Startseite
Icon Pfeil nach unten
Dillingen
Icon Pfeil nach unten

Gundelfingen: Ein außergewöhnlicher Abend mit Heinrich Tiny Stricker

Gundelfingen

Ein außergewöhnlicher Abend mit Heinrich Tiny Stricker

    • |
    Nach der Lesung in der Walkmühle. Autor Heinrich Tiny Stricker (links) und Erich Pawlu, Moderator der Literaturveranstaltung.
    Nach der Lesung in der Walkmühle. Autor Heinrich Tiny Stricker (links) und Erich Pawlu, Moderator der Literaturveranstaltung. Foto: Horst von Weitershausen

    Der Autorenabend des aus Gundelfingen stammenden Schriftstellers Heinrich Tiny Stricker in der Walkmühle war bewegend – ganz nach dem Motto „Bewegte Zeiten“. Er las Auszüge aus seinen Romanen „Soultime“, „Ein Mercedes für Täbris“ „Grenzland“ und „Spieler im Park“. Entsprechend seiner Haltung zur 68er-Revolte und seinen Erlebnissen als vorübergehender Hippie, beschreibt er seine Erlebnisse in faszinierender, bildhafter Sprache.

    So konnten die Besucher spürbar nachvollziehen, wie er in „Soultime“ seinen Führerschein erwirbt und welche Freiheit dies für ihn bedeutet. Dieses Freiheitsdokument wurde für ihn gleichzeitig zum imposanten Ausdruck der Rebellion gegen die sterile Welt des Vaters. Dabei prallen in herrlich erzählter, beinahe romantisch verklärter Vergangenheit die unterschiedlichen Auffassungen von Vater und Sohn zum Symbol Auto aufeinander. Die Folge: Der Sohn zerlegte Vaters Fiat – „musste wohl sein“, so Tiny Stricker in die Runde seiner Literaturfreunde.

    Heinrich Tiny Stricker liest auch autobiografisch gefärbte Geschichten

    Als er anschließend aus seinem Roman „Ein Mercedes für Täbris“ liest, erinnert Stricker an das Lebensgefühl einer Epoche, in der sich immer mehr Jugendliche zum Ideal einer antibürgerlichen, pazifistischen und naturnahen Unbekümmertheit bekannten. Diese blumenhafte Sorglosigkeit veranlasst die Hauptfigur H., sich in München einer orientalischen Gruppe anzuschließen, die mehrere Mercedeswagen nach Persien kutschieren will. Auch in dieser autobiografisch gefärbten Geschichte liegt ein Hauch des Vergangenen, Unwiederbringlichen. Der Autor setzt in diesem Roman das Freiheitsgefühl der Zeit mit bunter Schreibe um.

    Dabei rief er die Erinnerung an den Traum wach, sich aus Enge und Beschränkung loszulösen und den mühelosen Wechsel in eine andere Welt zu vollziehen. Doch irgendwie hat sich Tiny Stricker von der Gesellschaft zähmen lassen. „Zumindest hat sie es versucht“, sagte er und begann den Auszug über seine Referendarausbildung in seinem Roman „Grenzland“ vorzulesen. Ein Déjà-vu wie das Einrücken bei der Bundeswehr oder das Erinnern an die Schulzeit liest er, besonders nach einem Vorleben in London.

    Sein neuester Roman "Spieler im Park" spielt in England

    Er schreibt von großer Krise und Schlaflosigkeit. Das starre Reglement wird als kasernenartige Ordnung empfunden. Einzig die Erlebnisse in Bars oder schwärmerisch verklärte Ausflüge in die Natur offenbaren in dieser Zeit die romantische Komponente seines Hippietums. Hier kommentiert der Autor vor seinen Zuhörern: „Zum Glück war ich nicht lange Lehrer.“

    Aus seinem neusten Roman „Spieler im Park“ berichtet Stricker über das Kapitel des Theatralischen im Leben der Engländer. Hier lebt der Autor in der Zeit Ende der 1970er- Jahre. Er arbeitete als Lektor in England, und angesichts dieser bürgerlichen Pflichten genoss er durch die freundschaftliche Verbundenheit mit einem englischen Schauspieler noch einmal die romantisch inspirierte Sehnsucht nach spielerischer Freiheit. Er liest aber auch von den Herbststürmen und der ersten Überwinterung auf der Insel.

    Durch die Hippiebewegung sind Strickers Romane beinahe romantisch

    Er schreibt beinahe romantisch von Kraft, von der Wildheit des Wetters und der Überwindung von menschlichen Distanzen, wie er es einige Jahre als Hippie „on the road“ erlebt hat. Heute lebt der 1949 geborenen Gundelfinger in München und arbeitet als leitender Mitarbeiter des Goethe Instituts, weiß der Moderator der Leseveranstaltung Erich Pawlu zu berichten. Er kennt Heinrich Tiny Stricker seit über 50 Jahren und sagt zum ihm als Autor, dass er seine Bücher mit Behagen und intellektuellem Genuss gelesen habe. Für ihn hätten die Romane von Stricker bedingt durch die Hippiebewegung einen Hang zur Romantik. Stricker stimmte ihm zu, meinte jedoch, dass für die 68er die Neoromantik von Hermann Hesse wichtiger gewesen sei.

    Lesen Sie dazu auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden