Unterricht in der Turnhalle, dem Gemeindezentrum oder gar bei der Feuerwehr – das klingt abenteuerlich. Für viele Grundschüler im Landkreis ist es der ganz normale Alltag. Erst seit der vergangenen Woche hat das bayerische Kultusministerium den sogenannten Wechselunterricht auf weitere Klassenstufen ausgeweitet. Dort, wo die Inzidenz, sprich die Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner, unter 100 bleibt, dürfen nun auch Grundschüler zumindest wieder abwechselnd ins Klassenzimmer. Doch es gibt auch Ausnahmen: Ist der Abstand von mindestens eineinhalb Metern zum Sitznachbarn gegeben, dürfen sogar alle vor Ort unterrichtet werden. Um das für möglichst viele Schüler umzusetzen, hat sich manch ein Rektor im Landkreis auf den ersten Blick ungewöhnliche Unterrichtsräume gesichert.
Die Bachtalgrundschule hat ihre Schüler in den Orten verteilt
Sylvia Leitner von der Bachtalgrundschule hat ihre zehn Klassen beispielsweise bunt in Syrgenstein und Bachhagel verteilt. „Wir haben einen Vorteil dadurch, dass wir ohnehin schon zwei Schulgebäude zur Verfügung haben“, erklärt die Rektorin. Schon vor Weihnachten hätte die Idee, die Schüler in alternativen Unterrichtsräumen zu verteilen, Form angenommen. Bei den Gemeinden hatte Leitner für ihr Konzept sofort Zuspruch erhalten, und auch der Elternbeirat sei schnell an Bord gewesen. Neben großen Räumen in den Schulhäusern sind Klassen in der Turnhalle untergebracht, manche büffeln fleißig in der Bachtalhalle. Und auch im Feuerwehrhaus in Bachhagel und im Brauereistadel wird unterrichtet, verrät sie.
Anfangs, so die Rektorin, sei sie vor der Herausforderung, den Stundenplan trotz Entfernung einhalten zu können, zurückgeschreckt. Manchmal müssten die Schüler für bestimmte Stunden, beispielsweise den Handarbeitsunterricht, an einen anderen Ort gebracht werden, erläutert sie. Dabei müssten sie selbstverständlich begleitet und beaufsichtigt werden. Trotz anfänglicher Bedenken freut sich Leitner, dass in der ersten Woche gleich alles problemlos geklappt hat. Ihr Fazit: „Klar gehen die Wegstrecken von der Unterrichtszeit ab, aber das ist ein kleiner Teil, wenn man es in Relation sieht.“ Auch bei den Eltern sei das Konzept gut angekommen. Nur eine Mama sei besorgt gewesen. „Sie hatte großen Wert darauf gelegt, dass wir regelmäßig lüften und die Hygienemaßnahmen einhalten“, erklärt die Rektorin. Das sei aber ohnehin der Fall.
Bei den Eltern im Landkreis überwiegt Erleichterung
Alle Räumlichkeiten hätten ohnehin vorab auf ihre Arbeitssicherheit und den Infektionsschutz überprüft werden müssen. Sorge bei den Eltern hat auch Irmgard Daub von der Grundschule in Lauingen wahrgenommen: „Einige haben sich beispielsweise nach den Hygienemaßnahmen im Musikunterricht erkundigt.“ Gesungen werden könne nicht. Auch beim Sport gebe es nur eine abgespeckte Version mit Maske, wenn möglich im Freien. Von 350 Kindern sei aber nur ein Kind aus gesundheitlichen Gründen weiterhin zu Hause, alle anderen wechseln täglich.
Die Erleichterung über den Unterricht im Wechsel überwiegt auch bei Werner Zucker in Bissingen. „Wir hoffen, dass das erst einmal so bleiben kann“, sagt er. Die Befürchtung, ab einem Inzidenzwert von über 100 wieder in den Distanzunterricht zu müssen, sei selbstverständlich da. Um das zu verhindern, setzt die Schule alle geforderten Hygienemaßnahmen um. Auch in Bissingen sind derzeit alle Grundschüler vor Ort. „Wir haben kleine Klassen und große Räume“, erklärt Zucker. Ob sie das Konzept so beibehalten könnten, wenn zusätzliche Klassen der Mittelschule in den Wechselunterricht dürften, weiß er noch nicht.
Zumindest die Viertklässler dürfen auch in der Aschbergschule in Weisingen wieder komplett ins Schulhaus. Rektor Stephan Wolk erklärt: „Wir haben versucht, das Beste für unsere Schüler herauszuholen.“ Nicht nur den Eltern sei ein Stein vom Herzen gefallen. Dass auch die Kinder über die neue Situation froh sind, spüre man. Selbst die Lehrkräfte könnten aufatmen. Schließlich seien sie dafür ausgebildet worden, vor Ort zu unterrichten. Das habe viele Vorteile. Die Schüler bekämen gleich eine Rückmeldung und das Lernen in der Gruppe falle leichter.
