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Hochwasserschutz: Flutpolder-Debatte bekommt neue Schärfe

Hochwasserschutz

Flutpolder-Debatte bekommt neue Schärfe

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    Beim Hochwasser im Juni 2013 sprang im Landkreis Dillingen der Riedstrom an. Das Foto zeigt das Gebiet Neugeschüttwörth an der Donau bei Gremheim, wo ein Flutpolder gebaut werden soll.
    Beim Hochwasser im Juni 2013 sprang im Landkreis Dillingen der Riedstrom an. Das Foto zeigt das Gebiet Neugeschüttwörth an der Donau bei Gremheim, wo ein Flutpolder gebaut werden soll. Foto: Airbus 2013

    In die Debatte um die umstrittenen Flutpolder Neugeschüttwörth und Helmeringen ist im Landkreis Dillingen eine neue Schärfe gekommen. Auslöser der hitzigen Diskussion ist der Koalitionsvertrag der schwarz-orangen Regierung in Bayern, in dem die drei Flutpolder bei Bertoldsheim sowie Eltheim und Wörthhof bei Regensburg gestrichen wurden. Das hat bei vielen Bürgern in der Region Empörung ausgelöst. Und auch der FW-Landtagsabgeordnete Johann Häusler hatte seine Parteifreunde dabei deutlichst kritisiert (wir berichteten). Die SPD im Landkreis Dillingen spricht von einer „willkürlichen Benachteiligung der Region“. Die Genossen rügten dabei auch die Landtagsabgeordneten Häusler und Georg Winter (CSU), denn die beiden hätten diese Benachteiligung „mitgetragen und akzeptiert“.

    Dies hat wiederum Häusler erzürnt, die Position der Genossen, die im Übrigen bei den Flutpolder-Dialogen kaum zu sehen gewesen seien, sei „blank jeglicher Ahnung“. Der Biberbacher betont: „Ich bin einer von drei Abgeordneten, die diesem Koalitionsvertrag nicht zugestimmt haben.“ Ein Grund dafür sei die plötzliche Streichung der drei Flutpolder gewesen. Er habe auch sofort mit dem neuen Umweltminister Thorsten Glauber und FW-Chef Hubert Aiwanger gesprochen. „Der Flutpolder Neugeschüttwörth ist mit seinen 1800 Hektar völlig unakzeptabel“, sagt Häusler. Glauber habe signalisiert, dass er offen für einen Dialog sei. Im ersten Quartal 2019 werde es einen Termin vor Ort im Landkreis Dillingen geben. „Wir biegen das mit den Poldern noch um“, glaubt Häusler. Offensichtlich hat dem Biberbacher die Kritik an seinen Freunden bei den Freien Wählern nicht geschadet. Häusler wurde jetzt zum stellvertretenden FW-Fraktionsvorsitzenden im Landtag gewählt. „Meine Position in München ist stärker, als sie je war“, sagt Häusler.

    Auch Georg Winter hält die Kritik der SPD, wie er unserer Zeitung sagt, für haltlos. Der SPD-Kreisvorsitzende Dietmar Bulling müsse sich fragen lassen, warum er als Zweiter Bürgermeister von Lauingen lange die Brisanz für seine Stadt beim Hochwasserschutz unterschätzt habe. Winter betont, er habe seine Position bereits am 22. Oktober in einem Schreiben an den Ministerpräsidenten Markus Söder klargemacht und gesagt, „dass die Polder im Landkreis Dillingen raus müssen“. Wegen der Flutpolder aber die ganze Koalitionsvereinbarung abzulehnen, wäre laut Winter unverantwortlich gewesen. Der CSU-Politiker hat nun bei dem Thema nachgelegt und dem neuen Umweltminister Glauber geschrieben.

    „Die Tatsache, dass drei Flutpolderstandorte im Koalitionsvertrag aus dem Rennen sind, hat heftige Reaktionen im Landkreis Dillingen ausgelöst“, teilt Winter dem FW-Politiker mit. Die Besonderheit der Region bestehe darin, dass es den großen Riedstrom gibt, der seit 1999 im Durchschnitt alle drei Jahre die landwirtschaftlichen Flächen flutet und beeinträchtigt. Das Hochwasserschutz-Aktionsprogramm Schwäbische Donau sehe nun sechs Deichrückverlegungen und zwei Flutpolder im Riedstrom vor. Diese Lastenteilung sei „ungerecht“. Bei den Streichungen der drei Standorte im Koalitionsvertrag werde auf eine faire Verteilung der Lasten entlang der Donau Bezug genommen. Dies müsse auch für den Landkreis Dillingen gelten.

    Post hat Glauber auch von Landrat Leo Schrell im Namen des Bündnisses „Hochwasserschutz für unsere Heimat“ erhalten. Der FW-Politiker fordert darin fachlich belastbare Gründe und Fakten vom Bayerischen Umweltministerium ein, die zur Streichung der Flutpolder Bertholdsheim und Eltheim/Wörthhof geführt haben. In seinem Schreiben an Glauber äußert der Bündnissprecher sein Unverständnis über die Streichung. Der Landrat verweist auf die vom Ministerium getroffenen Aussagen, dass in jedem Donauabschnitt steuerbare Rückhalteräume geschaffen werden müssten, um ein wirksames Gesamtkonzept für einen effektiven Hochwasserschutz an der Donau zu erreichen. Schrell sagt: „In Anbetracht dieser eindeutigen Aussagen ist die Herausnahme der drei Flutpolder aus dem Gesamtkonzept nicht nachvollziehbar.“ Im unteren Donauabschnitt sei im Verhältnis zum Bereich der schwäbischen Donau deutlich weniger an potenziellem Rückhaltevolumen vorgesehen.

    Ungeachtet dessen macht Schrell deutlich, dass er es unverändert als die gemeinsame Verantwortung des Ministeriums, der Fachbehörden und vor allem der örtlichen Kommunalpolitik ansehe, alles daranzusetzen, dass die Bevölkerung nachhaltig auf einen effektiven und effizienten Hochwasserschutz vertrauen kann.

    „Wir können allein durch den Verzicht auf Maßnahmen des Hochwasserschutzes kein Hochwasser verhindern“, macht Schrell deutlich. Zu den Forderungen des Bündnisses zähle es, den Rückhalteraum der Flutpolder auf die zwingend notwendige Fläche zu verkleinern, insbesondere beim Standort Neugeschüttwörth. Dies will Schrell in einem persönlichen Gespräch mit Minister Glauber erörtern.

    Wenig konkret war die Antwort aus dem Bayerischen Umweltministerium auf die Anfrage unserer Zeitung, warum donauabwärts drei Standorte gestrichen wurden – im Landkreis Dillingen aber nicht. Der Freistaat Bayern setze auf ein umfassendes Maßnahmenpaket mit technischem Hochwasserschutz, natürlichem Hochwasserschutz und Hochwasservorsorge, teilt ein Sprecher mit. Bis 2030 sollen dazu rund 4,5 Milliarden Euro investiert werden. Auch an dem bereits in Umsetzung befindlichen Flutpolderkonzept für Bayern werde festgehalten. Das sei Teil des Koalitionsvertrags. „Wir werden hier eine gute Lösung mit den Beteiligten vor Ort finden“, ließ der Sprecher wissen.

    Eine neue Entwicklung gibt es inzwischen beim geplanten Flutpolder in Leipheim. Bei einem Treffen der Interessengemeinschaft mit Vertretern des Wasserwirtschaftsamts Donauwörth im Kreis Günzburg wurde berichtet, dass der Leipheimer Flutpolder von 650 auf 450 Hektar verkleinert werden soll. (mit pm)

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