Diskussionen? Gibt es nicht. Fragen? Alle beantwortet. Einstimmiges Abstimmungsergebnis? Fehlanzeige. Warum nicht? Weil, so formuliert es Fraktionssprecher Johann Jall: „Wir erwirtschaften ein Minus, der Verwaltungshaushalt schließt mit einem Defizit ab. Ein Betrieb könnte das nicht machen.“ Und das, obwohl sogar Gebühren erhöht werden würden – Friedhof, Abwasser, Kindergarten, Grundsteuer und Gewerbesteuer. Vor allem die Erhöhung des letzten Postens sei für Jall und das Umland, wie er am Montag bei der Höchstädter Stadtratssitzung betont, das „falsche Signal und nicht gerechtfertigt, dass wir das machen“. Jetzt, mitten in der Corona-Pandemie, wo allen Geld gekürzt werde. Dem gegenüber würden im Haushalt für 2021 freiwillige Leistungen in Höhe „von bis zu 440.000 Euro an einen einzelnen Verein stehen“. Jall weiter: „Das ist unsolidarisch, deshalb werden wir dem Haushalt nicht zustimmen.“
Bürgermeister bricht Diskussion schnell ab
Dass es sich um den Sportverein Höchstädt, genauer gesagt um das Projekt Zukunft handelt, ist kein Geheimnis. Stadtrat und Vereinsvorsitzender Jakob Kehrle (Freie Wähler) muss tief und hörbar durchatmen: „Alle Zahlungen, die die Stadt macht, muss sie machen. Die Stadt hat Verträge und ist dazu rechtlich verpflichtet. Mir reicht es mit diesen Schießereien“. Auch Bürgermeister Gerrit Maneth reicht es, deshalb bricht er eine weitere Diskussion schnell ab, denn: Die große Mehrheit seines Gremiums steht hinter dem aufwendigen Zahlenwerk, das federführend Kämmerer Alexander Ernst ausgearbeitet hat. Und das, so Maneth weiter, ist dieses Jahr wieder eine große Herausforderung gewesen. „Der Haushalt war geprägt von den Erfahrungen im letzten Jahr und einem deutlichen Hinweis der Rechtsaufsichtsbehörde“, so Maneth. Heißt konkret: Die Stadt muss sich – mit Hintergrund der teuren Schulsanierung – in den nächsten Jahren auf die Pflichtaufgaben konzentrieren. Und das ohne eine zusätzliche Darlehensaufnahme.
Deshalb hat der Finanzausschuss schon vor der finalen Abstimmung kräftig den Rotstift angesetzt. Einige Ausgabepositionen, die nach den Beratungen im Finanzausschuss für dieses Jahr gestrichen oder gekürzt wurden (in Euro): Sanierung Stadtpfarrkirche: 70.000 statt 100.000, Projekt Zukunft: 237.000 statt 437.000, Sanierung Straße „Molberg“: gestrichen, Asphaltschicht Baugebiet Schwennenbach: gestrichen, Rad- und Gehwegbeleuchtung entlang Bleiche: gestrichen, Wegebau im Wald: 5000 statt 15.000, barrierefreier Bahnhof/Planung: 5000 statt 20.000. Trotz der Kürzungen und Verschiebungen auf die nächsten Jahre werde es der Stadt heuer nicht langweilig, die Projekte- und Aufgabenliste sei lang.
Norma, B16, Krippe, Baugebiet
Die wichtigsten Ziele für das laufende Jahr laut Maneth: Fertigstellung IBIZ und Herzogin-Anna-Rundweg, Neubau Krippe bei Adolph Kolping, Sicherstellung von Norma im Zentrum, Unterstützung der SSV Höchstädt, Entscheidung über die künftige Trinkwasserentscheidung, große Investitionen beim Thema Abwasser (Klärschlammpresse), Generalsanierung Grund- und Mittelschule, Umsetzung des Verkehrskonzeptes 2023, Vorantreiben der B16 Nord, kalte Nahwärme im Baugebiet Unterfeld, Grundstücksverkäufe, Bau- und Gewerbegebiete – auch in den Stadtteilen –, Feldwege- und Brückensanierungen, ... die Liste ist lang. „Es ist ein geballtes Paket an wichtigen, aber auch interessanten Aufgaben, die wir gemeinsam in diesem Jahr angehen und umsetzen werden, um eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung unserer Stadt und unserer Stadtteile sicherstellen zu können“, betont der Bürgermeister bei der Stadtratssitzung.
In Zahlen bedeutet das: Der Verwaltungshaushalt schließt mit knapp 14 Millionen Euro fast mit dem gleichen Ergebnis wie 2020 ab. Im Vermögenshaushalt wurden Projekte um zwei Millionen Euro gekürzt, dafür braucht es keine neuen Schulden. Mit rund neun Millionen Euro liegt er circa zehn Prozent unter dem Vorjahr. Das ist aber nur möglich, weil die Stadt Höchstädt dieses Jahr eine Rücklagenentnahme in Höhe von 1,2 Millionen Euro einplant – 3,8 Millionen Euro bleiben für die anstehenden Pflichtaufgaben übrig. Was wiederum nur aufgrund des Sollüberschusses in Höhe von rund 4,3 Millionen Euro von 2020 möglich ist.
Und auch wenn die Mehrheit für das Zahlenwerk abstimmt, so bleibt ein fader Beigeschmack. So schreibt Ludwig Kraus, Fraktionssprecher CSU/Junge Union, in seiner Stellungnahme: „Die aktuelle Verschuldungs- und Haushaltsituation samt der laufenden Schulsanierung zeigen schmerzhaft auf, dass die Stadt in den kommenden Jahren wohl kaum einen finanziellen Spielraum haben dürfte für nicht notwendige Investitionsmaßnahmen.“ Aufgrund der Pandemie verzichten die Fraktionen auf Statements in der öffentlichen Sitzung. Ihr Stellungnahmen liegen der Redaktion vor.
Ein Haushalt für die Stadtentwicklung
So schreibt Hans Mesch (Freie Wähler/Junges Höchstädt), dass die „Stadt auch weiterhin ein verlässlicher und zuverlässiger Partner“ und das trotz der finanziellen Einschränkungen der Etat für das laufende Jahr geprägt von wichtigen Maßnahmen für die Stadtentwicklung ist. Jan Waschke, Fraktionssprecher SPD/FDP/Pro Höchstädt, formuliert es so: „Die Einstellung finanzieller Mittel für die Generalsanierung der Grund- und Mittelschule, das Projekt Zukunft der SSV, die anstehenden Investitionen in unsere Infrastruktur, Straßenbauprojekte, aber vor allem auch in die Neuausweisungen von Baugebieten halten wir für ausdrücklich wichtig und zukunftsweisend.“ Darin sind sich fast alle Stadträte einig und verabschieden den Etat. Nur das Umland hebt die Hand gegen das Zahlenwerk.
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