Ganz kurz schließt sie die Augen. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht. Da gibt es so Vieles, an das sich Gertrud Uhl erinnert. Gerne und immer wieder. Einen einzelnen Höhepunkt kann sie nicht benennen. Denn eigentlich, sagt sie, ist jeder Tag für sie einmalig. Ein Grund, warum ihr Beruf für sie tatsächlich eine Berufung ist. Gertrud Uhl ist Erzieherin und das aus vollem Herzen.
Seit Beginn ihrer Ausbildung, bis zum letzten Arbeitstag – und der rückt nun immer näher. Seit 33 Jahren ist die Gremheimerin die Leiterin des Kindergartens in ihrem Heimatort. Zum 1. Oktober geht sie offiziell in den Ruhestand. Nächste Woche kümmert sie sich noch einmal um „ihre“ Kinder und schließt dann ab. „Die Buben und Mädchen gehen in die Ferien und ich mehr oder weniger mit ihnen“, sagt Gertrud Uhl und lacht. Dabei fällt ihr dieser Schritt alles andere als leicht. Der Kindergarten war ihr Zuhause, die Arbeit ihre Lebensaufgabe. „Deshalb verabschiede ich mich seit ein paar Wochen bei allen auf Etappen, damit es nicht auf einmal wehtut. Die ersten Tränen sind aber schon geflossen.“
Denn mit der Einrichtung in dem kleinen Ortsteil verbindet Gerti – so wird sie von jeher von allen gerufen –, nicht nur eine Arbeitsstelle. Es ist ein Ort, wo auch ihre eigenen beiden Kinder lernen und spielen durften. Wo sie Buben und Mädchen über Jahrzehnte kennen und lieben gelernt hat. Und die mit der Zeit wieder ihren eigenen Nachwuchs bei ihr in die Obhut gaben. „Es war einfach schön. Wir haben hier die optimalsten Bedingungen für die Kleinen“, sagt sie. Die Nähe zu Natur und Tieren, die einmalige Landschaft und die gute Zusammenarbeit mit den Unternehmen und Menschen im Dorf habe sie immer geschätzt. Ein Grund, warum sie damals gerne nach Gremheim gezogen sei. Denn Gertrud Uhl ist nicht nur mit ihrem Kindergarten verwurzelt, sondern auch mit dem Ort. „Für mich ist die Landschaft und Umgebung hier immer schon ein Traum. Es sind die kleinen Dinge, die wahres Glück bedeuten. Das habe ich so auch immer den Kindern beigebracht. Mein Lebensmotto ist: Im Kleinen liegt das Feine.“
Im Schnitt 25 Kinder in Gremheim
Gebürtig stammt die 63-Jährige aus Warnhofen im Kesseltal. Aufgewachsen ist sie mit fünf Geschwister. Vor allem die enge Bindung zu ihrem Opa habe sie sehr geprägt, wie sie erzählt. Der Berufswunsch Erzieherin war früh da, in Nördlingen machte sie damals ihre Ausbildung zur Kinderpflegerin. „Ich habe dann immer weitergemacht und mich weitergebildet“, erzählt Uhl. So war sie unter anderem in Kindergärten in Stuttgart, Heidenheim und Tapfheim tätig. Bis sie am 1. Oktober 1986 die Stelle als Leiterin im Heimatort in Gremheim übernommen hat. Von Beginn an hatte Uhl im Schnitt 25 Kinder jedes Jahr, aufgeteilt in zwei Gruppen. Im neuen, kommenden Kindergartenjahr wird erstmals eine dritte Gruppe installiert. Schon immer waren die Türen auch für die ganz Kleinen ab einem Jahr in Gremheim offen. Bis heute gibt es eine Krippe. „Wir mussten nie bangen, dass wir nicht voll werden. Im Gegenteil. Dabei habe ich immer schon gekämpft, dass die Gruppen nicht zu groß werden. Das ist nicht gut für die Kinder“, sagt Gertrud Uhl. Ausgerechnet in ihrem letzten Jahr waren es außergewöhnlich viele Buben und Mädchen – 29 an der Zahl. Der Lärmpegel sei höher, das habe ihr die vergangenen Monate doch mehr zu schaffen gemacht, wie sie erzählt. Dabei, das betont sie, gebe es kein schöneres Geräusch, als ein Kinderlachen.
Naturnah und mit viel Wertschätzung
Gertrud Uhl war in all den Jahren in ihrer Erziehung vor allem das Thema Wertschätzung wichtig. Sie sagt: „Man muss ihnen zuhören und sie ernst nehmen. Und keinesfalls sollte man im Voraus urteilen. Jedes Kind ist anders und jedes auf seine Art liebenswürdig.“ Sie habe immer versucht, humorvoll, emotional, naturnah und lebensbejahend mit ihren Schützlingen umzugehen – und ihnen dabei auf Augenhöhe zu begegnen, wie sie sagt. „Wenn Kinder gerne in den Kindergarten kommen, dann lernen sie ganz automatisch“, so Gertrud Uhl. Es sei für sie all die Jahre unglaublich spannend gewesen, diese Entwicklungen der Buben und Mädchen zu beobachten. Der tägliche Wissensdurst sei unglaublich, aber auch herausfordernd. „Die wollen jeden Tag gefüttert werden“, sagt sie und lacht. Aber wenn jemand weiß, wie das geht, dann die Gerti.
Der kleine Alois wartet
Deshalb ist die 63-Jährige auch in ihrem Ruhestand noch als Erzieherin gefragt. Denn auf sie wartet der 15 Monate alte Alois. Das erste Enkelkind. „Ich freue mich darauf, dass ich mehr Zeit mit ihm verbringen kann. Ich will mehr für ihn da sein, das habe ich mir vorgenommen.“ Und vielleicht schaut sie mit ihrem Alois ab und zu im Kindergarten vorbei. Oder winkt bei einem Spaziergang durch Gremheim „ihren“ Kindern zu.
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