Millionen haben die Stoibers investiert. Das ist kein Geheimnis. Auch nicht, dass die Besitzer des renommierten Restaurants „Zur Glocke“ in Höchstädts Innenstadt seit vielen Jahren die enorme Verkehrsbelastung vor ihrer Haustür bemängeln. Hotel, Restaurant und Wohnung liegen direkt an der Bundesstraße 16. Nun, so führt es Bürgermeister Gerrit Maneth bei der Stadtratssitzung am Montag aus, ist dieses Thema wieder auf der Agenda.
Ab dem frühen Morgen brettern Brummis durch Höchstädt
Mehr noch: Es könnte sich eine mögliche Lösung auftun. „Familie Stoiber hat mit dem Hotelbau auch kräftig in den Standort Höchstädt investiert. Aber als direkte Anwohner an der B16 ist die Freude sehr gedämpft, das sei wohl auch das Feedback ihrer Gäste“, so Maneth. Dabei gehe es vor allem um den Schwerlastverkehr, der ab frühmorgens durch die Höchstädter Innenstadt brettert – von allen Himmelsrichtungen aus.
Es gebe mittlerweile viele Briefwechsel zwischen den Hotelbetreibern, dem Staatlichen Bauamt, dem Landratsamt, den Landtagsabgeordneten und eben der Stadt. In einem offiziellen Schreiben an die Stadt, das dem kompletten Gremium vorliegt, fordert Familie Stoiber die Umleitung auf den Lückenschluss. Sprich: Lastwagen, die von Dillingen kommen, sollen am Lidl-Kreisverkehr in Richtung Schipfelring umgeleitet werden und kämen so erst gar nicht in die Stadt. So der dringliche Wunsch der Stoibers, der laut Bürgermeister Gerrit Maneth in den vergangenen Jahren bislang nicht umsetzbar war. Jetzt habe sich aber – eventuell – eine neue Situation ergeben. In Ichenhausen im Landkreis Günzburg ist seit kurzem die Ortsdurchfahrt für den Schwerlastverkehr einseitig gesperrt. Maneth: „Dort gibt es eine 90-Grad-Kurve, deshalb unter anderem diese Lösung. Ich denke, wir haben bei uns ähnliche Themen: Direkt vor der Glocke ist die Engstelle, Marktplatz, Kindergarten und Schule sind in der Nähe.“ Der Höchstädter Bürgermeister könnte sich vorstellen, dass eben deshalb auch der Präzedenzfall in Ichenhausen für die Stadt Höchstädt umsetzbar sei. Im Klartext: einseitige Sperrung und Schwerlastverkehr über Lückenschluss umleiten.
Maneth: Nur eine temporäre Teilverlagerung
Aber, und das betont Maneth immer wieder in der Sitzung, dabei könne es nur um eine temporäre Teilverlagerung gehen. „Das hat nichts mit der Planung der B16-Umgehung im Norden zu tun. Wir wollen nicht die B16 auf den Lückenschluss bringen, sondern nur eine Zwischenlösung für den Schwerlastverkehr finden“, sagt der Bürgermeister. Es sei auch überhaupt noch nichts spruchreif, es habe noch keine Gespräche mit den Verantwortlichen gegeben. Er wolle seine Räte schlicht über diese mögliche Idee informieren und sich Rückenwind dafür holen, dass er diese Idee in den nächsten Wochen und Monaten angehe.
Da spielt sein Stadtrat aber nicht mit. Eine hitzige Diskussion entflammt – und die beginnt mit Erinnerungen aus dem Jahr 1996. Stadtrat Jakob Kehrle (FW) sagt, dass seit dem damaligen Bürgerentscheid für die Nordumgehung „ständig Verzögerungen unternommen wurden – von allen Seiten“. Dabei sei die Verkehrsbelastung in der Innenstadt längst nicht mehr tragbar. Aber die Zwischenlösung, den Schwerlastverkehr auf den Lückenschluss zu leiten, sei für ihn mindestens genauso untragbar. Kehrle: „Wir geben damit klare Druckmittel aus der Hand. Wir brauchen dringend die Umgehung.“ Zudem sehe er am Schipfelring Sicherheitslücken für die vielen Familien, die im dortigen neuen Baugebiet leben. Es entstehe eine weitere, unnötige Verkehrsbelastung auf einer anderen Straße, und auch die Umweltbelastung erhöhe sich, wenn Lastwagen in den Kreiseln beim Ein- und Ausfahren immer wieder bremsen. Hinzu komme die unnötige Belastung für die dortigen Firmen. „Ich warne ausdrücklich vor dieser Lösung. Wir müssen vielmehr den Druck für die B16-Nord-Umgehung erhöhen und daran weiterarbeiten.“ Hans Mesch, ebenfalls Freie Wähler, hat ähnliche Argumente wie sein Sitznachbar Kehrle, und: „Es darf auf keinen Fall dadurch zu weiteren Verzögerungen für die Umgehung führen.“ Seine Fraktion fordere auch die Prüfung, ob Tempo 30 – zumindest zu bestimmen Uhrzeiten – stadteinwärts möglich sei.
