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Kreis Dillingen: Wird im Kreis Dillingen Notbetreuung als Mittel gegen Gewalt eingesetzt?

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Wird im Kreis Dillingen Notbetreuung als Mittel gegen Gewalt eingesetzt?

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    Die Gewalt in Familien nimmt zu, fürchten Experten. Wie kann man Kindern dann helfen, wenn alle Einrichtungen geschlossen sind?
    Die Gewalt in Familien nimmt zu, fürchten Experten. Wie kann man Kindern dann helfen, wenn alle Einrichtungen geschlossen sind? Foto: Alexander Kaya/Symbol

    Zu Beginn der Sitzung des Jugendhilfeausschusses hatte Landrat Leo Schrell noch darum gebeten, Wortbeiträge zum Thema kurz zu halten oder ganz sein zu lassen. Auch wenn im Großen Sitzungssaal die Abstände zwischen den Teilnehmern eingehalten werden könnten, man über eine gute Be- und Entlüftung verfüge und auch jeder seinen Mund-Nasen-Schutz tragen könnte – die Sitzung sollte nicht länger dauern als nötig. Vielleicht hatte an der Stelle jemand nicht aufgepasst.

    Schrell kündigte in der Sitzung an, dass die Kosten für die Jugendhilfe im Kreis wieder steigen. Von acht Millionen Euro in diesem auf 8,7 Millionen Euro im nächsten Jahr – vermutlich. „Wir wissen ja nicht, was 2021 alles ist.“

    Was der Dillinger Kinderschutzbund empfiehlt

    Die Leiterin des Gundelfinger Kinderheims, Schwester Elisabeth Marschalek, ist sich unabhängig davon sehr sicher, dass die Kosten steigen werden. Der Lockdown belaste die jungen Menschen. „Das geht nicht spurlos an ihnen vorüber.“ Je länger die Schließung verschiedener Hilfseinrichtungen dauere, umso größer sei hinterher der Bedarf. Und sie warf noch ein Thema auf: Manche Eltern täten sich schwer, ihre Kinder zu versorgen. „Es kommt eindeutig mehr zu Gewalt.“

    Birgit Erdle, Vorsitzende des Dillinger Kinderschutzbundes, geht auch davon aus, dass die psychische Belastung steigt und damit das Risiko, dass Kinder gefährdet werden. Da könnte die Notbetreuung von Kindern durch fachliches Personal helfen, den Druck aus Familien zu nehmen.

    Die Dillinger Familienberatung ist auch in den Weihnachtsferien erreichbar

    Antje Werner von der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung in Dillingen fragte, ob die Notbetreuung nur für Kinder infrage kommt, deren Eltern in systemrelevanten Berufen tätig sind. Diese Einschränkung gilt laut Jugendamtsleiter Tino Cours nicht mehr. Das Amt könne die Betreuung zum Wohl des Kindes sogar anordnen.

    Auch die ambulanten Hilfsdienste seien für das Thema sensibilisiert. Doch manche Träger würden die Familien jetzt wegen der Pandemie nicht mehr persönlich aufsuchen. Werner betonte, ihre Beratung sei auch während des Lockdowns geöffnet und telefonisch unter 09071/770390 erreichbar.

    Zahlen zur Kindsgefährdung im Kreis Dillingen

    Laut Bericht des Jugendamtes kam es während der ersten Ausgangsbeschränkungen zu keinem signifikanten Anstieg von Kindeswohlgefährdungen. Bis Ende Oktober gingen 134 Gefährdungsmeldungen mit 204 betroffenen Kindern ein (2017 waren es insgesamt 70 Meldungen, 2018 waren es 169 Meldungen). Von den jetzt 134 Meldungen waren 40 akute und 38 latente Gefährdungen. Insgesamt 16 Inobhutnahmen wurden durchgeführt. In 38 Fällen wurde ein Unterstützungsbedarf festgestellt, in 88 Fällen lag keine Gefährdung vor. 20 Kinder wurden zur Abwendung einer Gefährdung auf Veranlassung des Dillinger Jugendamtes hin in Notgruppen betreut.

