Eines ist Günter Stoll besonders wichtig. Das betont er immer wieder. Sein Unternehmen sei kein Corona-Gewinner. Aber Verlierer definitiv auch nicht. Aktuell verzeichnet die Höchstädter Firma Grünbeck ein Plus von 16 Prozent im Auftragseingang im Vergleich zum Vorjahr. „Unsere Produkte sind systemrelevant und wir haben damit eine gesellschaftliche Verantwortung. Wenn wir mit diesen Zahlen in die Vergangenheit schauen, dann müssen wir auch anders vorausschauen“, so Stoll weiter. Heißt: Die Wasseraufbereitungsfirma will bis 2040 zwischen 80 und 100 Millionen Euro am Standort Höchstädt investieren. Damit sollen unter anderem die Produktions-, Logistik- und Bürogebäude erweitert werden.
Grünbeck will in 20 Jahren 500 Millionen Umsatz machen
Geschäftsführer Günter Stoll stellt die Pläne am Montagabend dem Höchstädter Stadtrat vor. Er präsentiert dabei beeindruckende Zahlen. Sind 2015 rund 15000 Enthärtungsanlagen produziert worden, so waren es 2019 bereits 35000. Die Zahl für dieses Jahr würde die „40“ laut Stoll übersteigen. „Manchmal haben wir den Eindruck, dass der ein oder andere uns unterschätzt“, sagt er. Mit 40 Prozent Marktanteil sei die Firma Grünbeck dabei unumstritten der Marktführer in Deutschland. Das Unternehmen habe seine Hausaufgaben gemacht und viele richtige Entscheidungen getroffen.
Den größten Anteil am Erfolg hätten aber die Mitarbeiter, das ist dem Geschäftsführer immens wichtig. Er sagt: „Wir haben die besseren Mitarbeiter und damit die besseren Produkte.“ Dieser Erfolg und der Blick auf die vergangenen zehn Jahre würden eben ein anderes Vorausschauen fordern. Bei einem Plus von 16 Prozent „hecheln wir auch hinterher, die Hallen sind vollgestopft“. Von Effektivität und Effizienz sei man aktuell weit entfernt, deshalb „wollen wir das ganz große Rad drehen“. Das angestrebte Ziel für die Planungen ist dabei sportlich: 500 Millionen Euro Umsatz in 2040. Eine halbe Milliarde Euro. „Das ist es, was uns antreibt. Wir stellten uns bei den Planungen die Frage, was wir jetzt tun müssen, um das umzusetzen. Und es ist klar: Wir müssen jetzt investieren.“
Die Erweiterungsmaßnahmen sind untereilt in verschiedene Phasen
Dabei wolle man mit dem „Blick der schwäbischen Hausfrau“ agieren. Sprich: Was finanziell möglich ist, wird gemacht. Mehr nicht. Deshalb sind die Erweiterungsmaßnahmen in verschiedene Bauphasen unterteilt, alle sind unabhängig voneinander. Für den ersten Abschnitt hat der Grünbeck-Aufsichtsrat bereits grünes Licht gegeben. Nächstes Jahr, so Günter Stoll, wolle man mit dem Bau der neuen Hallen loslegen. Die ersten 30 Millionen Euro sind dafür eingeplant. Bis zu zwei Jahre kann es dauern, bis die Hallen bezugsfertig sind. Deshalb, so der Geschäftsführer weiter, gebe es noch keine konkreten Zahlen, wie viele Mitarbeiter mehr am Standort in naher Zukunft eine neue Arbeitsstelle finden könnten. Aber: „Mit der neuen Werksstruktur schaffen wir die Voraussetzungen für die Zukunft des Unternehmens am Standort Höchstädt.“
Dafür hat der Grünbeck-Chef aber „drei dringliche Wünsche“ an die Stadt, wie er es am Montag in der Sitzung betont. An oberster Stelle stehe die Bitte, dass die Entwicklung der Firma nicht blockiert werde. Dazu zähle unter anderem der Bau einer Entlastungsstraße am Rand des Firmengeländes entlang der Bahn. Diese sei bereits in einem Notarvertrag von 2016 zwischen der Stadt Höchstädt und Grünbeck vereinbart worden. Aber: „Aktuell würde sie mit den Planungen für die Bahnunterführung kollidieren“, erklärt Stoll. Die Firma habe bereits erste Überlegungen unternommen, wie die Straße deshalb anders verlaufen könnte – geradeaus und nicht mit Kurve in Richtung Unterführung.
