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Kreis Dillingen: Wolf im Kreis Dillingen: Bauern schlagen Alarm

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Wolf im Kreis Dillingen: Bauern schlagen Alarm

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    Der Wolf in Bissingen: Ein Mitarbeiter der Vitus Rieder GmbH und Co.KG hat diesen Schnappschuss gemacht.
    Der Wolf in Bissingen: Ein Mitarbeiter der Vitus Rieder GmbH und Co.KG hat diesen Schnappschuss gemacht. Foto: Busack

    Was für Bilder: In einer Seelenruhe spaziert das Tier über den Hof. Und selbst ein Laie kann erkennen, dass es sich dabei um einen Wolf handelt. Ja, genau. Ein Wolf. Und das mitten in Bissingen. Dort ist das Tier am Montagmorgen auf dem Betriebsgelände der Firma Vitus Rieder entdeckt worden. Das bestätigt Juniorchef Otto Bschorer. Er berichtet: „Ein Mitarbeiter hat es von seinem Kombi aus beobachtet und fotografiert.“ Ganz plötzlich sei der Wolf im Hof gestanden.

    Der Lagerplatz der Firma befindet sich in Bissingen in Richtung Unterbissingen. Nach kurzer Zeit ist das Tier dann laut Bschorer wieder durch den Zaun in Richtung Kessel verschwunden. „Nachdem das Bild per Whatsapp verschickt wurde, hat es seinen Lauf genommen. Das war schon eine Aufregung. Bislang waren nur Katzen bei uns auf dem Hof“, sagt der Juniorchef lachend.

    Und dass es sich tatsächlich um einen Wolf handelt, das bestätigt der stellvertretende Vorsitzende der Kreisjägervereinigung, Richard Kraus. Er ist auch der Ansprechpartner für die Hegegemeinschaft Kesseltal. „Ich kann alles bestätigen. Ich habe bestimmt 20 Bilder auf meinem Handy, die den Wolf zeigen“, sagt Kraus. Und diese Aufnahmen stammten längst nicht nur vom Montagmorgen in Bissingen.

    Der Wolf aus dem Landkreis Dillingen war auch schon im Donau-Ries

    Der Jäger informiert, dass das Tier bereits am Tag zuvor im Landkreis Donau-Ries entdeckt worden sei. Er habe Bilder und sogar Videoaufnahmen, die den Wolf eindeutig zeigen – bei Mönchsdeggingen, Wieseth (Landkreis Ansbach) und eben in Bissingen. Er habe sofort Kontakt mit den zuständigen Behörden aufgenommen. Kraus sagt: „Ich gehe von mindestens einem Wolf aus. Es können aber auch mehr sein. Und genau das ist die Frage: Ist es ein Tier oder ein Rudel?“ Aktuell sieht der Experte keine akute Gefahr durch das Tier, auch wenn er „sehr erstaunt“ ist, dass der Wolf auf dem Betriebsgelände unterwegs war. „Normalerweise läuft ein Wolf seine bekannten Routen. Ich sehe noch keinen Grund, warum er dort rein ist und nicht drum herum.“ Er und seine Kollegen werden nun „am Ball bleiben“ und jede Beobachtung melden.

    Momentan, so Kraus, könne man nicht sagen, ob das Tier weitergezogen oder im Kesseltal geblieben ist. Da aber seit 1. Mai offiziell die Jagdzeit wieder begonnen hat, werde wieder mehr im Wald angesessen. Und so fallen auch Veränderungen eher auf. „An Wäldern und Nahrungsangeboten scheitert es für den Wolf bei uns auf jeden Fall nicht“, sagt der Jäger.

    Selbst gesehen hat Bissingens Bürgermeister Stephan Herreiner den Wolf zwar nicht, aber das Thema habe ihn den ganzen Tag beschäftigt. „Ich bin ins Rathaus gekommen, und dann hieß es, dass der Wolf Richtung Spielplatz unterwegs ist. Ich habe mich dann sofort ins Auto gesetzt“, erzählt er. Als passionierter Jäger würde er es sich zutrauen, dass er einen Hund von einem Wolf unterscheiden kann.

    Auch dieses Bild ist am Montagmorgen auf dem Firmengelände Vitus Rieder entstanden. Es wurde durch eine Scheibe fotografiert.
    Auch dieses Bild ist am Montagmorgen auf dem Firmengelände Vitus Rieder entstanden. Es wurde durch eine Scheibe fotografiert.

