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Höchstädt: Embryonenspende-Prozess: Neue Hoffnung für kinderlose Paare

Höchstädt

Embryonenspende-Prozess: Neue Hoffnung für kinderlose Paare

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    Manche Frauen können auf natürlichem Weg nicht schwanger werden. Eine Möglichkeit in diesem Fall ist eine Embryonenspende.
    Manche Frauen können auf natürlichem Weg nicht schwanger werden. Eine Möglichkeit in diesem Fall ist eine Embryonenspende. Foto: Felix Heyder, dpa

    Der Vorsitzende Richter Christian Grimmeisen hat die zwei Wörter „keine Strafbarkeit“ gerade ausgesprochen, da ist von der Anklagebank ein laut hörbares Durchatmen zu hören. Hans-Peter Eiden schlägt die Hände vor dem Gesicht zusammen, schüttelt mit dem Kopf und schaut ungläubig in Richtung Richtertisch. „Damit hätte ich nicht gerechnet“, sagt er kurz darauf.

    Eiden ist Vorsitzender des Netzwerks Embryonenspende mit Sitz in Höchstädt. Zusammen mit zwei anderen Vereinsvorständen muss er sich am Donnerstag vor dem Landgericht Augsburg verantworten. Das Urteil ist eines mit Folgen. Nicht nur, dass Eiden und seine Kollegen freigesprochen werden – das Schöffengericht um Grimmeisen stellt außerdem klar, dass die Arbeit des Netzwerkes voll und ganz legitim ist.

    Urteil der Augsburger Landgerichts gibt kinderlosen Paaren Hoffnung

    Ein Standpunkt, der den des Amtsgerichts Dillingen korrigiert – zur Freude von Eiden und seinen Kollegen. Im März erklärte das Amtsgericht die Praxis, sogenannte „imprägnierte Eizellen“ zu vermitteln, damals als unzulässig. Weil die Angeklagten bei diversen Behörden nachgefragt und keine Antworten erhalten hatten, konnten sie nicht wissen, dass sie gegen das Gesetz verstoßen. Es kam also zum Freispruch (hier finden Sie Hintergründe zum Prozess in Dillingen).

    In den vergangenen Monaten musste das Netzwerk trotzdem seine Arbeit stark zurückfahren. Die Verantwortlichen konnten sich nicht mehr auf den sogenannten „unvermeidbaren Verbotsirrtum“ berufen. In der Folge musste das Netzwerk sowohl Spender- als auch Empfängerpaare vertrösten (lesen Sie hier mehr dazu). Mit dem Berufungsprozess am Landgericht hat sich das geändert.

    Die Erleichterung bei Eiden und den zwei mitangeklagten Ärzten aus München und Regensburg nach dem Urteilsspruch ist hör- und spürbar. Eiden spricht von einer „Renaissance“ für die Arbeit des Netzwerks, von einer „Signalwirkung“ für ungewollt kinderlose Paare in ganz Deutschland. Schon das Urteil in Dillingen hatte damals für Aufsehen in der Branche gesorgt. Auch dieser Prozess wird über die Grenzen der Region hinaus Beachtung finden. Denn: Die Gerichte behandeln eine Thematik, die der Gesetzgeber bislang vernachlässigt hat.

    Netzwerk vermittelt unter anderem imprägnierte Eizellen

    Das Landgericht hat nun entschieden, dass sogenannte imprägnierte Eizellen als befruchtet gelten – und ist damit einer Richtlinie der Bundesärztekammer gefolgt, die in diesem Sommer öffentlich wurde. Bei imprägnierten Eizellen ist das Spermium in die Eizelle eingedrungen, beide haben sich aber noch nicht vereint. Alleine das Eindringen des Spermiums sei dabei der „initiative Startpunkt“ für ein unumkehrbares genetisches Programm, das in der Folge abläuft. Die Zelle gilt deshalb als befruchtet, so Richter Grimmeisen.

    Für die Arbeit des Netzwerkes, das unter anderem auch imprägnierte Eizellen vermittelt, ist diese Einschätzung elementar. Die Weitergabe von unbefruchteten Eizellen ist in Deutschland strafbar. Die Staatsanwaltschaft Augsburg bewertete die imprägnierten Eizellen als unbefruchtet und die Praxis des Netzwerkes demnach als illegal.

    Eiden kritisiert diese Haltung in seinem Plädoyer. „Diejenigen, die Leben fördern und nicht vernichten möchten, werden kriminalisiert.“ 33 Kinder seien durch die Arbeit des Netzwerkes auf die Welt gekommen. „Kinder, die ansonsten im Müll gelandet wären.“ Eiden erhalte immer wieder Bilder der glücklichen Paare, die erst durch die Embryonenspende Eltern wurden. „Es macht mich stolz, dass ich daran mitwirken konnte.“

    Richter Grimmeisen ist auf der Seite des Netzwerkes. Das Vermitteln von überschüssigem Genmaterial an Paare, die damit die Chance auf Nachwuchs erhalten, sei eine „höchst lobenswerte Arbeit“, so Grimmeisen. Das Glück dieser Elternschaft sei „nicht zu unterschätzen“. Er betonte jedoch, dass der Gesetzgeber in diesem Bereich klar gefordert ist, und empfahl der Staatsanwaltschaft, in Revision zu gehen, um die Angelegenheit auch durch die nächste Instanz klären zu lassen.

    Einen Kommentar zum Gerichtsprozess in Dillingen und zur Thematik Embryonenspende finden Sie hier.

    Hintergründe zum Streit um die Embryonenspende finden Sie hier.

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