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Kunst: Die Stille der Wüste als künstlerische Inspiration

Kunst

Die Stille der Wüste als künstlerische Inspiration

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    Auch dieses großformatige Bild mit Motiven aus der Sahara gehört gegenwärtig zu den Exponaten im Wertinger Schloss.
    Auch dieses großformatige Bild mit Motiven aus der Sahara gehört gegenwärtig zu den Exponaten im Wertinger Schloss.

    Wenn sich Kunstfreunde auf den Weg machen, um an der Eröffnung einer Kunstausstellung teilzunehmen, haben sie ziemlich klare Vorstellungen von dem zu erwartenden Ritual mit Begrüßung, Laudatio und musikalischer Umrahmung. Und sie sind sicher, dass sie Freunde und Bekannte treffen werden.

    Bei der Eröffnung der Ausstellung „Retrospektive“ mit Bildern von Hartmut Pfeuffer im Schloss und in der Städtischen Galerie Wertingen wurde das gewohnte Vernissage-Ritual durchaus eingehalten. Und dennoch war alles ganz anders als üblich. Das lag auch an der ungewöhnlich großen Zahl von Besuchern. „Die überregionale Bedeutung dieses Ereignisses zeigt sich mir in dem vollen Saal“, konstatierte Wertingens Kulturreferent Frieder Brändle in seiner Begrüßung.

    Die entscheidende Besonderheit dieser Werkschau aber liegt vor allem in der Qualität der ausgestellten Bilder. Zeichnungen, Radierungen und großformatige Ölgemälde, erweisen sich als Belege für die künstlerische Reife, die das Lebenswerk Hartmut Pfeuffers (1949-2018) auszeichnet.

    Dieser Maler, der im September 2019 sein 70. Lebensjahr vollendet hätte, hielt klare Distanz zu den Mainstreams der zeitgenössischen Kunst. Und dennoch war seine Grundhaltung weder konservativ noch revolutionär. Er verstand es, seine Verpflichtungen als Kunsterzieher am Johann-Michael-Sailer-Gymnasium Dillingen mit einer unglaublich intensiven Arbeit als Maler zu verbinden. Konzentrationsfähigkeit war seine große Stärke.

    Wie die Wertinger Ausstellung beweist, betraf diese Konzentration den täglichen Zeitplan und die Thematik seiner Bilder. Darin liegt wohl auch der Grund, weshalb die Bamberger Theologin Bettina Sperl, ehemalige Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Dillingens, in ihrer Laudatio das Werk Hartmut Pfeuffers sehr deutlich mit biblischen Weltbetrachtungen in Verbindung setzte. Und für die professionelle musikalische Umrahmung sorgte die Ingolstädter Pianistin Agnes Krumwiede.

    Seit 1991 reiste Pfeuffer immer wieder in nordafrikanische Länder. Dort faszinierte ihn die Symbolkraft bizarrer Dünen- und Felsenlandschaften. In seinem Höchstädter Atelier entstand, gestützt auf eigene Fotos und eigene Reiseeindrücke, eine große Zahl von Bildern mit Dünenlandschaften. „In der Wüste faszinieren mich vor allem Granit- und Vulkangebiete, oft von Sanddünen umgeben. Felsformationen, vom Wind geschliffen und durch Witterungsschwankungen zerborsten, sind für mich Monumente einer urzeitlichen Welt.“

    In diesen Landschaften Nordafrikas sehen viele Touristen nur ein Werk der Zerstörung. Hartmut Pfeuffer entschlüsselte in seinen Bildern die Ambivalenz der Ergs und der Steinformationen. Ständig wechseln in diesem „Raum der Stille“ das Werden und das Vergehen. Die Verwüstung vor allem durch extreme Temperaturunterschiede schafft die Grundlage für die Entstehung immer neuer, bewegter Elemente. Die Faszination dieser Verbindung von Vergänglichkeit und Beständigkeit veranlasste Hartmut Pfeuffer zu einem Fazit, das sein künstlerisches Leben entscheidend bestimmen sollte: „In der Sahara habe ich die Landschaft entdeckt, die mein Innerstes in besonderem Maße anspricht.“

    Wer sich intensiver mit den Exponaten beschäftigt, wird auch tieferes Verständnis für die Persönlichkeit und die Eigenart des Künstlers entwickeln. Diese Arbeiten, die von Barbara Pfeuffer ausgewählt wurden, verweisen auf eine Flucht aus allem Tageslärm.

    Hartmut Pfeuffer begegnete drohenden Turbulenzen mit distanzierender Ironie, die niemanden verletzte, die aber Verwicklungen in aktuelle Banalitäten verhinderte. Das schuf Zeit für Kreativität und Freiraum für seine Malerei, insbesondere für die Entstehung der Ölgemälde: „In einem letzten Arbeitsgang überziehe ich mit feinstem Pinsel die Bildfläche mit winzigen Farbtupfen. Sie könnten an die feinen Sandkörnchen erinnern, die, aufgewirbelt vom unaufhörlich wehenden Wind, für das diffuse Licht verantwortlich sind, das ich wiedergeben möchte.“

    „Retrospektive“ ist noch bis zum 24. November im Schloss und in der Städtischen Galerie Wertingen zu sehen. Barbara Pfeuffer, die Witwe des Künstlers, führt am Sonntag, 17. November, durch die Ausstellung. Die Teilnehmer treffen sich um 14.30 Uhr im Festsaal des Schlosses. Am Sonntag, 24. November, lädt Barbara Mahler, ebenfalls um 14.30 Uhr, zu einer Kinderführung ein.

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