Zwei Hubschrauber kreisen mitten in der späten Freitagnacht über Dillingen. Ihr Brummen wird nicht nur in der Kernstadt von vielen Menschen bemerkt. Denn da ist noch etwas: das grelle Licht. Die Suchscheinwerfer der beiden Helikopter treffen sich irgendwo über der Stadt – es ist die Altheimer Straße.
Vor Ort haben sich, es ist kurz nach Mitternacht, rund 50 Menschen eingefunden. Sie beobachten einen ungewöhnlichen Polizeieinsatz im Norden Dillingens. Über einem Supermarkt kreisen die Hubschrauber. Unten, vor einem orangefarbenen Haus, trifft ein weiterer Polizeiwagen ein. Auch Notarzt- und Krankenwagen stehen dort.
Nach und nach werden mehr Menschen von dem Brummen der beiden Hubschrauber angelockt. Zufällig oder aber gezielt parken Autos am nahe gelegenen Dillinger Friedhof. Es ist eine laue Sommernacht. Teils in Shorts, Shirts und Flip-Flops beobachten die Menschen, was bei dem Haus mit dem Schild „Casino“ passiert. Was auffällt: Auch vermummte Polizeikräfte stehen vor dem Gebäude. Geschlossen und lautlos verschwinden sie irgendwann links hinter dem Haus. Der Einsatz wirft bei manchem Beobachter Fragen auf. Warum ist es so leise? Warum gibt es kein Blaulicht, kein Absperrband? Die Zuschauer werden nicht nur toleriert, sondern geradezu ignoriert. Also machen sie sich, während sie teils rauchen, teils Handyfotos machen und sich mal mehr, mal weniger an den Schauplatz heranwagen, ihre eigenen Gedanken.
Waren da nicht zwei Schüsse zu hören gewesen? So gegen 22.30 Uhr? Gab es vielleicht einen Schusswechsel? Steht deswegen dort der Krankenwagen? Plötzlich flackert Licht hinter einem der Fenster im Obergeschoss. Aber immer noch ist kein Ton zu hören. Es ist nach 1 Uhr morgens, als erst der eine, dann der andere Hubschrauber verschwindet. Auch die Sanitäter rollen über den Supermarktparkplatz ohne Blaulicht in Richtung Donaualtheim davon. Kurz darauf taucht ein Polizeiwagen nach dem anderen auf. Genauso lautlos wie die anderen. Ohne Blaulicht, ohne Sirene. Mit den Hubschraubern gehen nach und nach auch die Schaulustigen.
Und was sagt die Polizei zu diesem Zeitpunkt: Nur, dass der Einsatz noch andauert und dass keine Gefahr für die Bevölkerung besteht. Fast einen Tag später – am Samstagabend – sieht das Gelände dort aus, als wäre nie etwas passiert. Die Tür zum „Casino“ steht genauso weit offen wie in der Nacht. Links am Haus sind ein paar Fahrräder abgestellt.
Auf Nachfrage bei der Polizei am Samstagabend dementiert ein Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Nord in Augsburg gleich mehrere Gerüchte, die sich im Lauf des Tages auch über die sozialen Netzwerke ausgebreitet hatten: „Es hat kein Schusswechsel stattgefunden.“ In dem Einsatz ging es um Betäubungsmittel. Weitere Fragen wiegelt der Sprecher ab: Um den Fahndungserfolg nicht zu gefährden, werde es voraussichtlich vor Montag keine weiteren Informationen geben. In den sozialen Netzwerken war immer wieder diskutiert worden, ob es um Flüchtlinge geht. Angesprochen auf diese Frage, sagt der Sprecher der Polizei: „Ja, der Einsatz fand in der Nähe eines Asylbewerberheimes statt. Aber das war von dem Einsatz nicht betroffen. In diesen Fall sind keine Flüchtlinge involviert.“
Der Fall liege in Händen der Augsburger Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei Dillingen dauern an.