte in den kommenden Tagen zurückzustellen. (pm)
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