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Belästigung an Lauinger Gymnasium? Das sagt der Therapeut der Betroffenen
![Am Lauinger Albertus-Gymnasium sollen sich Lehrer mehrfach Grenzüberschreitungen gegenüber ihren Schülern geleistet haben. Von Partys und Kommentaren in sozialen Medien ist die Rede. Schulleitung und Elternbeirat sind von den Vorwürfen überrascht. Am Lauinger Albertus-Gymnasium sollen sich Lehrer mehrfach Grenzüberschreitungen gegenüber ihren Schülern geleistet haben. Von Partys und Kommentaren in sozialen Medien ist die Rede. Schulleitung und Elternbeirat sind von den Vorwürfen überrascht.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715673836705-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Die Belästigungsvorwürfe gegen manche Lehrer am Albertus-Gymnasium bleiben Thema. Nun äußert sich Christoph Radaj, der mit den Betroffenen alles publik machte.
![Belästigung an Lauinger Gymnasium? Das sagt der Therapeut der Betroffenen Jonathan Mayer](https://www.augsburger-allgemeine.de/img/incoming/crop50377411/5113052810-cv1_1-w40-owebp/Jonathan-Mayer?t=.jpg)
Die Vorwürfe gegen manche Lehrer des Albertus-Gymnasiums in Lauingen sind mittlerweile weit über die Grenzen des Landkreises hinaus bekannt. Es geht um Anschuldigungen ehemaliger Schüler, die sich um distanzloses Verhalten der Lehrer gegenüber ihren Schülern in sozialen Netzwerken, um Alkoholexzesse und körperliche Nähe drehen. Nun meldete sich der Psychotherapeut, der die Fälle gemeinsam mit zwei der betroffenen Schüler öffentlich gemacht hat, noch einmal zu Wort. Schon als die ersten Berichte dazu erschienen, sagte Christoph Radaj gegenüber unserer Redaktion, er sehe sich als "Prellbock" vor den Betroffenen. Um sie zu schützen, habe er sich in der Öffentlichkeit vor sie gestellt.
Für den Therapeuten war die Situation an Lauinger Gymnasium anfangs nichts Besonderes
Radaj, der sich am Freitag an unsere Redaktion wandte, geht es in erster Linie um die Beziehung von Lehrern und Schülern in sozialen Netzwerken. Er beschreibt den Fall – eigener Aussage nach mit Erlaubnis – einer seiner Patientinnen so: Die damalige Schülerin sei an den Lauinger Therapeuten verwiesen worden, weil sie die Schule wechseln wollte. In Gesprächen habe sich herausgestellt, dass sich die Schülerin unter Druck gesetzt fühlte. Der Grund laut Radaj: soziale Medien. "Die Schülerin wollte da nicht mitmachen." Sie habe sich ausgegrenzt gefühlt, von Lehrern wie Schülern. Aus dieser Belastungssituation heraus habe sie erst ein Gespräch mit Vertretern der Schule gesucht und dann wechseln wollen.
Für den Therapeuten sei die Angelegenheit anfangs keine Besonderheit gewesen. "Eigentlich ist das langweilig. So etwas hat wahrscheinlich jeder schon einmal erlebt." Die Art, wie mit der Schülerin umgegangen wurde, sei jedoch fatal gewesen. "Sie wurde mit ihrem Anliegen einfach nicht angehört", wiederholt der Therapeut das, was er schon am Mittwoch sagte. Für Radaj spielt das Thema Medienkompetenz in dem Fall eine tragende Rolle. Was dürfen Lehrer in sozialen Netzwerken? Wie aktiv dürfen sie mit ihren Schutzbefohlenen in Kontakt stehen? Das Kultusministerium rät Lehrkräften, sich aus den digitalen Angelegenheiten ihrer Schüler rauszuhalten. Von angebrachter Distanzeinhaltung ist da die Rede. Für den Kontakt mit Schülern gibt es in Bayern eine eigene Schulplattform, "Mebis" genannt. Über sie können sich Schüler und Lehrer austauschen und Hausaufgaben oder etwa Aufsätze einreichen.
Lehrer sollten sich in soziale Netzwerke wagen, aber Rolle der Erzieher wahren
Radaj hat eine andere Meinung als das Ministerium. Auch er als Therapeut sei in sozialen Netzwerken aktiv und in Kontakt mit manchen Patienten. Denn für Jugendliche, so erklärt er, verschwimmen die Grenzen zwischen digitaler und realer Welt. "Es ist wichtig, dass Erwachsene auch dort präsent sind. Sie sollen mitbekommen, was dort passiert, damit sie im Notfall intervenieren können." Wichtig sei aber, dass sich Lehrer und andere Erwachsene nicht in die eigenwillige Dynamik der Netzwerke hineinziehen lassen. "Sie müssen ihre Rolle als Erzieher bewahren und sollten reagieren und die Jugendlichen aufklären, wenn ihnen etwas auffällt." Manchen Lehrern am Albertus sei das jedoch nicht gelungen, auch wenn Radaj das Kollegium sonst lobt: "Wenn ein Schüler dort ein Problem hat, steht ihm eigentlich immer die Tür eines Lehrers offen."
Für Radaj ist klar: Die Vorwürfe am Albertus hätten niemals an die Öffentlichkeit kommen müssen. Wenn man auf die betroffenen Schüler gehört und sich um sie gekümmert hätte, glaubt er, wäre es nicht so weit gekommen. Die Schüler aber fühlten sich nicht wahrgenommen und wollten ihrem Anliegen Gehör verschaffen.
Die Konsequenz aus der Angelegenheit ist für den Therapeuten klar: Die Diskussion, sagt er, müsse versachlicht werden. Nüchtern betrachtet gehe es um zwischenmenschliche Beziehungen und den richtigen Umgang mit sozialen Netzwerken wie Facebook, Whatsapp und Snapchat.
Für Pädagogen, das erklärt der Leiter der Lehrerakademie in Dillingen, Alfred Kotter, gebe es seit Anfang des Schuljahres Fortbildungsmaßnahmen zum Thema Digitalisierung. Unter anderem gehe es darin um ethische und rechtliche Fragen. "Das ist gerade eine relativ große Fortbildungsoffensive", sagt Kotter. Etwa 150.000 Anmeldungen gebe es für den digitalen Kurs bereits. Zwei Mitarbeiterinnen in Dillingen seien zudem nur für den Bereich Medienpädagogik verantwortlich.
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