Im Dezember 2019 erreichte das Dillinger Landratsamt erneut die Bitte des Wertinger Gymnasiums nach Jugendsozialarbeit an der Schule. Im damaligen Schuljahr hatten 877 Schülerinnen und Schüler das Gymnasium besucht. Die Schulpsychologin hatte 90 Beratungsfälle registriert.
Schwerpunktthemen waren schulbezogene Ängste, allgemeine Verhaltensprobleme, Gewalt, Mobbing und Sucht. 31 Schüler zeigten ein Schulvermeidungsverhalten, 24 Schüler sozial-emotionale Belastungen. Insgesamt wurden sieben Mobbingfälle genannt. Wie Landrat Leo Schrell in der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses dazu sagte, gibt es keine Förderung für Jugendsozialarbeit. Stattdessen habe man einzelne soziale Projekte angeboten. Dann kam auch noch die Corona-Pandemie und man konnte die Bedarfsmeldung wie sonst üblich nicht prüfen.
Kinder aus Donau-Ried und Aichach-Friedberg
Das Einzugsgebiet des Wertinger Gymnasiums liegt im Kreis Dillingen bei 42 Prozent und im Augsburger Land bei 56 Prozent. Der Rest der Schülerinnen und Schüler stammt aus den Landkreisen Donau-Ries und Aichach-Friedberg.
Ein großes Problem sprach Dillingens Landrat in diesem Zusammenhang an: Während Schulsozialarbeit vom Freistaat bezahlt wird, kommt der Landkreis für Jugendsozialarbeit auf. Doch zeichne sich nun zumindest für einen Bereich eine Lösung ab. So plant das Kultusministerium, eine Stelle für einen Schulsozialpädagogen oder eine Schulsozialpädagogin am Dillinger Johann-Michael-Sailer-Gymnasium einzurichten.
Sucht, Mobbing und Gewalt an Schulen
Der- oder diejenige sei dann auch für die Gymnasien in Lauingen und Wertingen zuständig. Wie der Landrat weiter mitteilte, haben die Leitungen aller drei Gymnasien ein großes Interesse an der Schulsozialarbeit und sich bereit erklärt, gegebenenfalls die Einsatzzeiten zu teilen, und kooperieren bereits in vielen Bereichen miteinander.
Schulsozialpädagogen kümmern sich etwa um Gewalt- und Mobbingprävention sowie Werte- und Persönlichkeitsbildung, Sucht- und Missbrauchsprävention, der Förderung von Partizipation und Demokratie und der Integration von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. „Wir warten ab, wie sich das Projekt entwickelt und ob darüber hinaus Bedarf herrscht“, sagte der Landrat. Dass diese eine Stelle kein großer Wurf sei, bedauerte FW-Kreisrätin Susanne Ahle.
Die Bedingungen hätten sich verändert, die Probleme an Mittelschulen seien nicht die Gleichen wie am Gymnasium. „Vielleicht müssen wir auch eines Tages selbst aktiv werden. Wenn es keine Mittel für Gymnasien gibt, dann eben mit sozialen Projekten.“ Das ist laut Jugendamtsleiter Tino Cours bereits angedacht. „Wir sprechen mit allen und analysieren die Probleme an Gymnasien. Dann schauen wir, welche Projekte wir aktiv steuern können.“
Es sind eine Art Ersatzlehrkräfte
Tobias Kolb, Wertingens Stadtjugendpfleger, äußerte Kritik. „Ich verstehe das Vorgehen, aber abwarten, was Schulsozialarbeit leistet, ist nicht sinnvoll.“ Die Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter unterstünden den Schulleiterinnen und Schulleitern und würden teils als Ersatzlehrkräfte oder Hilfen in der Ganztagsschule eingesetzt. „Das Wertinger Gymnasium meldet seit 2014 Bedarf an“, appellierte Kolb, „unabhängig von Fördermitteln sollte geprüft werden, was nötig ist, und dann sollten wir entsprechend handeln.“
Man wisse noch gar nicht, ergänzte die Vorsitzende des Dillinger Kinderschutzbundes, Birgit Erdle, wie viele Kinder und Jugendliche durch die Corona-Pandemie abgehängt wurden. Da sei ein Runder Tisch sinnvoll. Den, so antwortete der Landrat, gebe es bereits in Form der Gesundheitsregion Plus, wo sich regelmäßig Vertreter von Landkreis, Behörden und Vereinen treffen und über Themen wie Gesundheit, Prävention oder Gesundheitsversorgung austauschen.
An der Anton-Rauch-Realschule in Wertingen ist an neun Stunden pro Woche die St.-Gregor-Jugendhilfe tätig. Auch von dort kam die Bitte um Aufstockung der Stunden. Denn der Umgang mit Prüfungs- und Testsituationen belaste Schülerinnen und Schüler. Manche Hausaufgaben seien gar nicht oder nur in Teilen vorhanden.
Unangemessene Äußerungen gegenüber Lehrerinnen und Lehrern, zunehmenden Schulverweigerungsprobleme und eine deutliche Veränderung von Nähe und Distanz zwischen Schülerinnen und Schülern und ihren Lehrerinnen und Lehrern wurden als weitere Gründe aufgeführt. Die Situation sei aufgrund der Corona-Pandemie bislang noch nicht überprüft worden. Das Dillinger Jugendamt hat aber mit der Schule bereits erste Gespräche dazu geführt.
Beschlossen hat der Ausschuss dagegen den Antrag der Josef-Anton-Schneller-Mittelschule in Dillingen. Dort wird die Jugendsozialarbeit auf 29,25 Stunden erhöht. Auch an den Berufsfachschulen Kinderpflege, Sozialpflege sowie Ernährung und Versorgung an der Berufsschule in Höchstädt wird die Jugendsozialarbeit für 19,5 Stunden pro Woche genehmigt. Möglich machte das je laut Landrat die Änderung einer Richtlinie.