So manchem nebenberuflichem Bierexperten dürfte es bei der Nachricht kalt den Rücken runtergelaufen sein: Der Bierabsatz in Deutschland ist im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen – um 5,5 Prozent. Nur noch 8,7 Milliarden Liter Gerstensaft kauften die Deutschen ein. Historischer Tiefstand. Schuld daran hat auch die Pandemie. Wegen ihr fanden keine Volksfeste, Feiern oder Festivals statt. Gerade kleinere Brauereien, die von Veranstaltungen in ihrer Nähe profitieren, soll das treffen. Doch Entwarnung: Alle Freunde regionaler Braukunst aus dem Landkreis Dillingen brauchen sich keine Sorgen machen. Die beiden hier verhafteten Bierschöpfer geben sich zuversichtlich.
Beim Wertinger Schwanenbräu sieht man den Trend zur Flasche
Die letzte Brauerei im Landkreis steht in Wertingen. Dort führt Fritz Carry Schwanenbräu – ein Unternehmen mit längerer Tradition als das bayerische Reinheitsgebot. Auch Carry musste sich auf die Pandemie einstellen: 2020 habe er weniger Gaststätten beliefert als in den Jahren zuvor. Außerdem konnte das Wertinger Volksfest, wo in normalen Zeiten knapp 100 Hektoliter seines Festbieres über die Theke gehen, nicht in gewohnter Manier stattfinden. Der Firmenchef füllte dann kurzerhand sein Festbier, das es eigentlich nur in Fässern gibt, in Flaschen ab und bot diese zum Verkauf an – und so mancher Freund des Gerstensafts zeigte sich offensichtlich solidarisch. Wie Carry erklärt, konnte er so immerhin 65 Hektoliter seines Festbiers verkaufen.
Insgesamt sieht der Braumeister sein Zwei-Mann-Unternehmen nicht weiter von der Pandemie beeinflusst: „Es gab immer genug zu tun. Wir sind weder Gewinner noch Verlierer.“ Denn während andere Brauereien Absatzverluste auch beim Flaschenbier beklagen, kann Carry das von seiner Firma nicht sagen. Er hat sogar mehr Flaschen verkauft als in den vergangenen Jahren.
Ohnehin sieht der Braumeister seit ein paar Jahren einen Trend hin zu kleineren, regionalen Brauereien. „Ich glaube, das hat viel mit den Medien zu tun. Als 2016 das Reinheitsgebot 500 Jahre alt wurde, gab es viele Berichte über Kleinbrauereien“, sagt er. Seitdem sei auch bei den Konsumenten das Interesse wieder geweckt. Und auch das komme ihm zugute: Junge Menschen, so der Firmenchef, ziehen die braune Euroflasche dem Bier aus der Dose vor. Und bei Schwanenbräu gibt es seit jeher nur Bier aus der Flasche. Wieso der Trend? „So ist eben der Markt. Wenn ich das wüsste, das wäre Millionen wert“, sagt er und lacht. In die Zukunft blickt Carry zuversichtlich: „Wenn es so bleibt, wie es ist, sind wir zufrieden.“
Benedikt Deniffel hat das Braumadl-Bier aus Lauingen weiterentwickelt
Seit 2017 hat auch Lauingen wieder ein eigenes Bier: Benedikt Deniffel braut dort das Braumadl. Auf die Frage, wie es dem jungen Unternehmen in der Pandemie geht, sagt er: „Trotz der Krise läuft’s ganz gut. Aber ohne macht’s mehr Spaß.“ Den Brauereiaussschank in der Herzog-Georg-Straße musste Deniffel, der Braumadl nebenberuflich betreibt, aus Sicherheitsgründen schließen. Eine Teilzeitangestellte schickte er in Kurzarbeit. Im Sommer haben er und sein Team dann einen Biergarten aus dem Boden gestampft, der Deniffel zufolge sehr gut anlief. Auch einen Lieferdienst gab es. „Der hat uns über den ersten Lockdown gerettet“, sagt er. Anfangs sei das junge Unternehmen damit etwas überfordert gewesen. „Aber mittlerweile klappt es sehr gut.“Auch das Netz an Verkaufsstellen wurde inzwischen erweitert. „Durch die Krise hatten wir mehr Zeit, um uns um die Marktexpansion zu kümmern“, sagt Deniffel. Durch den Verkauf im Einzelhandel habe er die weggefallenen Feste und Feiern ausgleichen können.
Entsprechend sei der Absatz gestiegen. „Wir sind da aber kein guter Gradmesser. Bei jungen Unternehmen geht es in den ersten Jahren ja fast immer nach oben. Ich glaube, das ist ein ganz natürlicher Prozess, wenn man das Vertriebsnetz erweitert.“ Ohne Corona, ist er sich sicher, würde er trotzdem mehr verkaufen.
Wie Carry sieht auch Deniffel einen Trend zu regionalem Bier, auch in der Pandemie. „Die Leute gönnen sich was, auch wenn es etwas teurer ist.“ Der Bierbrauer freut sich darüber natürlich. „Ich bin gespannt, ob das so bleibt.“
Die Krise nutzte Deniffel auch, um das noch junge Braumadl weiterzuentwickeln. So habe er etwa die Haltbarkeit seines Bieres verlängert. Sobald wie möglich will er auch wieder den Biergarten öffnen und Feste beliefern. Doch zuerst müsse man die Pandemie in den Griff kriegen.
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