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Landkreis Dillingen: Corona-Krise: Der Landkreis Dillingen fährt runter

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Corona-Krise: Der Landkreis Dillingen fährt runter

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    In Dillingen ist auch der Spielplatz im Taxispark gesperrt. Der Freistaat Bayern hat wegen der Corona-Krise ein öffentliches Betretungsverbot verfügt.
    In Dillingen ist auch der Spielplatz im Taxispark gesperrt. Der Freistaat Bayern hat wegen der Corona-Krise ein öffentliches Betretungsverbot verfügt. Foto: Berthold Veh

    Bereits ab Dienstag sollten laut Bayerischer Staatsregierung die Bars geschlossen sein. Weitere Geschäfte sollen am Mittwoch folgen. Alles, was nicht dem täglichen Bedarf dient, soll zu sein. Doch wer ist konkret davon betroffen?

    Corona-Krise im Landkreis Dillingen: Gastronomen müssen schließen

    Sinan Göcmen, Betreiber der Lucaffés in der Dillinger Königstraße, muss ebenfalls schließen. Er kann die Notmaßnahmen verstehen, hofft aber auf ein baldiges Ende.
    Sinan Göcmen, Betreiber der Lucaffés in der Dillinger Königstraße, muss ebenfalls schließen. Er kann die Notmaßnahmen verstehen, hofft aber auf ein baldiges Ende. Foto: Berthold Veh

    Die Havana Cocktail Club Lounge in Dillingen hatte schon am vergangenen Wochenende geschlossen. In der Dillinger Königstraße ergibt sich am Dienstagvormittag zufällig eine Diskussion zwischen zwei Barbetreibern. Der Chef des Lucaffés, Sinan Göcmen, ist der Ansicht, dass er sein Café erst am Mittwoch um 15 Uhr schließen müsse. Doch Carmen Müller vom Spitzbua on Tour am Stadtberg weist darauf hin, dass Bars bereits am Dienstag dichtmachen müssen. Was sicher ist: Die Corona-Krise bereitet auch vielen Wirten in der Region Existenzsorgen. „Wir Gastronomen werden alleingelassen“, befürchtet Müller. Sie habe wegen der angekündigten Soforthilfen ihre Bank aufgesucht. „Aber die wissen noch gar nichts“, sagt die Spitzbua-on-Tour-Betreiberin.

    Göcmen kann es nachvollziehen, dass im Kampf gegen die Verbreitung des Coronavirus einschneidende Notmaßnahmen angeordnet werden. „Vielleicht wäre ein ganz harter Cut von drei bis vier Wochen noch besser gewesen“, sagt Göcmen. So lange könne er schon durchkommen, „aber wenn es danach so weitergeht, dann wird es kritisch“. Weil in der Lehrerakademie derzeit keine Kurse stattfinden, habe er jetzt schon weniger Menschen im Lucaffé. Die Königstraße, so Göcmen, lebe zu 70 Prozent von der Akademie. Direkt vor dem Eingang, in der Kardinal-von-Waldburg-Straße, gibt es viele freie Parkplätze – und das an einem Vormittag. Ein Zeichen dafür, dass auch der Landkreis Dillingen wegen der Corona-Krise allmählich runterfährt. An den Spielplätzen hängen Schilder, sie dürfen nicht betreten werden. Und sie sind auch menschenleer, wie in Hausen und im Taxispark zu sehen ist.

    Jetzt muss man weitere Entscheidungen abwarten

    Im Café Holzbock hat sich auch schon einiges geändert. Laut Josef Holzbock hat das Mittagsgeschäft etwas abgenommen, doch im Laden vorne laufe das Geschäft nach wie vor gut. Ob er sein Café schließen muss? „Das glaube ich nicht. Bienenstich oder Hefezopf gehören zum täglichen Bedarf.“ Man könne jetzt nur weitere Entscheidungen abwarten.