Aus diesem Grund sind auch die Grundschulkinder von Andrea Rebmann in Bächingen wieder vor Ort. Für alle vier Klassen wurde eine Lösung gefunden. Die Unterrichtsräume seien sehr groß und jede Klasse könne das Gebäude über einen eigenen Eingang betreten. Sogar eine separate Toilette gibt es für jede Jahrgangsstufe. Die Rektorin erklärt: „Unsere Viertklässler werden schon immer in einem besonders großen Raum im Dorfgemeinschaftshaus in Bächingen unterrichtet.“
In Gremheim steht seit Wochen die Treidelhalle als Unterrichtsort bereit. Stühle, Tische, Tafel, alles da. „Von unserer Seite aus könnte dort sofort Unterricht stattfinden“, erklärt Schwenningens Bürgermeister Johannes Ebermayer. Auch der Gemeinderat tagt dort.
Nicht überall im Landkreis ist Unterricht vor Ort möglich
Den Unterricht komplett vor Ort ermöglichen, kann Rektorin Martina Ott in Dillingen nicht. Dazu müsste sie nämlich eine Lösung für 29 Klassen finden. „Das geht einfach nicht und wäre unfair, wenn wir nur einzelne Jahrgangsstufen wieder zurückholen“, sagt sie. Deshalb wird an ihrer Grundschule tageweise gewechselt. Bedenken bezüglich des Ansteckungsrisikos, so Ott, habe es nur ganz vereinzelt gegeben. „Die Freude darüber, dass man sich wiedersehen kann, überwiegt“, sagt sie.
Alle Schüler auf einmal zurückholen kann auch Ruth Seybold in Gundelfingen nicht. „Wir hätten zwar zwei große Räume, aber insgesamt zwölf Klassen“, erläutert die Rektorin. Man wolle keine Klassenstufen bevorzugen, das sei unfair den anderen gegenüber. Wenn es allerdings mit den Probearbeiten für die Viertklässler losgeht, soll das möglichst vor Ort geschehen. „Wir möchten, dass sie die Übertrittsphase so gut es geht meistern können“, sagt Seybold. Wie das umgesetzt werden kann, testet die Grundschule derzeit noch aus.
Die Raumkapazitäten dafür, alle Schüler wieder ins Klassenzimmer zu holen, fehlen auch in Höchstädt. Rektor Helmut Herreiner erklärt: „Die Nordschwabenhalle wird auch von der Berufsschule und der Notbetreuung genutzt.“ Die neunten Klassen der Grund- und Mittelschule sind komplett vor Ort, die Grundschüler kommen dagegen im Wechsel. „Das klappt sehr gut“, sagt er. Es tue gut, sich wenigstens jeden zweiten Tag im Klassenzimmer zu sehen, lautet sein Fazit.
Ein Konzept, auf das auch Rektorin Christiane Grandé in Wertingen setzt. Bis Ostern, so ihr Wunsch, möchte sie alle Schüler wieder vor Ort haben. So lange wird aber täglich gewechselt. Die Hygiene im Klassenzimmer, erklärt Grandé, werde gut eingehalten. Deshalb setzt die Schule auch auf freiwillige Tests, die gut angenommen werden. Sie sagt: „Das gibt einfach mehr Sicherheit.“
Dass es auch immer wieder im Lehrerkollegium Bedenken gibt bezüglich des Infektionsrisikos, hat auch Patricia Laube, Vorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnen-Verbands im Kreis Dillingen, bemerkt. Dennoch, betont sie, sei bei den Lehrern ein großes Pflichtgefühl für die Kinder da. Die meisten Pädagogen würden sich eine schnelle Impfung und regelmäßige Tests wünschen. Denn auch wenn Hygienemaßnahmen umgesetzt werden, könnten im Grundschulbereich nicht immer Abstände gewahrt werden. In Wittislingen, wo sie unterrichtet, freue man sich darüber, die ersten und zweiten Klassen wieder vor Ort zu haben. Die Dritt- und Viertklässler kommen derzeit im Wechsel in die Schule.
Dass trotz aller Freude eine gewisse Unsicherheit mitschwingt, hat auch Jürgen Stella von der Theresia-Haselmayr-Schule wahrgenommen: „Natürlich fragt man sich, wie hoch das Risiko ist, was die Mutationen machen – generell überwiegt aber die Erleichterung.“ In den meisten Jahrgangsstufen könnten alle Schüler vor Ort unterrichtet werden. Dazu sei gemessen, verschoben und hier und da auch umgeräumt oder umgezogen worden. „In unserer Schulvorbereitenden Einrichtung, die von drei- bis sechsjährigen Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf besucht wird, sind alle Kinder wieder da. Da es dort überhaupt keine Möglichkeit gibt, Abstände einzuhalten, ist die Unsicherheit am größten.“ Die aktuell niedrigen Infektionszahlen würden derzeit für mehr Gelassenheit sorgen, ohne die Schutzmaßnahmen außer Acht zu lassen. (mit MIELA)
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