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Kreis Dillingen: Ausgesetzter Säugling: Expertin kritisiert Vorverurteilung der Mutter

Kreis Dillingen

Ausgesetzter Säugling: Expertin kritisiert Vorverurteilung der Mutter

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    Der Fall des ausgesetzten Säuglings in Unterglauheim (Kreis Dillingen) hat in den vergangenen Tagen viele Menschen bewegt.
    Der Fall des ausgesetzten Säuglings in Unterglauheim (Kreis Dillingen) hat in den vergangenen Tagen viele Menschen bewegt. Foto: Arno Burgi, dpa (Symbol)

    Mehr als eine Woche ist es nun her, dass ein Spaziergänger in Unterglauheim einen ausgesetzten Säugling fand. Ein Hubschrauber brachte den Bub in die Augsburger Kinderklinik, wo er seitdem um sein Leben kämpft (lesen Sie hier mehr dazu).

    Ausgesetzter Säugling: Ermittlungen gegen die Mutter laufen

    Das Universitätsklinikum Augsburg möchte sich auf Anfrage nicht zum Zustand des Säuglings äußern. „Wir können zum Schutz des Kindes in dieser Sache keine Auskunft geben“, teilt eine Sprecherin mit. Matthias Nickolai von der Augsburger Staatsanwaltschaft bestätigt, dass sich der Säugling nach wie vor in einem kritischen Zustand befindet. Die Ermittlungen gegen die Mutter, die sich momentan in Untersuchungshaft befindet, laufen.

    Die Angelegenheit schlug in der Region und darüber hinaus hohe Wellen – gerade in den sozialen Medien. Viele Nutzer zeigten zum einen Mitgefühl mit dem ausgesetzten Säugling. Zum anderen fanden sich zahlreiche Kommentare, die sich explizit gegen die Mutter richteten. Birgit Erdle, Vorsitzende des Dillinger Kinderschutzbundes, kritisiert diese „Vorverurteilung“. „Man kann davon ausgehen, dass sich die Frau in einer absoluten Notlage befand“, sagt Erdle. Möglicherweise habe die 31-Jährige, deren geistige Leistungsfähigkeit offenbar eingeschränkt ist und die durch die Dillinger Lebenshilfe begleitet wurde, zuvor gar nicht registriert, dass sie schwanger war. Dafür könnte sprechen, dass die Frau ihr Kind offenbar alleine auf die Welt gebracht hat – und somit eine Gefahr für Leib und Leben eingegangen ist. „Das macht niemand freiwillig“, sagt Erdle. Dass Menschen, die nichts über die Hintergründe der Tat wissen, die Mutter nun „vorverurteilen“, bezeichnet sie als „völlig daneben“. Vielmehr sollte man sich fragen, ob man selbst aufmerksam genug ist, um die Notlage eines anderen zu erkennen, so Erdle.

    Bub könnte in einer Pflegefamilie unterkommen

    An dieser Stelle in einer Wiese bei Unterglauheim (Kreis Dillingen) ist der Säugling ausgesetzt worden.
    An dieser Stelle in einer Wiese bei Unterglauheim (Kreis Dillingen) ist der Säugling ausgesetzt worden. Foto: Andreas Schopf

    Wie geht es nun für den Säugling weiter? Grundsätzlich wird das Jugendamt aktiv. „Hier liegt eine massive Kindeswohlgefährdung vor und das Jugendamt hat Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefährdung zu treffen“, heißt es vom Dillinger Landratsamt. Zunächst habe die medizinische Versorgung des Kindes Vorrang. Je nach Gesundheits- und Entwicklungsstand müsste dann eine Entscheidung getroffen werden, wie es für den Säugling weitergeht. Möglich ist etwa die Unterbringung in einer Pflegefamilie. Es handele sich jedoch immer um eine Einzelfallentscheidung. „Derzeit sind keine ausreichenden Fakten vorhanden, um dies abschließend beurteilen und entscheiden zu können“, schreibt das Landratsamt in einer Pressemitteilung. Weitere mögliche Maßnahmen sind etwa die Erarbeitung eines Schutzkonzeptes mit vereinbarten Auflagen und unangemeldeten Kontakten durch das Jugendamt, ambulante Hilfe in Form einer Sozialpädagogischen Familienhilfe oder zusätzliche Unterstützung durch Angebote der Koordinierenden Kinderschutzstelle, zum Beispiel mit einer Familienhebamme oder Kinderkrankenschwester.

    Rückkehr zur Mutter ist nicht für immer ausgeschlossen

    Ist es trotz des Vorfalls denkbar, dass der ausgesetzte Bub irgendwann wieder in die Obhut der Mutter übergeben wird? „Eine Rückkehr zur Mutter muss nicht für immer ausgeschlossen sein“, heißt es. Dies hänge jedoch von vielen Faktoren ab. Grundvoraussetzung wäre laut Landratsamt, dass die Mutter eine kindeswohldienliche Situation schaffen kann, sie dazu Unterstützungsangebote annimmt und die Gesamtsituation der Mutter darauf schließen lässt, dass sie erziehungsfähig ist. Dies könne etwa auch durch ein entsprechendes Gutachten festgestellt werden.

    Hier lesen Sie mehr zum Fall des ausgesetzten Säuglings von Unterglauheim:

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