Aber, so Günter Stoll weiter, dabei sei ihm und dem Unternehmen wichtig, dass mit diesem Bau nicht die B16-Bahntrasse durch die Hintertür komme. Deshalb müsse die neue Straße dementsprechend dimensioniert werden. Sei es, dass es nur eine Gewerbestraße werde. „Das ist die bessere Übergangslösung bis zur B16 Nord. Denn auch für uns ist kein weiterer Schwerlastverkehr mehr zu ertragen.“ Und damit ist Stoll bei seinem zweiten Wunsch. Der Verkehr über die Lutzinger Straße sei für seine Mitarbeiter schon jetzt eine absolute Zumutung und die Lärmbelästigung unerträglich. Er spricht die Diskussion in den vergangenen Wochen rund um den Lückenschluss an. „Bei allem Verständnis für Familie Stoiber und die Bürger in der Innenstadt: Auch wir haben eine Fürsorgepflicht gegenüber unseren Mitarbeitern, und eine weitere Schwerlastverkehrsbelastung ist nicht akzeptabel.“
Welche Rolle die B16 Nord für das Vorhaben der Firma Grünbeck spielt
Die Grundlage für das gigantische Millionenprojekt am Standort Höchstädt war aber eine andere. „Wir haben vom Bauministerium die Zusage, dass eine B16 im Norden im Verkehrsplan steht. Das ist unsere Planungssicherheit. Die B16 Nord muss so schnell wie möglich gebaut werden, das ist unser klares Bekenntnis zur Trasse“, sagt Stoll, und weiter: „Wenn eine Bahntrasse kommen würde, dann würden wir sicher nicht am Standort Höchstädt investieren. Eine B16 quer durch das Gewerbegebiet behindert ein Unternehmen.“
Das will der Höchstädter Stadtrat nicht. Einstimmig unterstützt das Gremium die Pläne von Grünbeck – inklusive Berücksichtigung aller Wünsche. Zumindest gibt es keinerlei Diskussionen und überraschend wenig Wortmeldungen. Die erklärt Bürgermeister Gerrit Maneth so: „Wir haben angesichts der langen Tagesordnung ausgemacht, dass sich die Fraktionssprecher melden und nicht jeder einzelne Stadtrat.“ Klappt – fast. Günter Ballis (FDP) sagt: „Es muss unser Interesse sein, dass die Straße im Norden gebaut wird. Es darf keine weitere Diskussion um die Bahntrasse mehr stattfinden.“ Auch Hans Mesch (FW) betont, dass er und seine Fraktion alles dafür tun würden, damit Grünbeck die „besten politischen Rahmenbedingungen“ hat. Parteikollege Jakob Kehrle ergänzt, dass es ab sofort „keine Verhinderer mehr geben darf“. Armin Hopfenzitz (Umland) arbeitet seit mehr als 30 Jahren bei Grünbeck. Er sei stolz, dass es in der Stadt solch ein Unternehmen gebe, wie er sagt. Thomas Schmitt (CSU) macht es kurz: „Wir als Fraktion tragen alles mit. Auch die Entlastungsstraße.“ Jan Waschke (SPD) unterstützt seine Vorredner, er hat aber Bauchweh bezüglich der geplanten Entlastungsstraße. „Ich habe Bedenken, dass es keine temporäre Lösung an der Bahn bleibt.“
Grünbeck-Chef Stoll appelliert deshalb an den Stadtrat: „Ich habe absolut verlässliche Zusagen, dass die Bahntrasse keine Option ist. Das war die Grundlage unserer Planung. Sie könnten das Drama nach 25 Jahren beenden. Stehen Sie zusammen und ziehen Sie gemeinsam eine klare Linie durch.“ Dafür gibt es Beifall von den fast 40 Zuhörern, die am Montag die Sitzung in der Höchstädter Nordschwabenhalle verfolgen. Und es gibt ein zustimmendes Nicken von Bürgermeister Gerrit Maneth. „Danke, dass Sie der Stadt die Treue halten. Sie sind ein fairer und wichtiger Partner und der größte Arbeitgeber in Höchstädt.“
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