Es sind weit mehr Bürgerinnen und Bürger an diesem Donnerstagabend in die Nordschwabenhalle gekommen als angemeldet. 25 sollten es laut Höchstädts Bürgermeister Gerrit Maneth sein. Anwesend sind etwa 70. Und es werden im Lauf des Abends noch ein paar mehr. Es geht – wieder einmal – um das neue Wasserschutzgebiet – und schließlich auch um die B16 Nord. Von beidem sind die meisten Anwesenden alles andere als begeistert.
Bereits im Juli hatte der Höchstädter Stadtrat die Neuausweisung des Wasserschutzgebiets beschlossen. Wie das alte, liegt auch das neue nördlich von Deisenhofen zwischen Höchstädt und Mörslingen, ist aber um einige hundert Meter nach Norden gerutscht. Allerdings wird es deutlich größer. Während das alte nur bis zur DLG 25 von Deisenhofen nach Lutzingen reichte, geht das neue fast bis nach Mörslingen. Und genau das kritisieren bei der Infoveranstaltung betroffene Bürgerinnen und Bürger.
Wäre das Wasserschutzgebiet weiter südlich, könnte die B16 Nord um Höchstädt nicht gebaut werden
Bevor es so weit ist, stellt Geologe Dr. Bernd Hanauer sein hydrogeologisches Gutachten vor – mitsamt aktualisierter Flurkarte. Wie schon vor drei Monaten im Stadtrat legt er die Argumente für den neuen Brunnenstandort dar, wegen dem das Wasserschutzgebiet so aussieht, wie es nun mal aussieht: gute Wasserqualität, günstige Bohrungsbedingungen, eine entsprechend ausgebaute Straße, bessere Deckschichten sowie Grundstücke, die bereits als Vorrangflächen für solche Schutzgebiete ausgewiesen sind. Und: Testbohrungen ergaben „keine vorteilhaftere Lösung“.
Seit Juli hat sich das geplante Wasserschutzgebiet verändert. Ein Grundstück im Norden, das nur zum Teil betroffen ist, wurde im neuen Plan geteilt. So fällt statt des ganzen Ackers nur ein Teil in das Schutzgebiet. Außerdem liegt die Grenze im Westen nicht mehr direkt an der Bebauung von Mörslingen, sondern rund 300 Meter vor dem Ort. Die Änderung kann laut Hanauer mit der Fließgeschwindigkeit des Grundwassers begründet werden. Bevor die Bürgerinnen und Bürger zu Wort kommen, stellt der Geologe klar: Das Wasserschutzgebietsverfahren starte erst Ende kommender Woche. Dann können Betroffene schriftlich beim Landratsamt Einwände erheben.
Unter den Anwesenden sind am Donnerstag auch viele Landwirte, deren Äcker im neuen Schutzgebiet liegen. Sie erhalten von der Stadt künftig höhere Entschädigungen. Die Regelvergütung liegt bei 200 Euro pro Hektar und Wirtschaftsjahr. Damit hat man sich der Rieswasserversorgung angeglichen. Dafür müssen die Landwirte aber mit Einschränkungen leben: Der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen ist in Schutzzone II (auf der Karte grün) gänzlich verboten, ebenso das Düngen mit Gülle, Jauche und Festmist. Klärschlamm hat im Wasserschutzgebiet nichts verloren. Der Katalog mit allen Einschränkungen und Verboten findet sich auf der Internetseite der Stadt Höchstädt, ebenso die Flurkarte. All das, sagt schließlich Bürgermeister Maneth, sei „sicherlich kein großer Trost für alle“. Er betont, dass auch die Stadt ein kleineres Wasserschutzgebiet bevorzugt hätte, immerhin müsse man jetzt jährlich 45.000 Euro Entschädigung zahlen, die auf die Verbraucher umgelegt werden. Dass das Gebiet fast bis nach Mörslingen reicht, sei ihm „überhaupt nicht recht“.
