Bei solchen Summen kann man schon mal durcheinanderkommen. „Sie erhalten 40.000 Euro“, verkündet Ilse Aigner stolz, um kurz darauf zu stocken. „Natürlich 100.000 Euro“, verbessert sie sich schnell und überreicht einen überdimensionierten Scheck an Maria Elisabeth Marschalek, die Leiterin des Gundelfinger Kinderheims.
Stiftung Kinderheim Gundelfingen erhält Spende über 100.000 Euro
Marschalek und ihre Mitarbeiter haben in der vergangenen Woche namhafte Politiker zu Gast. Neben der Präsidentin des Bayerischen Landtags sind auch deren Stellvertreter Thomas Gehring und Alexander Hold sowie Präsidiumsmitglied Angelika Schorer in die Gärtnerstadt gekommen, außerdem sind Regierungspräsident Erwin Lohner, Bezirkstagspräsident Martin Sailer, Landrat Leo Schrell sowie Bürgermeisterin Miriam Gruß anwesend. „Sie haben etwas geschafft, was vor Ihnen noch keiner geschafft hat“, wendet sich Gruß mit einem Augenzwinkern an Schwester Maria Elisabeth. „So hochrangige Gäste auf einmal in diese Stadt zu bringen.“
Hintergrund des Besuchs ist eine Spendenaktion des Bayerischen Landtags, als eine Art „Corona-Hilfe“. Es geht insgesamt um eine Million Euro, die durch die coronabedingte Absage zahlreicher Veranstaltungen des Landtags zur Verfügung stehen und nun sozialen Einrichtungen zugutekommen. Das Geld soll Verluste aus den vergangenen Monaten wettmachen. Die Spenden fließen dabei über die Aktion „Sternstunden“ des Bayerischen Rundfunks. Über einen Scheck von 100.000 Euro darf sich die Stiftung Kinderheim Gundelfingen freuen, als Vertreter des Bezirks Schwaben.
Großes Lob für Schwester Maria Elisabeth und die Mitarbeiter
Die Ehrengäste betonen in ihren Grußworten, dass das Geld dort genau richtig angelegt ist. „Das Team hier macht wunderbare Arbeit“, so Regierungspräsident Lohner. Auch Bezirkstagspräsident Sailer bescheinigt der Einrichtung „tolle Arbeit“ und einen „einmaligen Spirit“. Landrat Leo Schrell gibt in Bezug auf Schwester Maria Elisabeth zu: „Ich bin ein Fan von ihr.“ Das Kinderheim sei „ein Segen für den Landkreis“, so Schrell. Bürgermeisterin Gruß spricht von einem „Aushängeschild für die Stadt“. Auch Ilse Aigner sieht „eine gute Wahl“, bei der jeder Cent gut eingesetzt sei. Es gehe um Mehraufwendungen durch Corona, aber auch den einen oder anderen Wunsch, den man erfülle.
Angesichts der Lobeshymnen betont Marschalek, dass hinter allem engagierte Mitarbeiter und Kinder stecken: „Es geht nur gemeinsam.“ Die Spendensumme wolle die Stiftungsvorsitzende aufteilen, zwischen der Einrichtung in Gundelfingen sowie zwei weiteren, stiftungseigenen Häusern im Allgäu und in Mittelfranken. Mit welchen Schicksalen es die Beteiligten zu tun haben, verdeutlichen Kinder aus der Gundelfinger Einrichtung, die sich trauen, in der großen Runde über ihre Vergangenheit zu sprechen. Da ist die Rede von Streit, Gewalt, getöteten Eltern. Bei dem einen oder anderen Kind fließen Tränen. Eines sagt in Bezug auf das Heim: „Hier fühle ich mich wohler als zuhause.“
Forderungen an die Politiker
Gudrun Reichart, Leiterin des beteiligten Kinderheims St. Maria Kalzhofen, nutzt die Chance, um die versammelte Politikprominenz auf Entwicklungen aufmerksam zu machen. In den vergangenen Jahrzehnten sei die Zahl der Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern drastisch gestiegen, berichtet Reichart. Sie spricht etwa von Gewalt und aggressivem Verhalten. Die Kinder seien jedoch nur Symptomträger. „Wir müssen mehr auf die Eltern achten“, so Reichart.
Die ohnehin „ausdauernde“ und „anspruchsvolle“ Arbeit in Kinderheimen sei durch die Corona-Krise noch herausfordernder geworden. Durch die Ausgangsbeschränkungen waren die Kinder länger in den Einrichtungen als sonst, dies habe zu Überstunden bei den Mitarbeitern geführt – und außerdem die Nerven aller Beteiligten strapaziert. Die Mitarbeiter mussten etwa die Kinder beim digitalen Fern-Unterricht begleiten. In Bezug auf Bonuszahlungen für Pfleger richtet sich Reichart mit einem Appell an die anwesenden Politiker: „Unsere Mitarbeiter arbeiten genauso systemrelevant.“ Dieses „unglaubliche“ Engagement solle ebenso honoriert werden, fordert sie.
Marschalek hat tatsächlich vor, einen Teil der Spende für Mitarbeiter zu verwenden. „Sie haben sehr viel geleistet und klaglos viele Überstunden gemacht.“ Aber das Geld werde auch sonst dringend benötigt. Dadurch, dass die Kinder länger in den Einrichtungen blieben, sei der Bedarf an Lebensmitteln sowie Hygiene- und Spielmaterialien deutlich angestiegen. Und natürlich haben auch die Kinder selbst Wünsche, die man – sofern sinnvoll – mit dem Geld erfüllen möchte. „Wir sind sehr stolz auf unsere Kinder, wie sie die Corona-Zeit gemeistert haben“, sagt Marschalek.
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