Startseite
Icon Pfeil nach unten
Dillingen
Icon Pfeil nach unten

Landkreis Dillingen: Kreis Dillingen: Gemeinsam gegen Rassismus, eine soziale Pandemie

Landkreis Dillingen

Kreis Dillingen: Gemeinsam gegen Rassismus, eine soziale Pandemie

    • |
    Zwei junge Frauen mit Mund-Nase-Schutz in einem innigen Moment. Am Montag beginnt die internationale Woche gegen Rassismus.
    Zwei junge Frauen mit Mund-Nase-Schutz in einem innigen Moment. Am Montag beginnt die internationale Woche gegen Rassismus.

    Solidarität. Grenzenlos. Das ist das Motto der diesjährigen internationalen Woche gegen Rassismus, die am heutigen Montag, 15. März, beginnt. Wir stellen in den kommenden Tagen Flüchtlinge aus dem Landkreis Dillingen vor, die unter anderem darüber sprechen, ob, und wie sie von Rassismus betroffen sind.

    In dichtem Schneetreiben hat sich Sylvester Adima fotografieren lassen. Seit sieben Jahren lebt er im Landkreis und arbeitet als Altenpfleger.
    In dichtem Schneetreiben hat sich Sylvester Adima fotografieren lassen. Seit sieben Jahren lebt er im Landkreis und arbeitet als Altenpfleger.

    Den Auftakt macht Sylvester Adima. Der 43-Jährige stammt aus Nigeria, ursprünglich aus „Edo State, Uromi“. Er kam am 23. Dezember 2014 in München an. Nach drei Wochen in der Bayernkaserne wurde er von Bundesamt zusammen mit allen anderen überprüften Asylanten nach Ingolstadt ins MIK-Asyllager gebracht. Dann ging es nach nur sieben Tagen weiter nach Dillingen. Er lebt seit nun sieben Jahren in der Großen Kreisstadt, ganz alleine. Denn seine Familie ist immer noch in Nigeria. Seit 2015 ist Sylvester Adima Altenpfleger, hat eine dreijährige Ausbildung hinter sich. „Ich bin froh und zufrieden mit meinem Beruf.“ Rassismus sei eine Bedrohung in unserer menschlichen Gesellschaft, die, wenn wir sie nicht zusammen beenden, uns alle beenden könnte. „Rassismus ist eine sehr gefährliche soziale und kulturelle Pandemie. Rassismus ist, wenn ein Mensch diskriminiert wird, weil sie oder er eine dunkle Hautfarbe hat.“

    Der Neu-Dillinger erinnert an die Folgen des gewaltsamen Todes von George Floyd

    Das könne vielen passieren, sagt er und erinnert an den gewaltsamen Tod von George Floyd in den USA: „Über den Fall eines einzelnen Mannes war die Welt viele Tage lang erschüttert. Ich danke vielen Amerikanern, Europäern, Australiern und vielen anderen Teilen der Welt, die sich hartnäckig Sorgen gemacht haben. Wenn wir eine Sache gemeinsam stoppen können, können wir auch etwas anderes zusammen bauen. Danke.“

    Die Bewohner im Gundelfinger Haus der Senioren schätzen die Mitarbeiter

    Nicht nur Adima hat beruflich im Landkreis Dillingen Fuß gefasst. Im Gundelfinger Seniorenheim etwa arbeiten Menschen aus 18 verschiedenen Ländern und etwa 15 Flüchtlinge. „Als die Flüchtlingswelle begann, wurde bei uns nach Schnuppertagen und Praktika nachgefragt“, erzählt Claudia Ruf-Hegele, stellvertretende Leiterin der Einrichtung. Viele Flüchtlinge hätten daraufhin angefangen, teils sogar ehrenamtlich. Parallel dazu habe Gundelfingen von der Nähe zu Baden-Württemberg profitiert. Denn während Flüchtlinge in Bayern für die einjährige Ausbildung zur Altenpflegehelferin oder zum Altenpflegehelfer einen in Deutschland anerkannten Abschluss brauchen, reiche im Nachbarland ein einfacher Sprachtest. „Die Ausbildung dauert dort zwar zwei Jahre, aber die Teilnehmer bekommen parallel Deutsch-Unterricht“, erklärt Ruf-Hegele. Nachdem diese Kurse in Heidenheim und Ulm angeboten wurden, ermöglichte das vielen Flüchtlingen einen relativ problemlosen Einstieg ins Berufsleben. Manche machten danach noch eine Fachkraftausbildung. Dafür müsse man die deutsche Sprache sehr gut beherrschen.