Als dann die Bürgerinnen und Bürger zu Wort kommen, machen viele ihrem Ärger und ihrem Misstrauen Luft. Wieso das neue Schutzgebiet überhaupt nach Norden wandert, will ein Fragesteller wissen. Hanauer erklärt, dass das mit dem Brunnenstandort zu tun habe. Mit ihm ändere sich auch das Einzugsgebiet fürs Grundwasser. Der Fragesteller vermutet aber einen anderen Grund: Wenn das Gebiet weiter südlich liegen würde, könnte die B16 Nord nicht gebaut werden. Maneth entgegnet, dass auch im Süden Versuchsbrunnen gebohrt worden seien. Der beste Standort liege aber im Norden. „Wenn wir das so realisieren, ist das für die B16 gut. Aber die beiden Themen haben sich nicht beeinflusst“, betont er.
Sollen die Landwirte wegen dem Wasserschutzgebiet in Höchstädt noch mehr Geld bekommen?
Geplant ist, dass die Bewirtschafter der betroffenen Äcker entschädigt werden. Und die Besitzer? Immerhin, sagt einer, müsse davon ausgegangen werden, dass der Wert der Grundstücke sinke. Hanauer zufolge gibt es dafür aber kein Geld. Er verweist auf ein höchstrichterliches Urteil und den Grundsatz der Sozialbindung von Eigentum. In dem Zusammenhang bringt ein Zuhörer auch vor, die Stadt habe sich bis zur Erhöhung der Ausgleichszahlungen im September jahrelang Geld gespart, nämlich 30 Prozent. „Jetzt könnte man ja sagen, die Bewirtschafter bekommen 30 Prozent mehr.“ Als Ausgleich für die jahrelang geringeren Entschädigungen. Die Anregung will Maneth „mitnehmen“, wie er sagt.
Stadtrat Johann Jall will wissen, wieso das Einzugsgebiet für den neuen Brunnen drei Kilometer lang sei. In Steinheim, sagt er, seien es nur 1,9 Kilometer. „Für mehr Wasser, als in Höchstädt jemals gefördert werden wird.“ Hanauer erklärt, das habe mit der Grundwasserfließgeschwindigkeit von 6,5 Metern pro Tag zu tun. Deshalb muss die Entfernung ungefähr drei Kilometer betragen. Man habe sie aber bereits auf 2,7 Kilometer reduzieren können. Maneth will sich bei der Rieswasserversorgung erkundigen, „ob es da doch noch Spielraum gibt“.
Ein Landwirt schimpft: "Was können wir dafür, dass das Wasserschutzgebiet so groß wird?"
Auch Finningens Bürgermeister Klaus Friegel meldet sich zu Wort: Mörslingen sei „umzingelt von Wasserschutzgebieten“, klagt er. Im Westen das Bergheimer Ried, im Norden die Rieswasserversorgung und im Osten Höchstädt. Dazu komme im Süden das Hochwassergebiet. Die Gemeinde sei „sehr eingeschränkt“. Und Friegel gibt sich misstrauisch: Als die B16-Umfahrung um Dillingen geplant wurde, habe das Wasserschutzgebiet auch zufällig genau so gelegen, dass die Straße Platz hat.
Ein Landwirt schimpft, dass es nach der Entscheidung für die höheren Ausgleichszahlungen geheißen habe, die Landwirte seien Schuld daran, dass das Wasser teurer werde. „Was können wir dafür, dass das Schutzgebiet so groß wird?“ Daraufhin schallt Applaus durch die Halle.
Ein Mörslinger fragt, warum man den Brunnen nicht einfach 500 Meter nach Osten legt. Dann wäre das Schutzgebiet weiter entfernt. Laut Hanauer hat das mit einem Wassergraben zu tun, der das Schutzgebiet potenziell verunreinigen könnte. „Nur zu sagen, der Graben ist ein Risiko, langt mir als Mörslinger nicht“, entgegnet darauf der Fragesteller.