Was hat die neue Bundesregierung, die noch gar nicht im Amt ist, mit der B16 zu tun? Aus Sicht der bayerischen Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) viel. Denn in München befürchtet man mit dem Wechsel in Berlin eine Kehrtwende in Sachen Verkehr. Bei einer online übertragenen Konferenz der Industrie- und Handelskammern aus den B16-Anrainerregionen wurden am Freitag Wünsche der Wirtschaft an die Politik geäußert. Eine Frage, die Wirtschaftsvertreter im Landkreis Dillingen unruhig macht: Bedroht der anstehende Regierungswechsel das Projekt B16-Nord in Höchstädt?
Fünf, sechs, vielleicht auch neun Jahre könnte es noch dauern, bis die Nordumfahrung kommt. Das ist zumindest das Zeitfenster, das jüngst im Höchstädter Stadtrat besprochen wurde . Im Hinblick auf die bereits Jahrzehnte andauerende Debatte in der Stadt sind diese paar Jahre zwar nur ein Klacks.
Doch der Regierungswechsel in Berlin verunsichert ganz offensichtlich die Akteure, die sich für den Bau einer Nordumfahrung einsetzen. Die IHK Schwaben, Oberpfalz und Oberbayern haben sich auf der Konferenz am Freitag über den aktuellen Stand ausgetauscht und der Ministerin ein Positionspapier überreicht. „Wir stehen vor einem Regierungswechsel. Der Einfluss Bayerns auf die Bundespolitik wird sinken“, hieß es. Gerade in puncto Straßenbau sind die Unternehmensvertreter in Sorge, denn sie fürchten, dass die neue Regierung Straßenbauprojekte auf ihre Notwendigkeit überprüfen wird. Zudem könne der Flächenverbrauch als Kriterium in den Bundesverkehrswegeplan Einzug halten, wenn die Grünen in einer Ampelkoalition mitregieren.
Wirtschaftsvertreter: Achse ist essenziell
Die Unternehmer haben indes eine klare Meinung. „Die Achse ist essenziell wichtig“, sagt Gregor Ludley. Der 51-Jährige ist Geschäftsführer der Höchstädter Metallverarbeitungsfirma Nosta und Vorsitzender der IHK-Regionalversammlung Dillingen. Zur der Konferenz hat er sich per Video zugeschaltet. Am Telefon sagt er später: „Wir sehen es als extreme Unsicherheit, dass mit der neuen Regierung vielleicht Projekte in der Region auf den Prüfstand gestellt werden.“ Die B16-Nord in Höchstädt sei ein wichtiger Baustein für die Gesamt-Verkehrsachse zwischen Ingolstadt und Günzburg. Die müsse umgesetzt werden, denn eine gute Anbindung sei aus wirtschaftlicher Sicht ein wichtiger Wettbewerbsvorteil.
Nur ein kleiner Teil der B16 verlaufe durch den Kreis Dillingen, doch ohne Autobahnanschluss sei die Bundesstraße im Kreis umso bedeutender, betont Ludley. Das sagte in der Konferenz auch Andreas Dirr, Vorsitzender der IHK-Regionalversammlung Donau-Ries. Vor allem deshalb, weil in der Region viele mittelständische Unternehmen ihren Sitz hätten, die aber auf dem Weltmarkt mitspielten. Es sei schwierig, Fachkräfte für diese Firmen zu finden. Die Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes, so Dirr, spiele dabei eine große Rolle.
