Das Dillinger Krankenhaus St. Elisabeth war vor vier Jahren deutschlandweit das erste Lehrkrankenhaus für Allgemeinmedizin. Mit einem besonders innovativen Ausbildungskonzept, verankert an der Technischen Universität München (TU), wollte man junge Hausärzte für den ländlichen Raum gewinnen. Ob das funktioniert, hat die TU im Rahmen einer Studie untersucht. 300000 Euro hatte das Bayerische Gesundheitsministerium ab 2015 in die Studie gesteckt. Davon hatte auch das Dillinger Krankenhaus profitiert. Die Aufwandsentschädigung für die Studenten im Praktischen Jahr, 400 Euro, war davon bezahlt worden, auch die Hausärzte, die die angehenden Ärzte bei sich mitarbeiten lassen, hatten eine kleine Vergütung bekommen und die Klinik selbst, sagt Chefärztin Dr. Ulrike Bechtel. Doch die Studie ist nun beendet. Damit fallen die Zuschüsse ab Mai weg. Was wird dann aus dem Lehrkrankenhaus?
„Wir werden das Projekt von unserer Seite nie aufgeben“, betont Geschäftsführer Uli-Gerd Prillinger. Auch wenn das bedeutet, dass das jährliche Defizit des Krankenhauses, 2016 waren es 1,1 Millionen Euro, um eine sechsstellige Summe steigt.
Dabei habe die Studie bewiesen, dass über das Konzept tatsächlich junge Hausärzte für den ländlichen Raum gewonnen werden, betont Dr. Bechtel. 39 Famulaturstudenten, das sind Studenten in klinischen Semestern, die gerade im Praktikum sind, und 31 Studierende im Praktischen Jahr haben seit 2013 an der Modellausbildung im Kreis Dillingen teilgenommen. 25 davon haben ihr Staatsexamen bestanden. Acht davon haben sich für eine ärztliche Tätigkeit im Landkreis Dillingen entschieden. Unter anderem fing ein Arzt am Dillinger Krankenhaus an und eine junge Kollegin in Wertingen. Seit Dienstag gibt es einen jungen Notarzt mehr im Landkreis.
Insgesamt 21 junge Mediziner sind im Rahmen des Weiterbildungsverbundes der Akademie Dillingen (Ausbildungskonzept Allgemeinmedizin) in hausärztlichen Praxen und der Kreisklinik tätig und auf dem Weg zum Facharzt für Allgemeinmedizin. Und das, wo das Image der Hausärzte noch vor wenigen Jahren sehr negativ war, erinnert Prillinger. Die Studierenden hatten kein Interesse daran, weil Arbeitszeiten und Vergütung schlechter waren als für andere Fachärzte, und an den Unis sei die Allgemeinmedizin stiefmütterlich behandelt worden. Der Hausärzteverband hätte dagegen viel getan.
Inzwischen sei die zentrale Rolle des Hausarztes als Lotse, als oft erste Anlaufstelle der Patienten, allgemein anerkannt. Lohn und Dienste wurden auch besser, fügt Dr. Bechtel an. Die Kooperation des Dillinger Krankenhauses mit der TU München werde fortgesetzt. Die Uni ihrerseits habe das Konzept auf zwei weitere Häuser ausgedehnt. Das System habe sich bewährt. Bis zum Beginn der Studie ab 2015 hatte das Dillinger Krankenhaus das Projekt finanziert.
Für die finanzielle Unterstützung junger Ärzte sei inzwischen der Bayerische Hausärzteverband eingesprungen. Die niedergelassenen Ärzte gehen jetzt, wie zuvor schon ihre Kollegen, die am Krankenhaus arbeiten, leer aus. „Sie machen das alles umsonst, weil sie wissen, dass es keine Alternative gibt, um Nachwuchs zu gewinnen. Und weil sie wissen, dass es funktioniert“, betont Dr. Bechtel.
Im besten Fall ist das nur eine Notlösung. Dr. Bechtel, die das Ausbildungskonzept zusammen mit Professor Antonius Schneider von der TU entwickelt hat, hat bereits wieder eine Idee, um neue Fördergelder zu gewinnen.
So habe sich die Studie der TU München nur mit dem Studium beschäftigt, nicht aber mit der Facharztausbildung im ländlichen Raum. „Vielleicht können wir dafür neue Zuschüsse bekommen“, hofft die Chefärztin. Gemeinsam mit Landrat Leo Schrell hatte man sich bereits Ende vergangenen Jahres schriftlich an das Gesundheitsministerium gewandt und um weitere Unterstützung gebeten, hieß es seitens des Landratsamtes. Bislang gab es darauf keine Antwort. „Das Ziel wäre es, dass wir noch zwei weitere Jahre Geld bekommen“, erklärt Geschäftsführer Prillinger.
Und er erinnert sich daran, wie der Landrat höchstpersönlich die ersten Studenten samt Lehrstuhlinhabern durch Dillingen geführt hatte. „Die jungen Leute wussten, sie sind hier willkommen.“ Das soll auch weiterhin gelten. Das Krankenhaus will ein „Ansaugstutzen“ für junge Mediziner in Dillingen bleiben.
Landrat Schrell, gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der Kreiskliniken, formuliert es so: „Das Akademische Lehrkrankenhaus Dillingen ist für die zukünftige ärztliche Versorgung unseres Landkreises eine enorm wichtige Einrichtung. Deshalb haben wir uns massiv für das Lehrkrankenhaus eingesetzt und auch Finanzmittel zur Verfügung gestellt. Jetzt hoffe ich dringend, dass sich der Freistaat Bayern auch künftig an der Finanzierung dieses innovativen und für ganz Bayern wichtigen Projektes mindestens beteiligt.“"Kommentar