Bagger haben den tiefen Graben wieder vollgeschüttet. Noch ist die Baustelle mit rot-weißen Schildern abgesichert. Dafür sind die Ampeln weg, Staus gibt es nicht mehr. In den vergangenen Wochen war die Ortsdurchfahrt zwischen Holzheim und Weisingen ein richtiger Verkehrsknotenpunkt. Der Grund: Rund eineinhalb Monate hat ein Expertenteam des Ingolstädter Unternehmens Pro Arch Ausgrabungen an der Römerstraße unternommen. Wie berichtet, fanden diese im Zuge des geplanten Radweges zwischen Holzheim und Weisingen statt. Und die Archäologen waren nicht nur täglich ein Hingucker. Sie haben auch „außerordentliche Funde“ gemacht, wie die Firma am Dienstag in einer offiziellen Stellungnahme erneut bestätigt. Die Fachleute sagen: „Die Funde, die bei dieser Grabung entdeckt wurden, sind insgesamt von außerordentlichem historischen Wert. Nur selten gelingt es, das kulturelle Erbe unserer Vorfahren aus dieser Zeit durch solch gut erhaltene Funde zu veranschaulichen und zu erhalten. Für die Gemeinde Holzheim sind sie einmalig.“ (Bekommt Holzheim einen neuen Supermarkt?)
Wie die alte Römerstraße in Holzheim verlaufen ist
Besonders zu erwähnen seien dabei drei noch gut erhaltene Gräber aus dem frühen Mittelalter. Die Funde werden zwischen das sechste und siebte Jahrhundert nach Christus von den Experten datiert. Zudem, so steht in der Pressemitteilung weiter, konnte auch der Verlauf der alten Römerstraße geklärt werden. Die drei Gräber haben die gleiche Form, die Skelette waren alle mit dem Kopf nach Westen ausgerichtet. Bei einem der Toten handelt es sich um einen Mann. Dies sei, so die Archäologen, daran zu erkennen, dass das Skelett unter anderem ausgeprägte Muskelansätze vorweise. Zur weiteren Auswertung werden die Skelette in das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege gebracht.
Ein Mann aus dem Mittelalter
Das Alter der Gräber ist aus den Grabbeigaben zu erschließen. Dem Mann war ein Sax, ein für die Völkerwanderungszeit beziehungsweise das frühe Mittelalter typisches kurzes Kampfschwert aus Eisen, in die rechte Hand gelegt worden. In diesem Grab wurde auch eine eiserne Gürtelschnalle gefunden. Sowohl Gürtelschnalle als auch der Sax wurden im Block mit der umgebenden Substanz von Pro Arch geborgen. Nun wird alles im Detail untersucht, um auch herauszufinden, welche Materialien neben dem Eisen vor vielen, vielen Jahren für die Ausrüstung verwendet wurden. Auch diese Untersuchungen wird das Landesamt durchführen, teilt es das Expertenteam am Dienstag mit. In den anderen Gräbern wurden zudem noch zwei kleine Messer entdeckt. „Tierknochen zwischen den Unterschenkeln der Skelette lassen darauf schließen, dass den Toten Speisen für die letzte Reise mitgegeben worden sind. Eines der Gräber ist offenbar beraubt worden. Darauf weisen die Knochen hin, die sich nicht mehr in der anatomisch korrekten Lage befinden“, schreiben die Fachleute, die wochenlang vor Ort an der Römerstraße im Einsatz waren. (Archäologen finden in Holzheim alte Knochen)
So haben sie auch festgestellt, wo die alte römische Straße verlaufen sein muss. Die Kiesschicht, die etwa 40 Zentimeter unter der Oberfläche gefunden wurde, zeige, dass die alte Römerstraße parallel zur jetzigen Hauptstraße verlaufe. In dieser Schicht haben sich beispielsweise Fibeln, die zum Festmachen der Kleidung dienten, Anhänger und andere Bestandteile von Kleidung oder Pferdegeschirr befunden, heißt es weiter. Straße und Gräber ziehen in die Ost-West-Richtung.
Holzheims Bürgermeister Friegel ist erleichtert
Insgesamt hat die Ingolstädter Firma sechs Gräben zwischen 20 und 120 Zentimeter Tiefe gefunden – teils aus der keltischen Latènezeit, die etwa die fünf Jahrhunderte vor Christi Geburt umfasst, teils aus der römischen Zeit. „Sie waren vielleicht ein Teil des Straßensystems oder gehörten zu Anlagen am Straßenrand. Dass die Gräber zum Teil in die verfüllten Gräben und die Kiesschicht der römischen Straße eingeschnitten wurden, macht deutlich, dass sie jünger als die Gräben und die Straße sind“, teilt Pro Arch aus Ingolstadt weiter mit. Vermutlich seien die Gräber Teil eines größeren Gräberfeldes, das sich bis unter die heute bewirtschafteten Felder ziehe. Da keine Knochen oder andere Funde zu sehen waren, werde dort nicht weitergegraben. (Ein Skelett legt in Holzheim den Verkehr lahm)
Darüber ist Holzheims Bürgermeister Erhard Friegel froh: „Wenn es einen nichts angeht, ist es interessant. Wenn man Bauherr ist, sieht es anders aus.“ Er sei erleichtert, dass die Archäologen jetzt diese Entdeckungen gemacht haben und nicht während der Baumaßnahme. Vonseiten der Firma Pro Arch heißt es, dass die Grabung, die vom Staatlichen Bauamt Krumbach in Auftrag gegeben wurde, seit Freitag abgeschlossen und archäologisch freigegeben ist.
Die gesetzlich vorgeschriebenen Arbeiten seien frühzeitig begonnen worden und hätten so den geplanten Radwegebau nicht verzögert. Bürgermeister Friegel bestätigt dies: „Wir hatten Glück im Unglück. Es ist jetzt erledigt, bevor wir den Radweg im Herbst noch mal ausschreiben.“ Weil die Angebote nach der ersten Ausschreibung – mit Ausbau der Staatsstraße – zu teuer waren, startet das Verfahren neu.Ob auf die Gemeinde Kosten für die Ausgrabungen zukommen, könne Friegel noch nicht sagen. Aber: „Die Funde haben mich auch total überrascht. Wir haben auf der anderen Seite schon mal gegraben, da war nichts.“ (mit pm)
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