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Kommunalpolitik: Warum sich Frauen in den Rathäusern rar machen

Kommunalpolitik

Warum sich Frauen in den Rathäusern rar machen

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    Frauen in Kommunalpolitik sind rar – auch bei uns im Landkreis Dillingen.
    Frauen in Kommunalpolitik sind rar – auch bei uns im Landkreis Dillingen. Foto: By-Studio/Fotolia

    Wenn Heidi Terpoorten in diesen turbulenten Corona-Tagen von den Medien und deren gefeierten „Helden des Alltags“ hört, dann hat die Bezirks- und Kreisrätin meist ein weibliches Antlitz vor Augen. „Wir sehen bei der momentanen Krisenbewältigung doch ganz klar, dass die frauliche Sicht auf die Dinge ungemein hilft“, attestiert sie den agierenden Politikerinnen im ganzen Bundesgebiet.

    Heidi Terpoorten ist für Helene-Weber-Preis nominiert

    Solche Noten hätte man sich auch für die Gremien im Kleinen – den „Niederungen“ von Lokal- und Kreispolitik – vorstellen können. Doch dort muss das Alltagsmanagement teilweise oder gleich ganz auf den von Terpoorten gewünschten Blickwinkel verzichten. Der Frauenanteil bei den Stadt- und Gemeinderäten liegt in Bayern bei knapp 20 Prozent, in unserem Landkreis – durchschnittlich besehen – sogar noch darunter. Terpoorten ist jetzt für den renommierten bundesweiten Helene Weber-Preis nominiert worden, die überparteiliche Auszeichnung gilt engagierten Kommunalpolitikerinnen.

    Zweieinhalb Monate nach den Kommunalwahlen und der darauffolgenden Neuorientierung der frisch gewählten Bürgervertreter, präsentieren sich die wichtigsten Gremien der insgesamt 27 Kommunen als reine Männerrunde oder Beratungskreis mit eher weiblichem Anhang. Kurz: Die Frauen im Landkreis sind in diesen Zirkeln ehrenamtlich engagierter Einwohner meist unterzählig. Als „Spitzenreiter“ erweist sich dabei die Aschberg-Gemeinde Aislingen. Aber nicht weil das „A“ in der Reihenfolge der offiziellen Namensliste der Orte oben steht, sondern wegen des künftigen Ausbleibens weiblicher Denkanstöße. Mit der Zweiten Bürgermeisterin Andrea Sailer hatte sich das einzige feminine Mitglied nicht mehr aufstellen lassen.

    Schwenningen, Bissingen, Finningen und Ziertheim

    Wer nun glaubt, in den Städten Nordschwabens könnten derartige Missverhältnisse zwischen Mann und Frau schon allein aus numerischen Gründen kaum entstehen, dem sei ein Blick in die Donau- und Zusam-Metropolen Dillingen und Wertingen geraten. Dem Stadtrat im „Schwäbischen Rom“ gehören künftig nur noch zwei Rätinnen an. Im Zusamtal bleiben die Mannsbilder – abgesehen von der neuen Zweiten Bürgermeisterin Christine Grandé und einer weiteren Ratsfrau – weitgehend unter sich. Mit ihrem einstelligen Frauenanteil reihen sich die Städte unter so ländliche und frauenmäßig dürftig besetzte Orte wie Schwenningen, Bissingen, Finningen und Ziertheim ein. Besser schneiden da die Donauanlieger Gundelfingen (33 Prozent) und Lauingen (24 Prozent) ab, deren Damen an der Spitze der Kommunen die Geschlechter-Waage zugunsten des „schwachen Geschlechts“ nachjustieren können.

    Das gilt auch für die neugewählte Mirjam Steiner, die sich trotzdem immer noch mit ihren zwei Kolleginnen am Sitzungstisch 14 männlichen Diskutanten gegenüber sieht. Ein Sprung vom Bach- ins Brenztal genügt, um mit Bächingen zu dem Ort mit der höchsten Frauenbeteiligung (50 Prozent) zu gelangen. Dreißiger-Werte erreichen Binswangen, Haunsheim, Zöschingen und Zusamaltheim.

    Im Dillinger Kreistag sind 15 Frauen

    Landrat Leo Schrell, der in „seinem“ Kreistag mit 15 Frauen einen 25-Prozent-Anteil am 60-köpfigen Plenum zusammenbringt, rührt seit Langem kräftig die Werbetrommel für mehr weibliche Mandatsträger. Aber warum haben es Frauen in der Kommunalpolitik so schwer? „Es ist auf keinen Fall etwa Desinteresse an der Kommunalpolitik“, antwortet mit Marion Bussmann eine Gemeinderätin in Laugna, die sich mit Leib und Seele diesem Metier verschrieben hat. „Das alles passiert direkt vor meiner Haustür – eine spannende Sache.“

    Heidi Terpoorten rät, diese Arbeit für den Bürger keinesfalls als Last zu sehen. „Und wenn die Frau doch so darüber denken sollte, dann deshalb, weil sie am Tag ohnehin schon tausend Sachen daheim und in der Arbeit erledigen muss.“ Ähnliche Erfahrungen macht auch Bussmann, die sich bereits in der dritten Wahlperiode für die Allgemeinheit engagiert. „Da gibt es die Angst vor zeitlicher Überlastung und die Mütter denken erst mal an ihre Kinder als an Politisches.“ Und dennoch seien die Geschlechtsgenossinnen außer Hauses keineswegs untätig: „Der Großteil des Vereinsbetriebs wird doch schließlich von Frauen aufrechterhalten.“

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    Freilich kommen bei der ganzen Zurückhaltung auch noch Faktoren wie alte Erziehungsmuster ins Spiel. Marion Bussmann: „Manche trauen sich den Job im Rathaus einfach nicht zu, das ist anerzogen.“ Kreisrätin Heidi Terpoorten gibt ebenfalls zu bedenken, dass „Frauen ihr Licht gern unter den Scheffel stellen und dabei gibt es so viele für unsere Arbeit talentierte von ihnen.“ Als Grünen-Frau schwört sie natürlich auf die Quote, so lange anders keine gerechte Geschlechterverteilung hergestellt werden könne. Von dieser Art der Nachwuchsgewinnung für die Parlamentsarbeit hält Buttenwiesens erster Mann herzlich wenig: „Das stellt für mich ein Armutszeugnis dar, denn diesen Job sollen Leute machen, die dafür am besten geeignet sind“ meint Hans Kaltner und freut sich auf die Zusammenarbeit mit den drei Rätinnen. Um dann hinzuzufügen: „Es hätten ruhig mehr sein können.“ Nicht nur an der Zusam.

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