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Landkreis Dillingen: Kiesabbau im Landkreis Dillingen wird immer steiniger

Landkreis Dillingen

Kiesabbau im Landkreis Dillingen wird immer steiniger

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    Die Bauwirtschaft ist hungrig nach Kies. Der Abbau schreitet deshalb im Landkreis Dillingen, wie hier am Riedschreinerhof zwischen Binswangen und Höchstädt auf Gemarkung Dillingen, in Riesenschritten voran. Das Archivfoto entstand vor zwei Jahren, inzwischen ist bereits ein großer See entstanden – und auf der zweiten Fläche wird inzwischen Kies abgebaut.
    Die Bauwirtschaft ist hungrig nach Kies. Der Abbau schreitet deshalb im Landkreis Dillingen, wie hier am Riedschreinerhof zwischen Binswangen und Höchstädt auf Gemarkung Dillingen, in Riesenschritten voran. Das Archivfoto entstand vor zwei Jahren, inzwischen ist bereits ein großer See entstanden – und auf der zweiten Fläche wird inzwischen Kies abgebaut. Foto: Berthold Veh (Archiv)

    „Einen Sommertag lang schwimmen, segeln oder einfach am Seeufer ausspannen und danach mit Familie und Freunden den Abend bei einer Holzofenpizza ausklingen lassen oder im Winter Eislaufen oder Eisstockschießen und anschließend einen Glühwein zum Aufwärmen genießen – das ganze Jahr über Freizeitvergnügen für Jung und Alt.“

    Wager Kieswerke in dritter Generation

    Damit lockt der Internet-Auftritt der Wager Kieswerke, einem der größten Betreiber von Abbauanlagen für Kies, Sand und Schotter in der Region. Noch dreht sich das Hauptgeschäft des mittelständischen, in dritter Generation geführten Unternehmens weniger um die Förderung des Fremdenverkehrs als vielmehr um die Gewinnung der wichtigsten Grundstoffe vor allem für die Bauindustrie. Diese Produkte zeichnen sich durch außergewöhnliche Qualität aus, zumal das Kiesmoränenmaterial vor Millionen Jahren von den Alpen an die Donau befördert und auf dem langen Transportweg dorthin gewissermaßen geschliffen wurde. Doch obwohl in Deutschland pro Jahr knapp 330 Millionen Tonnen abgebaut werden, rechnet die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe künftig mit drohenden Engpässen. Der Grund: die Ausweitung der ohnehin schon langwierigen behördlichen Genehmigungsprozeduren für neue Kiesgruben und die zunehmend kritische Haltung zum Beispiel von Landwirtschaft und Naturschutz gegenüber der Entnahme der Steine.

    „Der Kiesabbau wird heute weit kritischer gesehen als in den Sechzigerjahren“, bestätigt Christa Marx, Leiterin der Abteilung Bau und Umwelt beim Landratsamt, den Trend. In einer Art Goldgräberstimmung schossen damals die Abbaubetriebe wie Pilze aus dem nordschwäbischen Boden.

    16 unterschiedliche Betriebe im Jahr 2000

    Noch im Jahr 2000 gruben 16 unterschiedliche Betriebe. Heute ist das Feld der Rohstoffabbaubetriebe auf etwa sieben Unternehmen geschrumpft. Dazu kommen noch kleinere kommunale Lagerstätten für den Bauhofbedarf. „Die ganzen Verfahren sind komplizierter geworden mit aufeinanderprallenden Interessen“, weiß Regierungsdirektorin Marx.

    Die Juristin erklärt, dass im wegweisenden Regionalplan Augsburg beim Kapitel „Gewinnung und Sicherung von Bodenschätzen“ Vorrang- und Vorbehaltsflächen für den Kiesabbau ausgewiesen werden, wo so eine Nutzung bevorzugt angestrebt werden soll. Und wenn ein Interessent über alle notwendigen Unterlagen und Genehmigungen verfügt, „dann können wir als Genehmigungsbehörde gar nicht anders, als dem Antrag zuzustimmen“.

    Auch, wenn Betroffene um ihre Existenz fürchten, wie etwa beim Riedschreinerhof zwischen Binswangen und Höchstädt. Marx hat für diese Sorgen durchaus Verständnis. Wie berichtet, hatte sich dort der Käufer der Anlage gegen den intensiven Schwerlastverkehr praktisch vor der Haustür mit bis zu 44 Anfahrten von Kiestransportern in der Stunde gewehrt. Mit Erfolg. Den Kiesabbau selbst hat Demharter aber nicht verhindern können. Er sieht sich „umzingelt“ von Seen, an denen das Lockergestein dem Boden entzogen wird oder schon früher ausgebaggert wurde. Kleine wie große solcher Gewässer ziehen sich durchs ganze Gebiet entlang der Donau zwischen Gundelfingen und Schwenningen. Allein innerhalb der Landkreisgrenzen sollen es über 100 Seen sein. Alle gegraben für den Bau von Einfamilienhäusern, Industrie- und Gewerbehallen, Straßen, Brücken, Sportplätzen und Kanälen.

    Was sagt Donautal-Aktiv zum Kiesabbau

    „Alle wollen bauen, aber manche sind mit diesem Gewerbe nicht einverstanden“, sagt Erhard Friegel. Er hatte dem Regionalen Planungsverband Augsburg einst sogar vorgestanden. Touristik-Experten sehen die insbesondere durch das Kiesschürfen entstandenen Wasserflächen, die etwa die Höchstädter Umgebung ein wenig wie Klein-Venedig schimmern lassen, aus einer anderen Warte. „Wir haben damit keine Probleme“, meint Angelika Tittl, Teamleiterin beim Verein Donautal-Aktiv.

    Andere schon. Etwa Eugen Bayer und Thomas Hefele. Ausgerechnet der Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands und der Zweite Vorsitzende vom Bund Naturschutz in Dillingen, die sich sonst wenig grün sind, eint die ablehnende Haltung gegenüber dem Kiesabbau.

    Das fordert der Bayerische Bauernverband

    Bayer fordert schon seit langem den Rückbau von Gruben mit anschließender Verwendung als landwirtschaftliche Fläche, und Hefele – Ende der Gemeinsamkeiten – freie Fahrt für Fauna und Flora. „So verhindert der Naturschutz, dass dort Nahrungsmittel produziert werden können“, schimpft Bauern-Funktionär Bayer. „Die ganze Weiterverwendung dieser Gebiete muss nachhaltiger gestaltet werden als bisher“, fordert dagegen der Umweltschützer mit einem Hinweis auf die mögliche höhere Recyclingquote bei den Baumaterialien. Von den in bunten Broschüren beworbenen „Seen-Süchten“ im Dillinger Land zeigt sich Thomas Hefele wenig beeindruckt: „Klar, auch an Baggerseen entstehen Lebensräume, aber an jeder Ecke ein See – das kann so nicht weitergehen.“

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