    Am Montagnachmittag hat auch das Landratsamt Dillingen den tierischen Vorfall in Bissingen bestätigt. Offiziell wird in der Pressemitteilung von einem „wolfsähnlichen Tier“ gesprochen. Und weiter: „Grundsätzlich sind Wölfe für Menschen ungefährlich. Sie leben in Familiengruppen, sogenannten Rudeln. Werden die Tiere geschlechtsreif, verlassen sie die Familie und suchen sich ein eigenes Revier. Insbesondere die jungen Rüden wandern dabei oft mehrere hundert Kilometer. Ab und zu werden sie dabei auch tagsüber beobachtet, oft aus Fahrzeugen heraus.“

    In seltenen Fällen, wie wohl in Bissingen, geraten sie auf ihrer Wanderung auch in Siedlungsbereiche, heißt es weiter. In der Regel würden sich die Tiere gegenüber Menschen aber „meist vorsichtig und ausweichend“ verhalten. Laut Landratsamt werden nun die Tierhalter in der Region über die Beobachtung informiert. Um Nutztierrisse zu vermeiden, seien Vorsichtsmaßnahmen nötig. Von den Mitarbeitern der Unteren Naturschutzbehörde wurden auch die Naturschutzbehörden in den Nachbarlandkreisen, die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Wertingen und Nördlingen, die Untere Jagdbehörde und die Regierung von Schwaben über den Verdacht der Wolfsichtung informiert.

    Der Wolf im Landkreis Dillingen - ein Tier, das keiner braucht?

    Der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands, Klaus Beyrer, ist über die Nachricht, dass ein Wolf gesichtet worden ist, entsetzt. „Ich bin in keinster Weise begeistert, wenn jetzt der Wolf wieder durch unseren Landkreis zieht“, sagt der Aislinger. Nach dem Biber und der Graugans sei nun „der nächste Schädling“ in unserer Region unterwegs. Der Wolf sei ein Tier, „das keiner braucht“. Für Weidetierhalter, also Rinder- und Schafhalter, könne die Anwesenheit des Wolfs zu schwierigen Situationen führen. Sie würden die Entwicklung bestimmt mit Sorge verfolgen.

    Mit seiner Aussage trifft der BBV-Kreisobmann den Nerv des Unterbechinger Rindermästers Georg Urban, der „hobbymäßig“ auch Schafe hält. „Ich verstehe die Welt nicht mehr, wenn man den Wolf schützt und ihn nicht zum Abschuss freigibt“, sagt der Landwirt. Vor einiger Zeit habe er sogenannte Absetzer, das sind männliche Kälber im Alter von etwa sieben Monaten, in der Lausitz gekauft. Die Tiere stammten aus einer Herde, die ein Wolf aufgemischt hatte. Wenn sich nur irgendetwas im Stall bewegt habe, hätten die Kälber aus ihrer Erfahrung mit dem Wolf heraus durchgedreht. Seine 80 Mutterschafe hält Urban auf der Koppel, abends sind sie im Stall. Der Unterbechinger hat Fotos von gerissenen Schafen gesehen und will solche Erfahrungen hier vor Ort nicht machen. „Der Wolf reißt die Tiere, sie erleiden einen qualvollen Tod“, sagt Urban. Dass der Wolf nun in Bissingen gesichtet wurde, löse bei ihm Entsetzen aus.

    Bund Naturschutz: "Nicht jeder Wolf ist ein Problemwolf"

    Es gibt auch andere Stimmen. Als bei Heidi Terpoorten das Handy klingelt, hat auch sie schon die ersten Bilder vom Wolf zugesendet bekommen. „Ich dachte ja, ich werde veräppelt“, sagt die Vorsitzende der Kreisgruppe des Bund Naturschutz und Bezirksrätin der Grünen. Sie freue es, dass der Wolf in unserer Region wieder heimisch wird. Immerhin sei er ein natürlicher Jäger. „Der gehört hierher.“ Angesichts der Sichtung im Kesseltal sei es wichtig, jetzt Ruhe zu bewahren. Spaziergängern rät sie, Hunde lieber anzuleinen. „Und ich hoffe, die Jäger halten ihre Gewehre bei sich.“ Ein Abschuss komme für sie nicht infrage. „Nicht jeder Wolf ist ein Problemwolf.“ Für Terpoorten stellt sich bereits die Frage nach dem Miteinander von Wolf und Mensch. „Wir haben in Schwaben wenig Erfahrung mit Weidezäunen und Herdenschutztieren“, gibt sie zu bedenken. Im Landkreis gebe es außerdem zu wenige zusammenhängende Waldflächen, als dass sich das Tier hier richtig wohlfühlen könnte. „Vielleicht ist er nur auf der Durchreise.“ Oder der Wolf bleibt bei uns.

    Nähere Informationen zu Verhaltensregeln für Menschen und zum Herdenschutz befinden sich auf der Homepage des LfU unter https://www.lfu.bayern.de/natur/wildtiermanagement_grosse_beutegreifer/wolf/index.htm und der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft https://www.lfl.bayern.de/itz/herdenschutz/028576/index.php.

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