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Landkreis: 30 Jahre nach Tschernobyl: Viele Wildschweine belastet

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30 Jahre nach Tschernobyl: Viele Wildschweine belastet

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    Immer noch sind viele Wildschweine, die im Landkreis Dillingen erlegt werden, atomar belastet. Und das mehr als 30 Jahre nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl.
    Immer noch sind viele Wildschweine, die im Landkreis Dillingen erlegt werden, atomar belastet. Und das mehr als 30 Jahre nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl. Foto: Lino Mirgeler/dpa (Symbolfoto)

    Mehr als drei Jahrzehnte nach einem der größten Nuklearunglücke aller Zeiten in Tschernobyl sind dessen Spuren auch in der Region noch auszumachen. „Das Fleisch von der Hälfte des erlegten Schwarzwildes ist immer noch so verseucht, dass es entsorgt werden muss“, hat jetzt Forums-Sprecher Raimund Kamm mit einem alarmierenden Hinweis auf die extrem lange Fortdauer der Kernstrahlung hingewiesen.

    Frust über die Absagen verantwortlicher Politiker

    Auf der Jahreshauptversammlung der nach eigenen Angaben größten und ausdauerndsten Bürgerinitiative Deutschlands gegen die Atomenergie dominierte zum einen die Frage der Endlagerung des kontaminierten Mülls. Zudem spielte der Frust über Absagen verantwortlicher Politiker Bayerns eine Rolle, die sich einer Diskussion mit den engagierten Bürgern im Schatten eines der letzten deutschen Atomkraftwerke verweigern würden.

    „Sie zeigen uns, die wir so eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe wahrnehmen, einfach die kalte Schulter“, monierte der als gut vernetzt geltende, ehemalige Landtagsabgeordnete Raimund Kamm, der in seinem Vorstandsamt wie die beiden Kolleginnen Uli Brenner und Monika Hitzler einstimmig bestätigt wurde. Der Sprecher berichtete von negativ beschiedenen Einladungen an fast alle Fraktionen des Landtags und verlas zum Beispiel „einen frechen Brief“ (Kamm) aus dem Umweltministerium.

    Juristisches Hickhack mit dem Betreiber

    Die Präsenz von fast 80 Mitgliedern und Gästen im Landgasthof Sonne zeigte: Die bald ihren Energie-Betrieb einstellende Anlage steht zwar im Landkreis Günzburg, ist aber zudem schon lange manchem Einwohner des benachbarten Kreises Dillingen ein Dorn im Auge. So war es Gegner Rudolf Wahl, einem von rund 730 Mitgliedern des Forums, ein besonderes Anliegen, auf das juristische Hickhack zwischen der Bewegung und dem Betreiber hinzuweisen. Wie berichtet, prozessieren die Bürger gegen die Betriebserlaubnis etwa für das dortige Zwischenlager.

    „Nur Schriftverkehr und Arbeit für die Kanzleien – da geht einfach nichts voran“, beklagte der ehemalige Dritte Bürgermeister von Gundelfingen und Anwohner des Atomstandorts. Seit Jahren kritisieren die Mitglieder aus Bayern und Baden-Württemberg dessen nach ihrer Einschätzung nach bestehende Sicherheitsmängel im Allgemeinen und das Gefahrenpotenzial bei der Aufbewahrung von abgebrannten Brenn-stäben im Besonderen. „Ich spreche dabei lieber von Kernspaltelementen, weil das Wort Verbrennung so harmlos klingt, es aber keineswegs ist – zumal die Strahlung noch Hunderttausende von Jahren anhalten wird“, betonte Kamm, der die lebhafte Versammlung gewohnt angriffslustig wie versöhnend moderierte. Den Modus der Attacke behielten dagegen einige der Besucher den Abend lang bei. „Ich werde am 15. März 2020, der Kommunalwahl, an die unbefriedigenden Antworten aus München denken“, zürnte ein Gast, eine Frau kündigte „eine tierisch wütende Antwort“ an den Umweltminister an. Sie warnte gleichzeitig davor, sich von der anhaltenden Diskussion, um Kernreaktoren neuer Generation kirre machen zu lassen, die derzeit insbesondere im konservativen bis rechten Parteienspektrum Anhänger findet.

    Warum es in Deutschland "ziemlich laut werden wird"

    Über die von Berliner Forschern als Atommüllvernichter beworbene Technik dürfe laut Kamm zwar gesprochen werden, er bezeichnete die als Endlager-Alternative gehandelte Methode aber als „Hexerei und abenteuerliche Heilsbringer-Theorie.“ Von solchen Plänen höre er seit über 30 Jahren. Als realistischer sah der erfahrene Energieexperte den „Endlagersuchprozess“, dessen erste Ergebnisse im kommenden Herbst bekannt gemacht würden. „Dann wird es in ganz Deutschland ziemlich laut werden“, verwies das Vorstandsmitglied auf die dann geplante Veröffentlichung möglicher Lagerungsgebiete. Dann werde die Zeit der „Heimathelden“ anbrechen mit der strikten Ablehnung vor der eigenen Haustür. „Von mir aus kann das vor meinem Gartenzaun sein“, kündigte ein Mitglied von der Donau an. „Hauptsache, die Entscheidung wird getroffen und nicht ewig verschoben. Doch Raimund Kamm, der die Versammlung dazu ermunterte, weiter durchzuhalten und dem „Atomkraftwerk genau auf die Finger zu sehen“, warnte vor einem weiteren Abschieben des Mülls, der uns alle angeht.“ Und: „Leider reißt das unbeliebte Thema momentan nicht allzu viele Leute vom Hocker.“

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