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Glött: Selbstständig trotz Handicap - so unterstützen die Offenen Hilfen Aschberg

Glött

Selbstständig trotz Handicap - so unterstützen die Offenen Hilfen Aschberg

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    Gertrud Feßler lebt seit knapp einem Jahr alleine in Glött. Das ambulant begleitete Wohnen der Offenen Hilfen Aschberg ermöglicht es ihr, selbstständig zu wohnen. In bestimmten Situationen, wie beispielsweise dem Einkaufen, erhält sie Unterstützung von einer Mitarbeiterin.
    Gertrud Feßler lebt seit knapp einem Jahr alleine in Glött. Das ambulant begleitete Wohnen der Offenen Hilfen Aschberg ermöglicht es ihr, selbstständig zu wohnen. In bestimmten Situationen, wie beispielsweise dem Einkaufen, erhält sie Unterstützung von einer Mitarbeiterin. Foto: Tanja Ferrari

    Sie dreht die Bananen nachdenklich in ihrer Hand und überprüft sie auf braune Stellen. Nach ein paar Minuten entdeckt sie die passenden Früchte – frisch und schön gelb. Vorsichtig trennt sie drei Bananen ab und legt sie in ihren Einkaufwagen. Dann geht es weiter zum Gemüse. Vor den Tomaten bleibt sie zielstrebig stehen. „Für mich alleine reichen die Kleinen“, sagt sie und legt sie ebenfalls in ihren Einkaufswagen.

    Offene Hilfen Aschberg verhelfen zu neuem Gefühl von Freiheit

    Dass Gertrud selbst im Supermarkt steht und einkauft, ist für sie ein ganz neues Gefühl von Freiheit. Ganz alleine ist sie allerdings nicht. Hinter ihr steht Anita Schlosser. Seit knapp einem Jahr nutzt Feßler das Angebot der Offenen Hilfen Aschberg. Das ambulant begleitete Wohnen ermöglicht es ihr, nicht nur das erste Mal in ihrem Leben allein zu wohnen, sondern auch regelmäßig in Begleitung einkaufen zu gehen. Noch vor wenigen Monaten hatte sie in einer betreuten Außenwohngruppe von Regens Wagner in Glött gewohnt. Als jedoch im vergangenen Jahr die Offenen Hilfen im Aschberg ins Leben gerufen wurden, nutzte sie die Möglichkeit, trotz Behinderung den Traum von den eigenen vier Wänden und mehr Selbstbestimmung zu verwirklichen.

    Die Freiheit den Tagesablauf selbst zu planen, das eigene Einkommen zu verwalten und selbst für Essen zu sorgen – all das genießt sie. Ganz auf sich alleine gestellt ist Feßler aber dennoch nicht. Bei Schwierigkeiten im Haushalt, dem kostengünstigen Einkaufen, sowie bei Arzt- und Behördengängen erhält sie Unterstützung von Mitarbeitern. Sie sagt: „Es gefällt mir sehr gut, alleine zu wohnen und Hilfe zu bekommen, wenn ich sie brauche.“

    Passenden Wohnraum für das Projekt zu finden, ist jedoch nicht ganz einfach, weiß Bereichsleiter Fabian Reiner von den Offenen Hilfen Aschberg. Er betont: „Wir sind immer auf der Suche nach Wohnungen, aber aktuell ist der Markt sehr angespannt.“ Seit es das Wohnprojekt im Aschberg gibt, betreuen die Mitarbeiterinnen Manuela Egly und Anita Schlosser gemeinsam mit zwei weiteren Kolleginnen insgesamt fünf Klienten. Diese wohnen eigenständig in zwei Wohngemeinschaften aufgeteilt in Glött. „Ideal wäre es natürlich, wenn die Wohnungen alle in der Stadt wären, das würde vieles erleichtern“, sagt Schlosser, die regelmäßig mit Gertrud Feßler zum Einkaufen nach Holzheim fährt.

    Probleme um die Wohnungssuche

    In Dillingen gibt es das ambulant begleitete Wohnen schon seit knapp zwölf Jahren. Geschäftsstellenleiterin Gabriele Suckut kennt die Probleme um die Wohnungssuche gut. Sie sagt: „Wir haben aktuell 23 Klienten, die das Angebot nutzen.“ Da es so schwierig sei, den passenden Wohnraum zu finden, habe man in Dillingen erst vor Kurzem ein Haus mit insgesamt 16 Wohneinheiten gebaut, die speziell für Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung oder anderem Hilfebedarf ausgelegt seien.

