„Wundervolle Tiere. Herzlich willkommen.“ „Pass gut auf dich auf, du Hübscher.“ „Braucht kei Sau/Schaf/Haustier.“ „Hurra schreien und dann ist das Geheule groß, wenn der erste Hund auf einem Spaziergang lecker Futter abgibt.“ Das sind nur einige der über 240 Kommentare, die unser Bericht über die Wolfssichtung in Bissingen auf sozialen Netzwerken hervorgerufen hat. Der Wolf, der am Montag seelenruhig über ein Betriebsgelände im Kesseltal spazierte, elektrisiert die Region. Doch wieso eigentlich? Was fasziniert den Menschen so sehr an dem Tier?
Der Dillinger Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Albert Pröller, erklärt sich diese Faszination aus der langen mythologischen Bedeutung, die mit dem Wolf einhergeht. Sei es Rotkäppchen in den Märchen der Gebrüder Grimm, die Fabel des Werwolfs, also eines Menschen, der sich – oft bei Vollmond – zum Wolf verwandelt, der Wolf in Filmen als Parabel für Gefahr oder aber auch die Legende von Romulus und Remus, den mythologischen Gründern Roms, die von einer Wölfin großgezogen wurden. „Der Wolf ist in unserem Bewusstsein drin, als gefährliches Tier“, sagt Pröller. Zugleich sei der Mensch an den Hund, der zum Wolf verwandt ist, gewöhnt und diesem sehr nah. „Wölfe sind nachts unterwegs, laufen über lange Strecken und sind wilde Raubtiere, wie es sie heute nicht mehr gibt“, sagt Pröller. Auch das mache einen Teil der Faszination aus.
Angebliche Wolfssichtungen im Landkreis Dillingen: "Ganz normale Überreaktion"
In den Kommentarspalten im Internet ebenso wie auf anderen Wegen sammeln sich auch Berichte von Menschen, die sich sicher sind, den Wolf ebenfalls gesehen zu haben. Mal ist es eine Spaziergängerin, die ihn aus der Ferne beobachtet hat, mal ein Autofahrer, der den Wolf nahe der Höchstädter Donaubrücke entdeckt haben will. Eine Bestätigung, dass es sich bei diesen Beobachtungen wirklich um einen Wolf gehandelt hat, gibt es nicht – allerdings kann es auch nicht sicher ausgeschlossen werden. Pröller sagt, es könne gut sein, dass Menschen nun fälschlicherweise denken, einen Wolf gesehen zu haben. Die gesteigerte Aufmerksamkeit und in vielen Fällen eine übersteigerte Angst lassen ihm zufolge Fehlwahrnehmungen entstehen. „Da hält man vielleicht aus der Ferne einen Schäferhund auch für einen Wolf. Das ist eine ganz normale Überreaktion.“
Siedelt sich der Wolf dauerhaft im Landkreis Dillingen an?
Laut dem Dillinger Landratsamt ist es unwahrscheinlich, dass sich der Wolf im Kreis dauerhaft ansiedelt. Zwar gebe es ein ausreichendes Nahrungsangebot, und das Donautal könne als potenzielle Wanderachse für durchziehende Wölfe eingestuft werden; großflächige Ruhezonen, wie sie die Tiere etwa zur Aufzucht ihrer Welpen brauchen, gebe es jedoch nicht. Das erklärt Landratsamtssprecher Peter Hurler. Demnach sind bislang auch keine weiteren Meldungen über einen Wolf eingegangen. Auch gesucht werde das Tier jetzt vonseiten der Behörden nicht. „Da es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein durchziehendes oder abwanderndes Jungtier handelt, das an einem Tag bis zu 100 Kilometer zurücklegen kann, macht es mehr Sinn, erhöht aufmerksam zu sein und Hinweisen nachzugehen“, so Hurler. Die Behörde sei mit den Experten der Fachstelle des Landesamts für Umwelt in Kontakt. Wer einen Wolf sieht, kann sich an die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt (unter Telefon: 09071/51201, oder Mail: naturschutz@landratsamt.dillingen.de) wenden oder das Meldeformular des Landesamts für Umwelt unter lfu.bayern.de verwenden.
Die Fachstelle für Schaf-, Ziegenzucht und Gehegewild des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Wertingen wurde Hurler zufolge ebenfalls eingeschaltet. Ein Online-Seminar für Schafhalter zum Herdenschutz ist noch im Mai geplant.
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