Startseite
Icon Pfeil nach unten
Dillingen
Icon Pfeil nach unten

Landkreis Dillingen: Der Polder bringt das Fass in Schwenningen zum Überlaufen

Landkreis Dillingen

Der Polder bringt das Fass in Schwenningen zum Überlaufen

    • |
    Der Riedstrom, hier in Neugeschüttwörth, ist bereits eine Hochwasserschutzmaßnahme im Kreis.
    Der Riedstrom, hier in Neugeschüttwörth, ist bereits eine Hochwasserschutzmaßnahme im Kreis. Foto: Airbus (Archiv, 2013)

    „Viele Fragen bleiben offen, die Debatte um die Flutpolder geht weiter“, schreibt Schwenningens Bürgermeister Johannes Ebermayer (CSU) am Ende eines langen und emotionalen Briefs an unsere Redaktion.

    Die Debatte um den Hochwasserschutz ist im Landkreis keine neue, sie hat aber nun wieder Fahrt aufgenommen. Das liegt jedoch nicht nur an den Bildern aus den überfluteten Orten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Ob Flutpolder kommen sollen und wenn ja wo, wird schon länger in Lokal- und Landespolitik diskutiert. Am Dienstag tagte schließlich das bayerische Kabinett und beschloss die Flutpolder-Kette entlang der Donau. In Helmeringen und in Neugeschüttwörth sollen jeweils Rückhalteflächen entstehen.

    Der Bauernverband lehnt den Flutpolder ab

    Für die betroffenen Gemeinden im Landkreis Dillingen ist dafür die Diskussion aber nicht beendet. Vergangenen Freitag war das Thema bereits im Kreistag besprochen worden. Landtagsabgeordneter Georg Winter (CSU) sprach sich vor dem Kreistag dafür aus, zuerst den Flutpolder in Helmeringen zu realisieren. Möglicherweise werde dann gar kein weiterer in Neugeschüttwörth mehr gebraucht, so Winter. Der Bayerische Bauernverband (BBV) begrüßt diesen Vorschlag. Kreisobmann Klaus Beyrer sagt, dass der BBV grundsätzlich eine Lösung ohne Polder bevorzugt.

    „Sollte jedoch wider Erwarten zusätzlicher Retentionsraum nötig sein, so seien die Landwirte in der Region des Neugeschüttwörth bereit, gegen entsprechende Entschädigungen den nötigen Retentionsraum zur Verfügung zu stellen, wenn dies dem Schutz der Bevölkerung dient – allerdings ohne den dafür vorgesehenen Damm.

    Diesen lehnen wir kategorisch ab“, so Beyrer. Aus Sicht des Verbandes funktioniere der Hochwasserschutz in der Region. „Gerade im Donauried leisten die Landwirte seit Jahren einen wichtigen Schutz der Bevölkerung, indem sie ihre Flächen für die Ausleitung des Wassers zur Verfügung stellen“, betont Kreisbäuerin Annett Jung. Künstliche Bauwerke brauche es daher nicht.

    Häusler steht Winters Vorstoß kritisch gegenüber

    Doch aus Sicht der Staatsregierung und einer für das bayerische Umweltministerium angefertigten Studie müssen die Flutpolder kommen. Johann Häusler, Abgeordneter der Freien Wähler im Landtag, steht sowohl dem Polder in Neugeschüttwörth als auch dem Engagement Winters kritisch gegenüber. „Ehrliche Politik sieht anders aus“, sagt Häusler. Aus Sicht des Abgeordneten sei der nun umstrittene Polder-Standort Neugeschüttwörth erst durch Initiative des CSU-Manns Winter in Erwägung gezogen worden und das schon vor einigen Jahren. Für ihn sei Winters aktueller Einsatz gegen den Flutpolder daher ein „bösartiges, durchsichtiges Manöver“.

    Zuvor seien Standorte allein nördlich der Donau im Gespräch gewesen. Häusler sagt, er sehe ein, dass Polder nördlich der Donau keine Lösung seien und auch Standorte südlich der Donau nötig sind. „Das ist klar ein Fortschritt“, betont der Abgeordnete.

    Auch Aiwanger hat dem Flutpolder zugestimmt

    Doch Winter könne aus seiner Sicht nichts gegen die Entscheidung des Kabinetts unternehmen. Dass auch Freie Wähler in den ersten Reihen wie Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger erst dagegen und dann dafür waren, bezeichnet Häusler als normalen politischen Vorgang. „Man kann sich nicht immer durchsetzen.“ Die Koalitionspartnerin CSU habe schlicht mehr Sitze. Thorsten Glauber, Umweltminister und Freier Wähler, habe den Polderplan ohnehin befürwortet. Häusler selbst sieht den Standort Neugeschüttwörth kritisch. „Für mich ist das die letzte Option.

    Wenn der Flutpolder dort kommt, dann sollte er in geringerem Umfang umgesetzt werden.“ Für den Freien Wähler stehen andere Hochwasserschutzmaßnahmen auf der Prioritätenliste. Erst einmal müsse man etwas an den Oberläufen machen. Überschwemmungen wie zuletzt in Wertingen hätten gezeigt, dass erst bei den kleineren Flüssen etwas passieren müsse. Laut Häusler muss sich zudem an den Staustufen etwas tun: „Wir müssen die Anlagen dort freimachen, dann könnte man einen kompletten Polder sparen.“ Mit Freimachen meint Häusler das Befreien der Stauwehre von Sand und anderem Treibgut. So könne bei einem Hochwasser auch mehr Wasser von den Staustufen zurückgehalten werden.

    Verunsicherung über die Flutpolder-Entscheidung in Schwenningen

    Während das Kabinett die Flutpolder-Frage nun endgültig beantwortet hat, ringen Lokalpolitiker noch immer um die Frage nach der Verträglichkeit für Natur und Bevölkerung. Bei Schwenningens Bürgermeister Ebermayer laufen laut eigener Aussage die Telefone heiß. Er bekomme vermehrt Anrufe, manche davon anonym, von verärgerten Bürgerinnen und Bürgern, sagt der Rathauschef. Winters Vorstoß finde er prinzipiell gut.

    „Die Frage ist nur, ob der bei Glauber ankommt. Es klingt, als sei alles fix.“ Für seine Gemeinde, so Ebermayer, sei wichtig, dass Hochwasser nicht mit Starkregen verwechselt werde. Gegen letzteren könne ein Polder nur wenig ausrichten. Und ein Jahrhunderthochwasser komme eben nicht so häufig vor. Zudem seien auf Schwenninger Gemeindegrund bereits genug andere Wasserrückhaltemaßnahmen getroffen worden.

    Für die Schwenninger gibt es noch "viele offene Fragen"

    Der Polder bringe das Fass nun zum Überlaufen. Ebermayer sagt, er könne die Ängste seiner Bürger verstehen: „Wenn es um die Existenz geht, dann wird’s emotional.“ Um diese Ängste zu nehmen, müssten die offenen Fragen geklärt werden, fordert der Schwenninger Bürgermeister. Wie sehen die Entschädigungen aus? Was passiert mit Schadstoffen, wenn das Wasser länger im Becken steht? Haben die Wassermassen Auswirkungen auf das Grundwasser?

    Die Schwenninger wünschten sich Transparenz, so Ebermayer. Denn eins sei klar. „Wenn der Polder kommt, dann ist nichts mehr wie vorher.“ Ob sich die Maßnahme nach der Kabinettsentscheidung aber noch aufhalten lässt? Der Bürgermeister sagt: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden