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Kabarett: „Der bessere Deutsche im Körper eines Ausländers“

Kabarett

„Der bessere Deutsche im Körper eines Ausländers“

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    Der Bonner Kabarettist Özgür Cebe kämpfte im TiF in Frauenriedhausen gegen Fundamentalismus, Rassismus und Fanatismus. 	<b>Foto: Hans Gusbeth</b>
    Der Bonner Kabarettist Özgür Cebe kämpfte im TiF in Frauenriedhausen gegen Fundamentalismus, Rassismus und Fanatismus. <b>Foto: Hans Gusbeth</b> Foto: Hans Gusbeth

    Frauenriedhausen Wer kennt sie nicht die deutschen Kabarettisten und Comedians: Jidil Baydar, Özcan Cosar, Senay Duzcu, Meltem Kaptan. Nie gehört? Dann vielleicht: Kaya Yanar (Was guckst Du?), Bülent Ceylan (Die Bülent-Ceylan-Show), Fatih Cevikkollu (Der Moslem-TÜV)? Irgendwie schon mal gehört, auch Serdar Somuncu oder Abdelkarim. Aber auf jeden Fall Django Asül. Moment, der gilt nicht, der kommt aus Hengersberg und spricht ein schwer verständliches Kanakdeutsch – niederbayrisch.

    Dann eben zurück ins Hochdeutsche, in den Westen der BRD, Nordrhein-Westfalen: Özgür Cebe. Türkische, armenische, kurdische Wurzeln. Gut, damit ist er kein Bayer. Geburtsort aber im deutschen Nirgendwo, also Bielefeld. Immerhin aufgewachsen in Bonn, der Ex-Hauptstadt der

    Vorsicht also TiF-Besucher, vielleicht doch fünfte Kolonne des Paschas aus Ankara. Allerdings dürfte sich Özgür Cebe dort spätestens nach seinen Auftritten in der „heute-show“ nicht mehr blicken lassen. Dabei ist der „optische Moslem“ Gott sei Dank (!) auf seinem künstlerischen Weg von der Türken-Comedy beim politischen und gesellschaftskritischen Kabarett angekommen. Stand-up-Kabarett nennt es der „Political Comedian“. Gut, er kalauert bisweilen vulgär unter der Gürtellinie, die er gern flexibel auf Mario-Barth-Horizontale nach Süden zu verschieben weiß. Doch das ist eher die Ausnahme.

    Denn Cebes Philosophie ist unmissverständlich, aber heutzutage schon wieder nicht mehr ungefährlich: Was bedeutet schon Nation, was Religion, allein der Mensch zählt, genauer: der Charakter des Menschen. Und so hält er den Fundamentalisten aller Religionen, ob Christentum, Judentum oder Islam, in einem nachdenkenswerten Gedicht den Spiegel vor. Kostprobe: „Meine Lehre ist für Blinde, Stumme, Taube – darf ich mich vorstellen: bedingungsloser Glaube.“ Das klingt nach erhobenem Zeigefinger, ist es aber nicht. Es ist zutiefst aufklärerisch, humanistisch. Doch bei allem Ernst bleibt „Ötze“ lustig, humoristisch, unterhaltsam – Lachen gegen Einschüchterung und Angst.

    Denn Rassismus ist für ihn kein Problem bestimmter Nationalitäten, sondern eines von schlichten Charakteren. Dieses „Selbstbewusstsein der Charakterlosen“ verortet er an diesem Abend – oft sächselnd – nicht nur im Osten der BRD, Chemnitz etwa. Denn wenn sich das „Braune“ in uns verhärtet und „blutig“ wird, sind das „politische Hämorrhoiden“. Doch wie, um „Himmlers Willen“, sollen wir den „kleinen Adolf in uns“ bekämpfen?

    Und so rennt der „bewegte Muselmann“ auf dem kleinen Brettl in Frauenriedhausen wie Don Quichote gegen Vorurteile und Mauern in den Köpfen an. Als der „bessere Deutsche im Körper eines Ausländers“ seziert er Absurditäten im Umgang der verschiedenen Kulturen untereinander, entlarvt Vorurteile, prangert diese an und macht sie lächerlich. Denn Özgür „Ötze“ Cebe ist „Born in the BRD“, so der Titel seines höchst politischen und gesellschaftskritischen Programms. Doch ebenso fest steht er auf dem Boden des (rheinischen) Grundgesetzes: Et hätt noch emmer joot jejange könnte der Rheinländer Özgür deshalb sagen, besser noch: „es kütt wie es kütt“. Das aber wären verdächtig viele Diakritika in einem deutschen Satz. Und „ü“-Striche konnte Özgür schon als Waldorf-Schüler nicht tanzen.

    Am 5. Oktober gibt es beim Lauinger Kabarettherbst im TiF ein Wiedersehen mit Frank Grischek und Ralf Lübke zu einem außergewöhnlichen Konzert mit Akkordeon und Gitarre.

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