Dillingen

Gewalt gegen Lehrer: Gibt es das auch im Landkreis Dillingen?

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    Laut einer bundesweiten Studie soll Gewalt gegen Lehrer – in welcher Form auch immer – zunehmen. Schüler mobben Lehrer. Auch bei uns im Landkreis Dillingen gibt es Vorfälle, bei denen sogar die Polizei unterstützend mitwirkt. Dass unsere Pädagogen aber Angst vor ihren Schülern hätten, das bestätigte kein gefragter Schulleiter.
    Laut einer bundesweiten Studie soll Gewalt gegen Lehrer – in welcher Form auch immer – zunehmen. Schüler mobben Lehrer. Auch bei uns im Landkreis Dillingen gibt es Vorfälle, bei denen sogar die Polizei unterstützend mitwirkt. Dass unsere Pädagogen aber Angst vor ihren Schülern hätten, das bestätigte kein gefragter Schulleiter. Foto: BLLV

    Zwei Mal pro Woche ist Polizeihauptkommissar Robert Drechsler im Schnitt zu Besuch an Schulen im Landkreis Dillingen. Seine Kernaufgabe: Vermitteln, was passiert, wenn. Stichwort Prävention. Aber nicht selten wird Drechsler zu akuten Fällen hinzugezogen. Beleidigung, Mobbing, Bedrohungsterror – das gibt es auch an unseren Schulen, wie der Polizist sagt. Nicht nur unter Schülern, sondern mitunter gegen Lehrer. Drechsler sagt: „Diese Tendenz nimmt zu. Kinder können grausam sein. Das ist aber nicht neu.“ Er bestätigt, dass es Fälle gibt, in denen Lehrer bei der Polizei Dillingen seelische und moralische Gewalt melden. „Wir gehen in die Schulen rein und versuchen, in Zusammenarbeit unterstützend zu helfen. Glücklicherweise können die Schulen solche Fälle oft intern klären“, sagt Drechsler.

    Seit vielen Jahren gehört zu seiner täglichen Polizeiarbeit auch die Aufgabe des Jugendkontaktbeamten mit Schwerpunkt Prävention, vor allem in Schulen. Dort sind er und seine Kollegen gefragt. Auch, wenn Lehrer an ihre Grenzen stoßen. „Heute brauchen Lehrer mit ihrer Pädagogik einen langen Atem. Der eigentliche Schulauftrag wird immer schwieriger“, so Drechsler.

    Dillinger Polizist sagt: Tatwaffe Handy

    Seiner Meinung nach spielen dabei mehrere Faktoren eine Rolle: mangelnde Erziehung im Elternhaus, Verfall von Werten und Zunahme der Möglichkeiten. Drechsler formuliert es so: „Tatwaffe Smartphone. Die jungen Leute testen ihre Grenzen in Portalen wie Facebook, Whatsapp oder Tellonym. Das ist der Dark Room für Jugendliche. Das ist Pubertätsauslastung im Extremfall.“ Er rede oft mit Eltern, die sagen, dass sie kaum noch Möglichkeiten hätten, dieses Verhalten zu kontrollieren. Der Polizeibeamte sagt deshalb deutlich: „Doch. Man muss Regeln aufstellen. Ein Handy hat beispielsweise ab 21 Uhr nichts mehr im Kinderzimmer zu suchen. Solche Richtzeiten gibt es in der Schule auch.“

    Dass dadurch Mobbing – auch gegen Lehrer – nicht ausgeschlossen werden könne, sei klar. Dass Pädagogen aber konkret Angst vor ihren Schülern hätten, auch bei uns, das will Robert Drechsler so nicht sagen. Aber: „Manche Lehrer haben Problemjahrgänge. Hinzu kommt mangelnde Elterninitiative. Und Angst hängt direkt mit Motivation zu tun.“ Was der Jugendkontaktbeamte aber auch sagt: Gewalt an der Schule lasse sich nicht nach Schulart unterteilen. Ob Realschule, Gymnasium oder Mittelschule: „Wir sind überall im Einsatz.“ Glücklicherweise, so bestätigt es Schulamtsdirektor Wilhelm Martin, wisse er nicht von konkreten Fällen, in denen Lehrer von Schülern massiv gemobbt worden seien. Martin betreut die Grund- und Mittelschulen im Landkreis Dillingen.