Das bestätigt auch Gregor Ludley. Er habe vor kurzem einen Bewerber in seiner Firma gehabt, der aus Günzburg kam. „Der musste ewig hinter einem Lkw herfahren und hat sich sehr gewundert, wie lange es dann dauert, bis man in Höchstädt ist.“
IHK: "Es gibt entlang der B16 zu viele Ampeln und Kreisverkehre"
Die Verkehrssituation auf der Bundesstraße stufen die Wirtschaftsvertreter grundsätzlich als unzureichend ein. „Die B16 entspricht keiner leistungsfähigen logistischen Infrastruktur“, sagte Peter Kammerer, stellvertretender Geschäftsführer der IHK München und Oberbayern. Es gebe noch zu viele Ampeln, Kreisverkehre – zu wenige Umfahrungen. Bayerns Verkehrsministerin Schreyer stellte fest, dass Straßenplanungen häufig auf Widerstand stoßen. „Bei jedem Verkehrsprojekt kommt nachher der Shitstorm auf Twitter.“
Klagen erwartet Gregor Ludley auch bei der B16-Nord in Höchstädt, die Situation sei hier eine besondere. Denn um die Innenstadt zu entlasten, soll jetzt eine innerörtliche Entlastung durch den Ausbau und die Fortführung des sogenannten Lückenschlusses in Richtung Donauwörth kommen. Ludley befürchtet, dass dann vor Gericht ein Argument für die Nordtrasse wegfalle und die Straße eventuell nicht mehr gebaut werden könne. „Ich bin nicht gegen eine Innenstadtlösung, aber ich sehe die Gefahr, dass bei einer kreuzungsfreien Ableitung im Osten, wie es mit dem Kamelbuckel geplant ist, die Nord-Umfahrung nicht mehr umgesetzt wird.“
Schreyer fürchtet, dass Ampel sich auf die Schiene fokussiert
Dass es die B16-Nord in Höchstädt auf jeden Fall brauche, darüber gibt es auch vonseiten der Firma Grünbeck keine Diskussionen. Geschäftsführer Günter Stoll betont im IHK-Positionspapier: „Umgehungsstraßen durch Gewerbegebiete sind keine Lösung, denn auch bei Menschen an Arbeitsplätzen besteht ein Schutzbedürfnis gegen Verkehrslärm.“ Die sich abzeichnende Ampelkoalition mit den Grünen könne dagegen ihren Fokus auf die Schiene legen, befürchteten die Konferenzteilnehmer und auch Ministerin Schreyer.
„Aber wir werden nicht alle Weiler mit der Schiene erschließen und alle Güter auf die Schiene bringen“, sagte die CSU-Politikerin. Der Freistaat stelle jedes Jahr 95 Millionen Euro für den Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs zur Verfügung, doch das Geld werde teils nicht abgerufen. In ländlichen Regionen sei ein Straßenausbau zwingend erforderlich. Schreyer macht eines deutlich: „Der Freistaat steht hinter Ihnen.“ Doch wenn der Bund entscheide, sein Geld in andere Projekte als die B16 zu stecken, könne man auch in München nicht viel helfen.
Wie geht es jetzt mit der B16-Nord weiter?
Doch wie ist der aktuelle Planungsstand bei der B16-Nord? Nachdem ein neues Gutachten zum Wasserschutzgebiet vorgelegt und der Bau eines Brunnes beschlossen wurde, laufen derzeit die Vorbereitungen für ein Planfeststellungsverfahren. Höchstädts Bürgermeister Gerrit Maneth sieht keinen Grund, nervös zu werden. „Es gibt keinen neuen Sachstand. Die Gespräche, die ich mit Politik und Behörden führe, sind vielversprechend.“ Höchstädt habe seine Hausaufgaben gemacht, etwa durch den Start des Verfahrens zur Festsetzung des Wasserschutzgebiets. „Wenn die Politik ihr Wort hält, sollte dem Bau der B16 nichts im Weg stehen.“ Für die Planungen sei ohnehin das Land und nicht der Bund zuständig.
Im Juli hat Maneth einen offenen Brief unter anderem an die Verkehrsministerin geschickt. Darin bekräftigten er und weitere B16-Nord-Befürworter, dass der Ausbau nach dem Brunnen-Beschluss nun priorisiert in Angriff genommen werden könne. Laut Bürgermeister Maneth gebe es bislang vom staatlichen Bauamt noch keine detaillierte Linienführung.