„Es kommt auf jeden Einzelnen von uns an, damit wir dieses verdammte Virus besiegen.“ Die Worte des Geschäftsführers der Benevit-Gruppe Kaspar Pfister, die unter anderem in Wittislingen ein Pflegeheim führt, sind unmissverständlich. Er richtet sich direkt an seine rund 2000 Mitarbeiter und appelliert dazu, sich impfen zu lassen. Denn während die Bereitschaft unter den Bewohnern recht hoch ist, haben viele Mitarbeiter ihre Bedenken, wenn es um den Impfstoff geht.
Bei Benevit, das geht aus einer Pressemitteilung hervor, liegt die Bereitschaft unter den Mitarbeitern bei nur etwa 30 Prozent. Im Haus Egautal in Wittislingen wurden von 55 Bewohnern bislang 44 geimpft. Von den 57 Mitarbeitern wiederum nur 14. Als Ansporn hat sich der Benevit-Chef etwas einfallen lassen: Für jeden im Unternehmen, der sich impfen lässt, gibt es eine Flasche Eierlikör. „Denn bei aller Ernsthaftigkeit darf der Spaß nicht fehlen.“ Pfister ruft seine Einrichtungen und Pflegedienste außerdem zu einer Challenge auf. Jede Einrichtung, in der sich mindestens 60 Prozent der Belegschaft impfen lässt, bekommt einen Bonus von 1000 Euro. Davon kann sich das Team dann etwas Schönes gönnen – das gilt auch für jene Einrichtungen, in denen bereits geimpft wurde, denn eine Anmeldung zur Impfung ist im Nachhinein immer noch möglich.
Welche Grüne die nennen, die sich nicht impfen lassen wollen
Doch bringt diese kuriose Art der Überzeugungsarbeit etwas? Pfister findet: Ja. „Und zwar zweierlei. Zum einen wurde eine konstruktive Diskussion in Gang gesetzt und eine erhöhte Aufmerksamkeit gewonnen. Meine Mitarbeiter haben den humorvollen Hinweis verstanden, aufgegriffen und beschäftigen sich intensiver mit dem Thema und mehr wollte ich eigentlich gar nicht“, erklärt auf Nachfrage. Zum Zweiten stiegen die Impfzahlen der Benevit-Mitarbeiter deutlich, nicht wegen des Eierlikörs und der Prämie, sondern weil die Diskussion und die Auseinandersetzung mit dem Thema die Vorteile einer Impfung verdeutlichen würden.
Die Mitarbeiter, die sich bislang nicht impfen lassen wollen, nennen dem Geschäftsführer zufolge vielerlei Gründe: Manche befürchteten Impfschäden, Veränderungen der DNA oder gar Unfruchtbarkeit. „Manche sind einfach nur vorsichtig, und manche lassen sich durch all die kursierenden Warnungen und Verschwörungstheorien verunsichern. Hier braucht es konkrete Aufklärung“, fordert Pfister. Ein Teil des Personals verzichte aktuell aber auch, um angesichts der geringen Zahl an Impfdosen anderen den Vortritt zu lassen.
Auch im Lauinger Altenheim reagierten Mitarbeiter verhalten
Von Unsicherheit berichtet auch Ute Grün, Leiterin des Altenheims der Hospitalstiftung in Lauingen. „Viele haben den Eindruck, das Mittel sei zu schnell auf den Markt gekommen und nicht ausreichend geprüft“, sagt sie. Es gebe viele Mitarbeiter, die dem Impfen nicht grundsätzlich abgeneigt wären, aber erst einmal abwarten wollten, wie andere den Stoff vertragen. Motivationshilfe wie den Eierlikör bei Benevit gebe es in Lauingen nicht. Grün verweist auf die nicht vorhandene Impfpflicht: „Es kann jeder für sich entscheiden, ob er sich impfen lassen will, oder nicht.“ Im Lauinger Altenheim habe man ausführlich über das Thema gesprochen, zudem gab es Infomaterial vom Landratsamt. Inzwischen haben dort Grün zufolge die meisten Bewohner und die Mehrheit der Mitarbeiter die erste Impfung erhalten – auch wenn manche im Personal anfangs etwas verhalten reagiert hätten.
Am Dillinger Nierenzentrum liegt die Impfquote bei den Mitarbeitern wie berichtet bei etwa 80 Prozent. Dem ging eine umfangreiche Information voraus. Nebenan, am Dillinger Krankenhaus und in der Wertinger Klinik hatten bis Donnerstag alle eine erste Impfung bekommen, die das wollten. „Manchmal rückt jemand noch nach, wenn er sieht, dass die Kollegen die Impfung gut vertragen“, erklärt Dr. Wolfgang Geisser, ärztlicher Direktor. Die Zusammenarbeit zwischen Landratsamt und Krankenhäusern sei hervorragend, doch der Aufwand für die Impfung groß. Der Chefarzt hat eine Impfstraße in einen der Konferenzräume in Dillingen aufgebaut, um den ganzen Anforderungen wie Unterschriften, Informationen und Scans von Unterlagen zur zentralen Erfassung gerecht zu werden. Neben den eigenen Mitarbeitern werden teils auch die Kollegen von Praxen geimpft.
In Wertingen braucht es keinen Ansporn zum Impfen
Einen Ansporn zum Impfen braucht es im Seniorenzentrum St. Klara in Wertingen nicht. Rund die Hälfte der Bewohner des Heims sind in Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Pauline Wiesenmayer, die Leiterin der Einrichtung, erklärt: „Von den Mitarbeitern, die die ganze Zeit negativ geblieben sind, haben sich fast alle auf eigenen Wunsch impfen lassen. Wir haben erlebt, was das Virus anrichten kann und haben viele Menschen daran verloren.“
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