    Die bisher veranschlagte Steigerung im Haushaltsentwurf für die Jugendhilfe resultiert aus intensiveren Hilfsmaßnahmen im Bereich der ambulanten Maßnahmen, der Eingliederungshilfe seelisch Behinderter sowie der Hilfen für Volljährige im Heim und in der Vollzeitpflege. Dazu kommen Tarifsteigerungen für die Mitarbeiter. Weitere Punkte der Kostensteigerung sind:

    • Ferienbetreuung Damit auch Kinder aus ländlichen Gebieten an der Ferienbetreuung des Kreisjugendrings am Michelsberg teilnehmen können, schlägt das Jugendamt einen kostenlosen Bustransfer in Höhe von 3200 Euro vor. Der Zuschuss für den KJR beläuft sich damit auf 54 700 Euro.
    • Scheidung Der Kinderschutzbund im Landkreis hilft bei der Ausführung gerichtlicher oder vereinbarter Umgangsregelung nach einer Scheidung. Besonders in diesem Jahr habe sich gezeigt, wie wichtig diese Arbeit der ehrenamtlichen Helfer ist. Der Kreisverband bekommt deswegen künftig statt 600 Euro im Monat 300 Euro mehr.
    • Familie Für die gemeinsame Unterbringung von Müttern oder Vätern wurde der Ansatz auf 75 000 Euro erhöht.
    • Kindeswohlgefährdung In den vergangenen Jahren mussten immer mehr Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichen Gründen in einem Heim untergebracht werden. Wegen der mit der Pandemie verbundenen Kurzarbeit rechnet das Jugendamt damit, dass die Kostenbeiträge rückläufig sind. Vermutlich können nur vier Prozent der anfallenden Kosten durch Kostenbeiträge der Eltern, Kindergeld oder Ähnliches gegenfinanziert werden.
    • Familienhilfen Die Fallzahlen sind laut Cours konstant. In diesem Zusammenhang sei jedoch anzumerken, dass die Bearbeitung von Kindeswohlgefährdungen zur Einleitung zahlreicher neuer Hilfefälle führt, bei denen versucht wird, Kinder und Eltern im elterlichen Haushalt so zu unterstützen, dass alle beisammenbleiben können.
    • Volljährige in Einrichtungen Das Jugendamt rechnet mit einer Kostensteigerung von 685 000 Euro auf 742 0000 Euro, weil einige Jugendliche volljährig geworden sind.
    • Eingliederungshilfe Die Kosten für die Unterstützung für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche steigt um 38 000 Euro auf 100 000 Euro. Für Eingliederungshilfen im Heim steigen die Kosten von 950 000 auf 953 000 Euro.
    • Schulbegleitung Weil die Schüler älter werden, fällt mehr Unterricht an, damit steigen die Kosten um 26 000 Euro auf 706 900 Euro.
    • Erziehungsbeistand Das Jugendamt rechnet damit, dass an dieser Stelle 20 000 Euro mehr nötig sind, damit steigen die Kosten auf 740 000 Euro.
    • Anti-Aggressivitäts-Training Dafür werden Kosten in Höhe von 42 000 Euro veranschlagt. Weil die Gruppenarbeit wegen Corona abgebrochen wurde, werden nun Einzelmaßnahmen durchgeführt.
    • Tagespflege/-Betreuung In diesem Bereich sinken die Kosten.

    Die Kosten für unbegleitete Ausländer werden vom Bezirk Schwaben übernommen. Dem Entwurf des Kreishaushalts stimmte der Ausschuss geschlossen zu.

    Wenn einer fragt, ob Kinder unter Masken leiden, geht die Diskussion richtig los

    Dann wollte Kreisrat Hermann Mack (REP) wissen, wie sehr Kinder unter den Masken leiden – Auslöser für eine Diskussion abseits der Tagesordnung. Eltern wären auf ihn zugekommen, dass ihren Kinder schwindlig würde.

    Es gibt viel Lob für Kinder und Jugendliche

    Nein, das Maskentragen, auch über drei Wochen hinweg in allen Räumen, das hätte den Kindern und Jugendlichen im Kinderheim gar nichts ausgemacht, sagte Schwester Maria Elisabeth Marschalek. Schulamtsleiterin Andrea Eisenreich ergänzte, die Lehrer würden das Thema gut und einfühlsam vermitteln. Kurt Nießner, Regionalleiter von St. Gregor in Bliensbach, sagte, die Kinder und Jugendlichen der heilpädagogischen Tagesstätte würden die Masken ohne Murren von 7.45 bis 17 Uhr tragen. „Natürlich ist der Mund-Nasen-Schutz eine Einschränkung, aber die machen das toll.“ Als Erwachsener sollte man als Beispiel vorangehen.

    Und der Landrat erinnerte daran, dass das Maskentragen eine „glasklare Vorgabe“ sei, die der Landkreis nicht ändern könnte. Könnten Kinder aus gesundheitlichen Gründen keine Masken tragen, müssten aber den Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten. An der Stelle beendete der Landrat dann die Sitzung.

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