Startseite
Icon Pfeil nach unten
Dillingen
Icon Pfeil nach unten

Dillingens neuer Stadtpfarrer Harald Heinrich im Interview: "Ich will wieder Pfarrer sein."

Dillingen

Dillingens neuer Stadtpfarrer: „Ich will wieder Pfarrer sein“

    • |
    „Die Seelsorge ist meins“, sagt der neue Stadtpfarrer und Leiter der Pfarreiengemeinschaft Dillingen, Harald Heinrich. Im Pfarrhof in der Dillinger Königstraße hat sich der 54-Jährige bereits gut eingelebt.
    „Die Seelsorge ist meins“, sagt der neue Stadtpfarrer und Leiter der Pfarreiengemeinschaft Dillingen, Harald Heinrich. Im Pfarrhof in der Dillinger Königstraße hat sich der 54-Jährige bereits gut eingelebt.

    Bischof Bertram Meier hat Sie als Generalvikar abberufen und zum Leiter der Pfarreiengemeinschaft Dillingen gemacht. Ist das ein Karriereknick?

    Stadtpfarrer Harald Heinrich: Das habe ich nicht so gesehen. Die Entscheidung ging vom Bischof aus. Und überraschend war das schon für mich. Es ist aber durchaus üblich, dass ein neuer Bischof auch einen neuen Generalvikar beruft. Für mich war es dann sofort klar, dass ich wieder in die Seelsorge will. Es waren auch andere Aufgaben für mich angedacht, aber ich will wieder Pfarrer sein und ich bin es gerne.

    Ihre beiden Vorgänger Gottfried Fellner und Wolfgang Schneck haben Dillingen geprägt. Der eine wortgewaltig, der andere ein Kurzprediger – wem schlagen Sie nach?

    Heinrich: Ich bin ich, jeder hat seinen eigenen Charakter. Mein Vorgänger Wolfgang Schneck hat mir einen wunderbaren, mitbrüderlichen Übergang bereitet.

    Ein Ministrant half dem neuen Stadtpfarrer von Dillingen beim Einzug

    Was war Ihre erste Begegnung im Schwäbischen Rom, wie Dillingen gerne genannt wird.

    Heinrich: Ich habe vor meiner Ankunft eine E-Mail bekommen. Da teilte mir ein Ministrant mit, er wolle dem neuen Stadtpfarrer beim Einziehen helfen. Als ich mit dem Auto ankam, stand er schon in Arbeitskleidung da und half mir beim Ausladen. Das hätte es so in Augsburg wohl nicht gegeben. Inzwischen hatte ich schon mehrere Beerdigungen zu halten, und ich werde bald die ersten Kinder taufen. Auch mit Kirchenaustritten hatte ich schon zu tun.

    Wie wollen Sie die Menschen hier für den Glauben gewinnen?

    Heinrich: Ein Programm habe ich nicht, und das brauchen wir als Christinnen und Christen auch nicht. Da greife ich gerne das Motto von Pfarrer Schneck auf – Jesus in unserer Mitte, in unserer Stadt. Unser Glauben kann Antworten auf die oft schwierigen Situationen in unserem Leben geben. Im Übrigen arbeiten wir hier im Team. Ich bin auch froh, Florian Stadlmayr als Kaplan an der Seite zu haben, er kennt Dillingen bereits aus seiner Zeit als Pastoralpraktikant. Neu im Team ist Pastoralreferentin Maria-Anna Immerz.

    Dillingens neuer Stadtpfarrer war für die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen zuständig

    In der öffentlichen Meinung ist nicht so sehr der Glauben präsent, sondern der Missbrauchsskandal. Er hat der katholischen Kirche schwer geschadet.

    Heinrich: Als Personalreferent und Generalvikar war ich in den vergangenen 13 Jahren für die Aufarbeitung von Fällen des sexuellen Missbrauchs durch Priester zuständig. Ich bin sehr froh, dass ich diese Last nicht mehr tragen muss. Vieles hat mich fassungslos gemacht, den Satz „Ich kann mir das nicht vorstellen“ habe ich mir abgewöhnt. Auch das Urteil, das dies doch ein ganz netter Pfarrer sei, kann ich in solchen Fällen nicht mehr hören. Diese Kleriker haben eine ganz andere Seite. Da sind Leben zerstört worden. Das Schlimmste ist die Zerstörung des Vertrauens der Menschen, die ihnen anvertraut waren. Diese Seelsorger waren für viele Vaterfigur und Freund.

    Viele sagen, dass die vorgeschriebene Ehelosigkeit (Zölibat) für katholische Priester zu diesen gehäuften Missbrauchsfällen beigetragen habe.

    Heinrich: Es ist nicht der Zölibat selbst, sondern der Umstand, dass er für manche Priester eine Flucht darstellt, sich mit der eigenen Sexualität auseinanderzusetzen. Die Frage, wie gestalte ich die vorgeschriebene Ehelosigkeit, ist für jeden eine Herausforderung. Ich bin froh, dass ich mit dieser Aufgabe jetzt nicht mehr betraut bin, das war sehr kräftezehrend und belastend.

    Kaplan Florian Stadlmayr
    Kaplan Florian Stadlmayr

    Dillingen dürfte mit etwa 9000 Gläubigen vor Lauingen die größte katholische Pfarreiengemeinschaft im Landkreis sein. Was wollen Sie tun, um mehr Menschen für den Glauben zu begeistern?

    Heinrich: Mich treibt die Frage um, wie wir junge Menschen mit der Botschaft unseres Glaubens begeistern können. Welche Relevanz hat der christliche Glaube für unter 30-Jährige? Er hat natürlich Bedeutung, weil Christus Antworten auf die Sinnfragen unseres Lebens gegeben hat. Wir glauben an die Zukunft. Gott öffnet uns die Perspektive nach vorne. Unser Leben hat durch ihn eine Zukunft über den Tod hinaus.

    Sie meinen damit, dass es für Christinnen und Christen nicht nur ein Diesseits gibt, sondern hinterher eine himmlische Gerechtigkeit und Frieden?

    Heinrich: Ja, unsere Zeit ist schon sehr auf das Diesseits fixiert, wenngleich mir es schon sehr wichtig ist, dass Christsein heißt: Mit beiden Beinen, mit Kopf und Herz im Jetzt sein Bestes zu geben, aber eben diese andere Wirklichkeit nicht aus dem Auge zu verlieren. Jemand hat das mal schön auf den Punkt gebracht: Früher wurde man 70 Jahre alt plus Ewigkeit. Heute wird man nur noch 90 Jahre, und dann ist für viele in ihrem Denken Schluss.

    Was wird der Pfarrer predigen?

    Am Sonntag werden Sie in einem Gottesdienst in der Basilika St. Peter (Beginn 17 Uhr) in ihr Amt eingeführt.

    Heinrich: Ja! Leider kann coronabedingt nur eine begrenzte Anzahl an Gläubigen in die Basilika kommen, aber auch im Stadtsaal gibt es die Möglichkeit den Gottesdienst mitzufeiern. Ich freue mich, dass auch zahlreiche Mitbrüder und Ordensschwestern kommen werden.

    Was werden Sie predigen?

    Heinrich: Das weiß ich noch nicht, vermutlich wird es um solche Fragen, die in diesem Interview gestellt wurden, gehen. Ich weiß nur, dass ich mich richtig auf meine Amtseinführung und vor allem auf meine Arbeit als Seelsorger in der Pfarreiengemeinschaft Dillingen freue.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden