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Höchstädt: Vor vier Jahren war sein persönlicher Lockdown

Höchstädt

Vor vier Jahren war sein persönlicher Lockdown

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    Stefan Lenz hat schon immer gerne mit Holz gearbeitet. Ohne Vorkenntnisse hat er sich Schnitzwerkzeug gekauft und seine eigenen Krippen hergestellt – mit Unterstützung von Frau Roswitha.
    Stefan Lenz hat schon immer gerne mit Holz gearbeitet. Ohne Vorkenntnisse hat er sich Schnitzwerkzeug gekauft und seine eigenen Krippen hergestellt – mit Unterstützung von Frau Roswitha. Foto: Lenz

    Der Dezember ist ein besonderer Monat im Jahreskalender. Es ist die Adventszeit. Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Dieser Dezember geht in die Geschichte ein. Wir sind im Corona-Lockdown. Für Sie, Herr Lenz, ist diese Zeit so oder so eine besondere Zeit, oder?

    Gerade durch den Corona-Lockdown ist dieser Advent für mich noch besonderer als alle vorher. Vor vier Jahren kam für mich überraschend mein persönlicher Lockdown. Nie hätte ich damit gerechnet, genauso wie vor einem Jahr niemand mit Covid gerechnet hat.

    Am Abend des 21. November 2016 blieb Ihr Herz stehen. Auf dem Weg ins Krankenhaus nach Wertingen wären Sie fast gestorben. Es folgte eine lange Zeit im Krankenhaus zwischen Bangen und Hoffen. Wie geht es Ihnen heute?

    Dank hervorragender Mediziner, exzellenter Therapeuten, der Unterstützung meiner Familie, meinem sozialen Umfeld und eigenem Engagement konnte ich den größten Teil meiner Defizite wieder herstellen.

    Von 100 auf 0 – könnte man so Ihr Leben beschreiben? Sie standen aktiv als Erster Bürgermeister der Stadt Höchstädt im Leben und in der Öffentlichkeit. Vom einen auf den anderen Moment war das vorbei. Wie sind Sie damit umgegangen?

    Nicht nur im Rathaus, mein ganzes Leben stand ich gerne in der Öffentlichkeit, beziehungsweise auf einer Bühne. Und plötzlich ist alles weg. Das war die bisher größte Herausforderung meines Lebens. Hier hätte mir Demut geholfen. Ein guter Freund hat zu mir gesagt: Das Wort Demut kennt ein Stefan Lenz nicht und wird es auch nie akzeptieren. Er hat Recht. Ich für mich habe das in „Akzeptanz“ umgewandelt. Also zunächst die Situation wahrnehmen und dann alle vorhandenen Ressourcen nutzen, um das Mögliche und manchmal Unmögliche daraus zu machen. Juliane Werding sang einmal den Song: Man muss das Leben eben nehmen, wie das Leben eben ist. Ich habe diesen Satz für mich ergänzt: ... aber nicht so lassen.

    Wie gehen Sie heute, vier Jahre später, damit um? Vermissen Sie die Politik? Ihre Bühne?

    Die Politik als solche vermisse ich nicht. Mein Ziel war es, Politik im Allgemeinen und Kommunalpolitik im Besonderen anders zu machen. Mehr Transparenz, mehr Offenheit, mehr Respekt, mehr Vertrauen zueinander, partei- und fraktionsunabhängig. Die Realität hat mich gelehrt, dass dies in der Praxis nur suboptimal funktioniert. Die Bühne, oder eine Bühne, vermisse ich schon. Zunächst habe ich geglaubt, ich müsse eine adäquate Bühne suchen. Jetzt akzeptiere ich, dass es nicht die Allianzarena sein muss. Es gibt Bühnen, die zunächst klein erscheinen. Jedoch sind diese Bühnen oft bedeutender und kostbarer für die Menschen und die Gesellschaft als jedes Stadion dieser Welt.

    Wie sieht Ihr Alltag mittlerweile aus? Was ist Ihnen möglich?

    Mein Tag ist mittlerweile alles, nur nicht langweilig. Neben der Tätigkeit als ehrenamtlicher Betreuer, fungiere ich als Berater und Ratgeber für Politiker, Unternehmer, Handwerker oder für Menschen, die Unterstützung oder Rat benötigen.

    Nicht nur, dass Sie ein komplett neues Leben erlernen mussten. Plötzlich ist es auch ruhig(er) um Sie geworden. Als Bürgermeister ist man sieben Tage die Woche gefragt. Als Privatperson Stefan Lenz vermutlich nicht. War das ungewohnt?

    Am Anfang habe ich es genossen, nicht mehr permanent angerufen, angesprochen, gefragt zu werden. Ich habe mich gesellschaftlich zurückgezogen. Mittlerweile bin ich wieder präsent und gefragt.

    Ist es immer noch ruhig in Ihrem Leben? Oder täuscht der Eindruck, dass Sie mehr denn je gefragt sind – auch politisch?

    Dieser Eindruck täuscht nicht. Aufgrund meiner vielseitigen Erfahrungen, Kenntnisse und meiner Netzwerke, werde ich oft um Rat und Unterstützung gebeten. Ich helfe, wo ich kann.

    Ihre Ehefrau und Ihre zwei Kinder haben Sie immer unterstützt, besonders in der schweren Zeit der Krankheit. Freuen Sie sich auf das gemeinsame Weihnachtsfest im kleinen Kreis?

    Ohne meine Familie hätte ich den Weg zurück ins Leben nie geschafft. Sie gaben mir Hoffnung, Kraft und Zuversicht. Sie waren zu jedem Zeitpunkt bereit, alles zu tun, was mir hilft, zurück ins Leben zu kommen. Ich bin dankbar, froh und stolz auf uns vier. Wir werden Weihnachten gemeinsam verbringen. Weil wir erlebt haben, wie schnell sich das ändern kann, sind wir umso dankbarer für diese Stunden der Gemeinsamkeit.

    Bei Ihnen steht unter dem Christbaum eine ganz besondere Krippe, richtig?

    Getroffen. Ich habe immer schon gerne mit Holz gearbeitet und mich entschlossen, zu schnitzen. Ohne Vorkenntnisse habe ich Schnitzwerkzeug gekauft, vom Schreiner Zill in Höchstädt Lindenholz bekommen autodidaktisch losgelegt. Die Krippenfiguren wurden von meiner Frau angemalt. Dazu habe ich noch einen Stall mit Glasdach, Beleuchtung und Musik gebaut. Das ganze in zweifacher Ausfertigung, sodass in jedem Haushalt meiner Kinder Weihnachten Einzug halten kann.

    Am heutigen Montag, 21. Dezember, feiern Sie Ihren 60. Geburtstag. Wobei „feiern“ aktuell eine andere Bedeutung hat. Wie schaut Ihr Jubeltag aus?

    Nachdem weder eine Feier noch ein Treffen mit Bekannten möglich ist, wird das Ganze wohl sehr übersichtlich. Ein guter Freund hat mir gesagt: „Ich stelle dir das Geschenk einfach vor die Haustür. Keine Sorge, ich weiß, dass du keinen Wein magst.“

    Viele Menschen, die diesen runden Geburtstag feiern, blicken in Richtung Ruhestand. Wohin blicken Sie?

    Ruhestand bedeutet für mich, das zu tun, was ich will und nicht, was ich muss. Ich genieße den Luxus zu dürfen, zu können, zu wollen, aber nicht zu müssen. Diese Freiheit fühlt sich richtig gut an.

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