    Im Landgasthof Sonne in Gundelfingen steht das Telefon derzeit nicht still. „Entweder sagen die Leute Veranstaltungen ab“, sagt Inhaberin Jutta Delle. „Oder sie erkundigen sich, ob wir noch offen haben.“ Ab Mittwoch wird der Gasthof geschlossen sein. Der Betrieb darf laut Delle lediglich noch Übernachtungsgäste bewirten. Wobei diese nur noch spärlich vorhanden seien. „Es ist eine extrem belastende Situation“, sagt Delle. Sie hat sich ein Fieber-Messgerät angeschafft, um jeden Morgen den Gesundheitszustand ihrer Mitarbeiter zu überprüfen. „Ich habe eine Verantwortung für den Betrieb und die Angestellten“, betont Delle. Wenn der Gasthof geschlossen hat, sollen die Mitarbeiter entweder Überstunden abbauen oder in anderen Bereichen aushelfen. Delle fallen spontan Tätigkeiten wie etwa Fenster putzen, Vorhänge waschen oder Aushelfen in der eigenen Metzgerei ein. Dadurch, dass der Betrieb nicht nur eine Gastronomie anbietet, sondern in verschiedenen Bereichen tätig ist – beispielsweise wird man weiterhin auf Wochenmärkten verkaufen –, sei die momentane Lage nicht existenzbedrohend. Doch der finanzielle Verlust sei deutlich spürbar. Delle ärgert sich, dass sie, entgegen den Ankündigungen aus der Politik, möglicherweise keine Entschädigungen bekommen wird, auch nicht von ihrer Versicherung, wie Delle sagt. Das Angebot eines zinslosen Darlehens bringe ihr derzeit wenig.

    Mitarbeiter werden in Urlaub oder Kurzarbeit geschickt

    Auch das Restaurant „Zur Glocke“ in Höchstädt wird ab Mittwoch schließen. Lediglich am kommenden Samstag und Sonntag wird man mittags geöffnet haben. „Die Frage ist, ob überhaupt noch jemand kommt“, heißt es dort. Denn derzeit flattere eine Stornierung nach der anderen herein. Dies betreffe auch den Übernachtungsbetrieb. Von der ursprünglich guten Buchungslage habe man derzeit nichts mehr – seit eineinhalb Wochen gebe es kaum noch Gäste. Die Mitarbeiter werde man nun in Urlaub oder Kurzarbeit schicken. „Wir müssen Kosten sparen, damit der Betrieb liquide bleibt“, heißt es. Ob die Situation existenzbedrohend wird, könne man derzeit nicht absehen, schließlich wisse man noch nicht, wie lange dieser Ausnahmezustand bestehen bleibt.

    So mancher Gastronom betreibt seinen Laden zumindest mit angepassten Öffnungszeiten weiter. Das Lucaffé in Dillingen beispielsweise teilt mit, dass es ab Mittwoch von 8 bis 15 Uhr offen haben wird. Zudem habe man Desinfektionsmittel am Eingang platziert und Sitzplätze reduziert, um einen Sicherheitsabstand zum Nachbarn zu schaffen.

    Neues Konzept: ein Bierlieferservice

    Manch anderer stellt sein Verkaufskonzept um. Benedikt Deniffel etwa will den Betrieb seiner erst vor wenigen Monaten gestarteten Bar „Braumadl“ in Lauingen aufrechterhalten, wenn auch anders als bisher. „Wir bieten ab Ende der Woche einen Bierlieferservice an“, erklärt der Wirt. Mit insgesamt etwa fünf Mitarbeitern will er jeden Kunden beliefern, der einen Kasten Bier bestellt. Den soll man sich sogar selbst zusammenstellen können. Angesichts der Lage habe der Wirt trotzdem zu kämpfen. Der Bierausschank, so Deniffel, sei nach wie vor die wichtigste Einnahmequelle für das Unternehmen, das seine Biere selbst braut. „Gleichzeitig will ich meine Mitarbeiter nicht unbezahlt nach Hause schicken.“ Deshalb steuere er aus seinem Hauptjob etwas Geld bei. Und um zumindest einen Teil der Einnahmen zu sichern, gibt es eben den Bierlieferservice. Deniffel: „Als Unternehmer muss man sich in dieser Situation eben etwas einfallen lassen, um seine Mitarbeiter bezahlen zu können.“

    "Wir wissen nicht, wie es weitergeht"

    Die Cocktailbar P2 in Wertingen musste gänzlich schließen. „Wir haben überhaupt nicht damit gerechnet, dass das jetzt so schnell geht“, sagt Inhaber Mehmet Celik. „Meine Mitarbeiter haben es mir erst gar nicht geglaubt.“ Celik hatte die Bar im Dezember 2018 übernommen. „Es ist hart, nach so kurzer Zeit schon wieder schließen zu müssen. Als Selbstständiger stehe ich jetzt ohne Einnahmen da, und ich muss ja meine Miete irgendwie bezahlen. Auch meine Mitarbeiter sind auf das Geld angewiesen. Wir wissen noch nicht, wie es jetzt weitergeht.“ (corh, ands, bv, mayjo, baan)

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