    Anders als im Aschberg gäbe es in Dillingen keine Wohngemeinschaften. Stattdessen würden hauptsächlich Einzelpersonen oder Paare betreut werden. „Das Projekt ist eine riesige Chance, weil es Menschen mit Behinderung oder anderen Einschränkungen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht“, betont Suckut. Außerdem sei auch das Betreuungsverhältnis des Programms ein großer Vorteil, ergänzt Reiner. Finanziert werde das Wohnprojekt in der Regel vom Sozialhilfeträger. „Wer sich für das ambulant begleitete Wohnen interessiert, dem helfen wir mit den Anträgen – nur wenige müssen selbst bezahlen“, erklärt Reiner. Je nach Bedarf des jeweiligen Menschen würden dann die Stunden der Mitarbeiter zugeteilt werden. Wer viel Unterstützung benötige, erhalte individuell abgestimmt auch mehr Betreuung.

    Gertrud Feßler arbeitet inzwischen weiter ihren Einkaufszettel ab. Im Gang von den Windeln bleibt sie stehen und dreht sich zu Mitarbeiterin Anita Schlosser um. „Brauchst du noch Pampers für deine Kinder, die sind im Angebot“, bemerkt sie. Die bräuchten keine mehr, erklärt Schlosser schmunzelnd und steuert zielstrebig auf das Spülmittelregal zu. „Seit 23 Jahren arbeite ich schon bei Regens Wagner in Glött und habe mich noch nie gelangweilt“, sagt sie. Ursprünglich sei sie noch in Elternzeit gewesen, als man sie gefragt habe, ob sie für die Offenen Hilfen 15 Wochenstunden arbeiten wolle.

    Es gibt auch Vorurteile

    Neben vieler positiver Aspekte gebe es auch Vorurteile, weiß Mitarbeiterin Manuela Egly, die seit Mitte des vergangenen Jahres die Klienten im Aschberg betreut. „Sorgen hab ich mir allerdings auch nach Dienstschluss in der Wohngruppe im Schloss immer gemacht“, erklärt sie. Man müsse einfach lernen zu vertrauen. An einen Vorfall kann sie sich noch ganz genau erinnern. Sie lacht und sagt: „Als ein Topf zu brennen anfing, hat die Klientin ihn einfach aus dem Fenster in den Garten geworfen.“ Brenzlige Situationen könnte es immer geben, doch die Klienten wüssten sich zu helfen, betont sie.

    Situationswechsel: Während Gertrud Feßler gerade im Supermarkt an der Kasse steht, sitzt Anneliese Riedel gemütlich auf dem Sofa in ihrer Wohnung. Auch sie nutzt seit dem vergangenen Jahr das ambulant begleitete Wohnen im Aschberg. Mitarbeiterin Manuela Egly steht neben ihr und hört aufmerksam zu. Sie arbeitet bereits seit knapp 25 Jahren bei Regens Wagner in Glött und kennt die Klientin schon seit fast 20 Jahren. Sie erzählt: „Anneliese ist bis heute eine richtige Legende im Schloss, immer wenn etwas angestellt wurde, wusste man sofort, wer es war.“ Auch in ihrer Wohngemeinschaft kann die 67-Jährige ihre Vorliebe für Streiche nicht ganz abstellen. „Ich ärgere gerne den Nachbarshund“, erzählt Riedl. Wenn sie nicht gerade damit beschäftigt ist ihren nächsten Jux zu planen, malt die Rentnerin gerne oder strickt Topflappen. Hat sie keinen Urlaub, dann geht sie in die Tagesstätte zu Regens Wagner, wo sie gemeinsam mit anderen Rentnern an Projekten arbeitet. Scheint allerdings die Sonne, dann bleibt Riedl lieber auf dem Balkon sitzen. „Ich genieße das und kann alles um das Schloss herum beobachten“ erzählt sie begeistert.

    Es kann auch mal lauter werden

    Ab und an kann es in der Dreier-WG auch lauter werden. Das passiert immer dann, wenn sich jemand nicht an die gemeinsamen Regeln hält. Damit Mitbewohnerin Sieglinde Mayer beispielsweise keine fremden Sachen stibitzt, schließt die 67-Jährige immer ihre Zimmertür ab. „Die versteht das sonst einfach nicht“, erklärt Riedl. Gemeinsam mit Karl-Heinz Birkhahn, der nach einem Schlaganfall ebenfalls das ambulante Wohnen nutzt, bilden die drei ein ungewöhnliches Trio, das gemeinsam den Alltag meistert.

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