Ein Stau vom Kreisel bis zum Kreisel?
Ludwig Kraus (CSU), Stadtrat und Anwohner B16, sagt: „Die Lösung in Ichenhausen stellt eine neue Situation dar. Es ist ein Unterschied, ob Verkehr an Bürogebäuden oder Wohngebäuden vorbeifließt. Wir sollten dranbleiben.“ Peter Schweyer (Umland) pflichtet ihm bei, dass diese Teilverlagerung für die Industrie zumutbar sei. Aber: „Der Verkehr aus Wertingen ist damit nicht gelöst.“ Das betont auch Jan Waschke (SPD) und er sieht die Gefahr, dass aus einer temporären Teilverlagerung eine ungewollte Dauerlösung entstehe. „Die eigentliche Lösung ist die B16-Nord-Umfahrung.“ Rainer Wanek (Pro Höchstädt) unterstützt diese Meinung: „Habt ihr euch schon mal überlegt, was passiert, wenn der komplette Schwerlastverkehr von Dillingen dort umgeleitet wird? Das staut sich von Kreisel zu Kreisel.“ Die Lösung klinge schön, sei aber keine Lösung. Simone Bschorer (FW) ist ebenfalls strikt gegen die Lückenschluss-Umleitung. Das sei für sie keine Problemlösung, sondern eine Problemverschiebung. Auch Simon Schaller schüttelt den Kopf und sagt: „Da draußen sind viele Familien mit Kindern. Das ist zu gefährlich.“
Günter Ballis (FDP) sieht es gänzlich anders. Man solle den verantwortlichen Politikern und Behörden Vertrauen schenken. Er findet die Teilverlagerung deshalb auch gut und: „Der Verkehr muss aus der Innenstadt raus. Und wenn es nur ein Teil ist. Es ist nur vernünftig, wenn wir dieses Thema angehen.“ Zweiter Bürgermeister Stephan Karg versteht ebenfalls nicht, dass das Gremium schon im Vorfeld von Überlegungen „alles im Keim erstickt“. „Ich finde, es geht auch um ein Zeichen, das wir für die Bewohner der Innenstadt setzen müssen.“ Johann Jall (Umland) ergänzt, dass es um eine Situation gehe, die „jetzt da ist – und nicht, was in fünf Jahren ist.“ Zudem habe man damals Millionen in den Lückenschluss investiert.
Der Bauausschuss entscheidet in seiner nächsten Sitzung
Bürgermeister Gerrit Maneth hört sich alle Argumente an. Dass er mit diesem Tagesordnungspunkt, der nur unter „Informationen“ gegliedert war, so eine Diskussion auslöste, war nicht der Plan. „Noch mal: Es hat nichts mit der B16-Nord-Umgehung zu tun. Aber das dauert eben noch fünf oder sechs Jahre, bis sie kommt. Deshalb muss ich doch jetzt versuchen, etwas für die Entlastung der Innenstadt zu tun. Es geht um eine Spur, die gesperrt werden soll – wenn überhaupt. So weit sind wir doch noch gar nicht“, so Maneth weiter. Es gebe eben dieses Schreiben von Familie Stoiber, das die Idee mit dem Lückenschluss wieder aktuell mache. Gespräche mit Bauamt und Co. hätten noch nicht stattgefunden. „Natürlich muss das alles genau geprüft werden. Ich mache auch nicht dort eine Sicherheitslücke zu und an einer anderen Stelle wieder eine auf. So viel kann man mir durchaus zutrauen“, sagt der Bürgermeister. Das Ergebnis nach einer Stunde Diskussion: In der nächsten Bauausschuss-Sitzung soll entschieden werden, ob diese temporäre Lösung überhaupt vorangetrieben werden soll.
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