    Mobbing schon an Grundschulen?

    Es gibt Fortbildungen zur Prävention, es gibt sogar eine Supervision, wo Pädagogen im geschützten Raum mit Unterstützung von Schulpsychologen Vorfälle bei Bedarf aufarbeiten könnten. „Dass Mobbing in der Gesellschaft vorhanden ist, kann man nicht abstreiten. Vor allem unter Schülern. Mobbing hat viele Facetten. Auch Eltern neigen schnell dazu, alles unter dem Aspekt Mobbing zu suggerieren – dabei sind es oft Kleinigkeiten“, sagt der Schulamtsdirektor. In seiner Aufsichtsfunktion sei aber Gewalt gegen Lehrer im Landkreis bei ihm bislang nicht aufgeschlagen. „Aber natürlich bekommen wir nicht alles mit, vieles wird in den Schulen vor Ort besprochen. Konsequentes Mobbing gegen Lehrer ist mir aber nicht bekannt.“ Was seiner Meinung auch daran läge, dass mittlerweile viele Pädagogen nicht mehr am Schulstandort leben, es so kaum private Berührungspunkte gebe.

    Wilhelm Martin bestätigt aber auch, dass tendenziell ein Autoritätsverlust stattfinde. Schüler oder Eltern akzeptieren das Wort des Lehrers nicht immer, es wird nicht alles hingenommen. „Ich habe einen Spruch gelesen, der gut dazu passt: Wir haben heute zu allem eine Meinung, aber kaum noch Argumente.“

    Wo Mobbing beginnt

    Ähnlich sieht es Cornelius Brandelik, Konrektor der Anton-Rauch-Realschule in Wertingen. „Schule verändert sich mit der Gesellschaft. Vor ein paar Jahrzehnten war alles gültig, was der Lehrer gesagt hat. Das war sicherlich auch nicht richtig. Heute wird viel diskutiert. Es gibt Eltern, die hinter der Schule stehen, und es gibt Eltern, die der Schule kritisch gegenüber stehen“, sagt Brandelik. Von Gewalt gegen Lehrer – in welcher Form auch immer – sei aber „sicher nicht die Rede“. Wohl aber, dass mal ein Foto eines Pädagogen auf Social-Media-Kanälen auftaucht, aber das halte sich alles in Grenzen.

    Mit den Eltern in der Schule reden

    Dass solche Veröffentlichungen im Internet nicht zu vermeiden sind, das weiß auch Franz Haider, Schulleiter des Dillinger St.-Bonaventura-Gymnasiums. Trotzdem betont er, dass es an seiner Schule von Lehrern keinerlei Rückmeldungen bezüglich Mobbings gebe. „Ich weiß keinen Vorfall, bei dem Lehrer dezidiert darauf hingewiesen hätten, dass man eingreifen müsste“, sagt Haider. Das läge am Bona auch daran, so der Schulleiter, dass Konflikte ausgetragen und besprochen werden – auch mit Eltern. Dabei würde vieles sogar der Elternbeirat abfedern. „Natürlich gibt es Dinge, mit denen Eltern oder wir von der Schule nicht zufrieden sind. Aber wir suchen den direkten Kontakt und nehmen uns die Zeit dafür. Da werden nicht die Augen verdreht, wenn Eltern sich für eine Sprechstunde anmelden“, sagt der Pädagoge.

    Für ihn sei Schule die nahezu letzte Anstalt, in der es Regeln gebe. Und diese, so Haider, fordere er auch ein. „Das sehe ich als ganz wichtige Erziehungsaufgabe. Eine Demokratie ist schön, funktioniert aber nur, wenn man Regeln einhält.“

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