Geldbeutel oder Schlüsselbund – ruckzuck verliert man solche Gegenstände. Aber auch das Handy bleibt vielleicht mal versehentlich am Badesee liegen und ein Geldschein flattert hin und wieder auch mal vor dem Supermarkt auf den Boden. Und dann? Dann beginnt die verzweifelte Suche, die immer mit der Frage beginnt: Wo war ich zuletzt? Nach erfolgloser Suche gibt es noch eine Möglichkeit: Fundbüros. Völlig unterschätzt, aber in den Rathäusern und Verwaltungsgemeinschaften fester Bestandteil. In loser Reihenfolge spitzeln wir in den nächsten Wochen in die Fundbüros im Landkreis Dillingen und schauen, was dort auf seine Besitzer wartet.
Die Geschichte liegt schon eine Weile zurück. Christine Egger wird sie dennoch nicht vergessen. Immerhin hat sie einen wesentlichen Teil zum Happy End beigetragen. Seit fast 20 Jahren arbeitet sie für die Verwaltungsgemeinschaft Wertingen, ist die Leiterin des Bürgerbüros und seit etwa zehn Jahren unter anderem für das Fundbüro zuständig. Und diese eine Geschichte, die war besonders, wie sie schildert. „Auf dem Wertinger Marktplatz wurde ein Ehering gefunden und bei uns abgegeben. In der Innenseite waren die Initialen eingraviert. Mehr nicht“, erinnert sich Egger.
Alle Gegenstände werden im Fundbüro eingeordnet und digital vermerkt
Wie mit allen Fundgegenständen, die bei ihr auf dem Tisch landen, hat sie auch den Ehering erst eingeordnet, Finder, Datum und Ort digital gespeichert. Immer wieder hat sie den Ring angeschaut. „Irgendwann kam mir dann ein Geistesblitz“, sagt sie und lacht. Die Anfangsbuchstaben im Ehering haben sie auf die Spur des wahren Besitzers gebracht. „Ich habe mir irgendwann gedacht, dass das von den Namen passen könnte.“ Hat es – und die Besitzerin, die ihren Ehering verloren hatte, war mehr als glücklich über den Wiederfund. Laut Christine Egger sei die Frau Witwe, der Ring ein wichtiges Erinnerungsstück. „Das ist nicht ersetzbar“, schildert die Leiterin.
Ersetzbar, aber dennoch ärgerlich, wenn man sie verliert, sind dagegen viele andere Gegenstände, die im Wertinger Fundbüro abgegeben werden. Laut Egger werden – wie überall anders auch – alle Sachen ein halbes Jahr aufgehoben, dann haben die Finder einen Anspruch. Wenn diese kein Interesse haben, dann liegt es an ihr, was mit den Fundsachen passiert. Brillen beispielsweise gibt sie einem Optiker, der eventuell noch etwas damit anfangen kann. Fahrräder – je nach Zustand – werden entweder entsorgt oder beispielsweise dem Jugendheim überlassen. Handys bewahrt Christine Egger so lange wie möglich auf.
Schlüssel verschwinden im Beton
Aus einem einzigen Grund: „Ich habe immer ein ungutes Gefühl, wenn wir sie entsorgen würden. Sie sind einfach teuer und da sind so viele Daten gespeichert“, sagt sie und zuckt mit den Schultern. Bei nicht mehr abgeholten Schlüsseln fällt es ihr leichter – auch, weil das Wertinger Fundbüro-Team damit eine ganz besondere Entsorgung vornimmt. Egger: „Ich gebe die Schlüssel unseren Mitarbeitern im Bauhof. Wenn irgendwo gerade eine Baustelle ist, dann werden die Schlüssel einbetoniert. Sicherer entsorgen geht nicht.“
Neben den „Klassikern“ wie Schlüssel, Handy oder Geldbeutel, gibt es aber immer wieder auch besondere Fundsachen. Zum Beispiel Hörgeräte. „Ein älterer Herr hat es verloren, aber auch tatsächlich wieder bei mir abgeholt“, schildert sie weiter und ergänzt: „Zur Zeit haben wir zwar kein Hörgerät im Fundbüro, aber es rufen immer wieder ältere Menschen an und fragen, ob eines abgegeben wurde.“ Und das hat laut Egger einen ganz einfachen Grund: Seit aufgrund der Corona-Pandemie Maskenpflicht angesagt ist, häuft es sich, dass beim Anziehen von Masken, Hörgeräte oder auch Brillen runterrutschen. „Das ist schnell passiert.“ Und der Verlust ärgere die Menschen sehr – es sind teure und individuelle Gegenstände.
Dank Wertinger Fundbüro: Ohrstecker und Besitzerin wieder vereint
Eine besondere Bedeutung hatte auch ein kleiner Ohrstecker, der auf dem Wertinger Skulpturenweg von Wanderern gefunden wurde. Lange Zeit, so schildert es Christine Egger, war der Ohrring in Fundbüro gelagert. Bis eines Tages eine Frau aus dem Raum Augsburg angerufen hat. „Tatsächlich hat sie diesen wertvollen Ohrstecker bei uns verloren und hatte das Glück, dass den jemand gefunden und auch bei uns abgegeben hat“, sagt Egger und betont: „Es gibt bei uns definitiv noch ehrliche Finder.“ So komme es auch immer wieder vor, dass Geldbeträge bei ihr abgegeben werden – von 300 Euro in einer Geldmappe oder 1500 Euro, die in einer alten Jacke aufgetaucht sind.
Egal was im Wertinger Fundbüro abgegeben wird, von Privatpersonen oder auch von der Polizei – Christine Egger kümmert sich nicht nur darum, dass alles ordentlich aufbewahrt wird. Sie versucht, auch zu vermitteln. „Ich schaue alles an und suche nach Hinweise. Manchmal ist man schon ein kleiner Detektiv“, sagt sie und lächelt. Und manchmal ist die Spurensuche erfolgreich und die Geschichte nimmt ein Happy End. Im Fundbüro der Verwaltungsgemeinschaft Wertingen.
INFO Das Fundbüro der Verwaltungsgemeinschaft Wertingen befindet sich im Bürgerbüro. Die Öffnungszeiten sind: Montag bis Freitag: 8 bis 12 Uhr sowie am Donnerstag von 14 bis 18 Uhr. Wo? Schulstraße 12 in Wertingen, Telefon: 08272/84-0.
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