Was für ein heißes Spiel. Allein schon wegen der Rahmenbedingungen vor dem Anstoß. Als am Samstagabend um 21 Uhr im Festzelt des SV Donaualtheim die Übertragung des Achtelfinalspiels der deutschen Elf gegen Dänemark beginnt, hat es immer noch fast 30 Grad. Es herrscht eine drückende Schwüle, und überall im Landkreis Dillingen fiebern Tausende Fans bei Public-Viewing- Veranstaltungen mit den Nagelsmännern mit. So auch im Zelt neben dem Sportplatz in Donaualtheim. "Das wird heute eine Riesenparty", sagt Brigitte Scheider. Sie gehört zu den etwa 300 Fans, die sich die Übertragung auf der Großbildleinwand gemeinsam ansehen.
Dass die Sache gegen die Dänen für die deutsche Nationalmannschaft schiefgehen könnte, solche Zweifel hegt auf der Donaualtheimer "Fanmeile" niemand. "Wir gewinnen 2:0", sagt Scheider. Auch Astrid und Robert Hartmann sind "auf Sieg eingestellt". Nur beim Ergebnis ist das Ehepaar nicht ganz synchron. Während Astrid Hartmann auf ein 2:1 tippt, geht ihr Mann ebenfalls von einem glatten 2:0 aus. SVD-Vorsitzender Thomas Rehm blickt zufrieden in das voll gefüllte Festzelt. Der Zuschauerzuspruch bei den Fußball-Jugendturnieren anlässlich des 75. Vereinsjubiläums sei am Samstag nicht so groß gewesen. "Es war schlichtweg zu heiß, aber jetzt läuft es", freut sich Rehm. "Es ist ein schöner Anblick, dieses voll gefüllte Festzelt mit den vielen Fans zu sehen", sagt der Vorsitzende des etwa 500 Mitglieder zählenden Vereins. Etwa 150 Helfer und Helferinnen seien am Wochenende im Einsatz, um den Gästen der Jubiläumsfeier den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen.
"Ich mag diese tolle Stimmung hier beim Public Viewing"
Im Deutschland-Outfit fiebern Inge Menking und ihr Mann Dietmar mit. "Ich mag diese tolle Stimmung hier beim Public Viewing", sagt Inge Menking. Und als die Dänen immer besser ins Spiel kommen, fügt sie hinzu: "Das wird schon." Sebastian Lederle sieht das ähnlich, er tippt auf 2:0 für Deutschland. Lederle hat am 19. Juni das Vorrundenspiel gegen Ungarn live in Stuttgart verfolgt. "Ein Wahnsinns-Erlebnis", schwärmt der Donaualtheimer. Während der Regenpause in Dortmund kühlt es auch im Donaualtheimer Festzelt ein wenig ab. Ein Ventilator vermittelt den Eindruck, als ob es auch im Dillinger Stadtteil regnen würde. Insgesamt scheint die Hochstimmung angesichts der erstarkten dänischen Truppe ein wenig nach unten zu gehen.
Da kommt die Stunde der wahren Fans, die sich nicht runterziehen lassen, wenn es Gegenwind gibt. Rainer Bauer zählt zu ihnen, der Hausener ist von Berufs wegen Pädagoge am Lauinger Albertus-Gymnasium. Der Lehrer war aber in seiner Jugend ein ambitionierter Kicker. Und als es für die A-Jugend in der Vergangenheit mal keinen Übungsleiter gab, hat Bauer in Donaualtheim trainiert. Die Sache jedenfalls sei für ihn klar. "Deutschland gewinnt, weil die Mannschaft offensiver ist und den besseren Fußball spielt", stellt der Gymnasiallehrer fest. Das Team von Julian Nagelsmann werde vom Publikum frenetisch angefeuert. Und die deutsche Elf "wird am Ende auch siegen, weil wir einen super Torwart haben", prophezeit Bauer. In der unvorhergesehenen Regen-Zwangspause ertönt bereits Major Tom (Völlig losgelöst) aus der Box.
Eine harte Geduldsprobe für die Fans in Donaualtheim
Die Stimmung der Fans wird allerdings nach der richtigen Pause auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Joachim Andersen hat in der 48. Minute die vermeintliche 1:0-Führung für Dänemark geschossen. Mit einem Schlag ist es still im Donaualtheimer Festzelt – und auf den anderen Partymeilen im ganzen Land. Doch dann das kollektive Aufatmen. Der Videobeweis ergibt das, worauf alle Fans der Nagelsmänner inständig hoffen. Die Fußspitze des dänischen Spielers Thomas Delaney ist bei dieser Aktion ein paar Millimeter im Abseits. Und als ob das nicht schon für Nervenkitzel genug gesorgt hätte: Wenige Minuten später greift erneut der Video-Schiedsrichterassistent (VAR) ein. Nach einem Handspiel, ausgerechnet von Andersen, das auch im Donaualtheimer Festzelt kaum jemand gesehen hat, gibt es Elfmeter.
Die knisternde Spannung ist bei den Fans greifbar. Als Kai Havertz in der 53. Minute zur 1:0-Führung einschießt, entlädt sich schier grenzenloser Jubel. Fahnen werden geschwenkt, und am Ende steht nach dem Treffer von Jamal Musiala tatsächlich ein 2:0, das viele getippt haben. Beim SV Donaualtheim beginnt nach dem Schlusspfiff wie an vielen Orten im Landkreis Dillingen eine lange Partynacht. Die DJs Jo Halbig, Apo und Socke legen auf. Und in der Dilinger Innenstadt bildet sich ein schon etwas größerer Autokorso als noch bei den Vorrundenspielen. Weil die Durchfahrt in der Königstraße wegen des am Wochenende eingerichteten Gastrobereichs gesperrt ist, nehmen die Fahrer und Fahrerinnen, deren Begleiter Deutschland-Fahnen schwenken, die Wege über die Lamm- und Klosterstraße. Vieles spricht dafür, dass bei der Fußball-Europameisterschaft auch in der Region ein neues Sommermärchen geschrieben wird.