    In Gundelfingen gilt: Mitarbeiter sind Mitarbeiter, egal woher.

    Für die langjährigen Mitarbeiter waren manche Situationen mit den neuen Kollegen teils befremdlich, erzählt Susanne Gruber. Sie leitet die soziale Betreuung im Gundelfinger Alten- und Pflegeheim. „Wir waren von Anfang an offen für multikulti und haben viel kommuniziert, um Lösungen zu finden. Probleme gibt es überall, vielleicht waren es nur andere Themen. Aber für uns waren und sind alle Mitarbeiter gleich.“ Bei Sprachbarrieren habe man das Nachfragen eingeführt. Ob wirklich richtig verstanden wurde, worum es gerade geht.

    „Zwei Dinge haben sich schnell gezeigt“, ergänzt ihre Kollegin Ruf Hegele: „Erstens, allen Mitarbeitern gemein ist die große Achtung, der Respekt vor den Senioren und eine große Zugewandtheit. So wiederum haben sie auch viel Anerkennung erfahren, egal, woher sie kommen. Zweitens: Das Menschen trotz Sprachproblemen die Chance ergriffen haben, in Deutschland Fuß zu fassen, zu arbeiten und Geld zu verdienen. Dieses Engagement haben auch die Kollegen geschätzt.“ Weil die Einrichtung Mitarbeiter suchte und sucht, sei es eine Win-Win-Situation. Und immer wieder bringen Flüchtlinge auch ihre Verwandten mit oder fungieren als Dolmetscher für Neuzugänge. „Der Umgang ist immer sehr höflich. Viele verbreiten gute Laune. Und die Empathie ist immer da“, meint Susanne Gruber. Ihr ist aufgefallen, dass jetzt auch Menschen nach einer Stelle fragen, die bislang zwar Geld verdient, aber noch keine Ausbildung gemacht haben. Und Frauen. „Es dauert Jahre, bis mit den Kindern hier alles läuft und man sich eingelebt hat. Dann wird wieder vieles möglich – auch eine eigene Ausbildung“, sagt Gruber.

    Von Äthiopien zur Metzgerei in Höchstädt

    In der Metzgerei von Rudolph Schulz in Höchstädt arbeitet seit rund vier Jahren ein ehemaliger Flüchtling in der Produktion. Nicht, weil der Metzger sonst niemanden fand. „Man muss den jungen Leuten die Vorteile unseres Berufs erklären und darf nicht alles schlecht machen“, erklärt er. Nur im Verkauf könnte er noch gut jemanden brauchen. Der junge Äthiopier hatte sich nach einem Schnupperpraktikum in der Metzgerei beworben – und sei auch ein großer Fan seiner Waren. „Klar isst er Wurst gern, vor allem Leberkäse“, sagt Schulz und lacht. „In der Summe sind wir sehr zufrieden, es klappt. Sonst hätte ich ihn nicht übernommen.“ Bei der Einstellung des Afrikaners haben ihm die HWK und das Landratsamt geholfen. Beschwert hat sich noch niemand beim Chef über den jungen Mitarbeiter. Dennoch gibt es Situationen, wo man mit Rassismus konfrontiert wird. „Aber meist war es gar nicht so gemeint, oder es wurde etwas missverstanden.“

    Tipps der Agentur für Arbeit

    Tipps für die Einstellung von Flüchtlingen gibt es beim Arbeitsamt. Das empfiehlt Unternehmern: Prüfen Sie im Ausweispapier des geflüchteten Menschen den Aufenthaltsstatus. Bei Aufenthaltserlaubnis hat dieser Mensch uneingeschränkten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt und darf ohne weitere Genehmigung bei Ihnen arbeiten. Bei Aufenthaltsgestattung ist eine Beschäftigung nach drei Monaten Aufenthalt möglich. Bei einer Duldung liegt die Beschäftigungserlaubnis im Ermessen der Ausländerbehörde (bei Aussetzung einer Abschiebung). Bei Aufenthaltsgestattung und Duldung ist die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich. Weitere Hilfen im Internet sind ein Migrationscheck oder die App Ankommen für Flüchtlinge. (mit pm)

    Die Woche gegen Rassismus

    Die Auftaktveranstaltung findet digital am heutigen Montag, 15. März, um 17 Uhr statt. Sie wird eröffnet durch die Vorsitzende des Stiftungsrates der Stiftung gegen Rassismus, Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth. Hauptreferent ist der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet. Darüber hinaus wird es eine Podiumsdiskussion geben. Im Internet: stiftung-gegen-rassismus.de/iwgr

    Lesen Sie dazu auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden