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Dillingen: Wie von Dillingen aus für eine afrikanische Familie gekämpft wurde

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Wie von Dillingen aus für eine afrikanische Familie gekämpft wurde

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    Rund zwei Jahre lang sahen Samson und Hidat ihren Sohn Kenean nicht. Dass es überhaupt geklappt hat, ist dem Engagement von Ehrenamtlichen zu verdanken. Im Bild von links Georg Schrenk, Vorsitzender des Dillinger Asylhelferkreises, Mutter Hidat mit den Kindern Aaron, Selihom und Kenean, Vater Samson und die beiden ehrenamtlichen Helferinnen Monika Kuster und Lydia Trneny-Fuchsluger.
    Rund zwei Jahre lang sahen Samson und Hidat ihren Sohn Kenean nicht. Dass es überhaupt geklappt hat, ist dem Engagement von Ehrenamtlichen zu verdanken. Im Bild von links Georg Schrenk, Vorsitzender des Dillinger Asylhelferkreises, Mutter Hidat mit den Kindern Aaron, Selihom und Kenean, Vater Samson und die beiden ehrenamtlichen Helferinnen Monika Kuster und Lydia Trneny-Fuchsluger. Foto: Harald Paul

    Was bedeutet eigentlich eine Familienzusammenführung? Ein Beispiel aus Dillingen zeigt: Wenn es nicht mehr weitergeht, wenn die zuständigen Stellen nicht mehr helfen können, kommt man zu den Ehrenamtlichen. So hat es Samson gemacht.

    Der Familienvater kam im Herbst 2014 aus Eritrea über den Sudan nach Libyen. Von dort gelangte er mit einem Schiff über das Mittelmeer nach Italien und schließlich nach Deutschland. Nachdem er gemäß der Genfer Konvention den Flüchtlingsstatus erhalten hatte, betrieb er die Familienzusammenführung mit seiner Frau Hidat. Sie war mit drei Kindern in

    Viele Versuche bei der deutschen Botschaft waren erfolglos

    Die eritreische Mafia bot für 9000 US-Dollar die Verbringung des Jungen von Asmara/Eritrea nach Khartum/Sudan illegal an. Kenean lebte in

    Bereits nach ihrer Ankunft in Deutschland hatte sich Hidat um die Familienzusammenführung bei den zuständigen Stellen bemüht. Kenean ging es im Sudan gut, er hatte jedoch große Angst, dass er seine Familie in Deutschland nicht wiedersehen würde. Bis Ende Januar 2019 erreichte Hidat nichts. Deswegen wandte sie sich sowohl bei der Asylsozialberatung der Diakonie als auch in der Sprechstunde bei der Unterstützergruppe Asyl/Migration Dillingen.

    Die Papiere für die Familienzusammenführung waren alle bei Peter in Khartum, der immer wieder in der Deutschen Botschaft war, damit der Teenager endlich zu seiner Familie kam. Erfolglos.

    In der Botschaft ging es um die richtige Schreibweise

    Die Asylsozialberatung der Diakonie Neu-Ulm erhielt auf eine E-Mail die Auskunft, dass der Junge einen Vorsprachetermin am 6. März vergangenen Jahres hätte. Doch nichts passierte. Also ging die sorgenvolle Mutter Anfang April vergangenen Jahres wieder in die Sprechstunde von Georg Schrenk, Vorsitzender des Dillinger Asylhelferkreises. Schrenk, der sich seit Jahren um die Belange der Dillinger Flüchtlinge kümmert und sich seit der Krise 2015 akribisch in das Recht Asylsuchender eingearbeitet hat, wandte sich nunmehr unmittelbar an die Visa-Stelle der Deutschen. Botschaft in Khartum. Dort bat er darum, dass die Familienzusammenführung bald realisiert wird. Als nichts passierte, schrieb Schrenk am 20. Mai einen Brief an den Deutschen Botschafter in Khartum und bat darum, dass die Visa-Stelle Verbindung mit ihm aufnimmt. Zudem wandte er sich an die Internationale Organisation für Migration im Sudan, die bei der Durchführung für Familienzusammenführungen unterstützt. Daraufhin kam die Auskunft, dass der Junge sich im dortigen Büro melden solle. Inzwischen hatte Peter zwar einen Botschaftstermin, wo er die Auskunft erhielt, dass die Unterlagen in Ordnung wären – aber nicht entsprechend sortiert. Nachdem man dies erledigt hatte, wurde dann die Schreibweise der vorgelegten Geburtsurkunde beanstandet. Dort fehlte im Vergleich zu den Personenstandsurkunden der Eltern im Geburtsnamen ein „e“. Nunmehr wurde in Eritrea eine neue Geburtsurkunde mit der richtigen Schreibweise organisiert.

    Schrenk kam das mehr als fragwürdig vor. Also suchte er sich einen neuen Ansprechpartner. Am 7. Juli wandte er sich an die Bundestagsabgeordnete Bärbel Kofler, Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, im Auswärtigen Amt. Zwei Tage später meldete sich das Büro und holte aus Dillingen verschiedene Informationen ein. Nachdem zwischenzeitlich mitgeteilt worden war, dass der Junge am 18. November erst einen Termin bei der Visa-Stelle bekommt, bat Schrenk Kofler um einen früheren Termin. Zwischenzeitlich hatte die Familie von der Ausländerbehörde die Auskunft erhalten, dass eine DNA des Vaters benötigt würde, um auch sicherzustellen, dass Samson der Vater ist. Bereits zwei Stunden später kam die Aussage, dass sich dies erledigt hätte und die Unterlagen nun vollständig vorliegen würden.

    Doch dann änderte sich Keneans Lage: Peter musste zurück zu seiner Familie in Äthiopien. Also reisten zwei Omas aus Eritrea in den Sudan und kümmerten sich um ihren zwölfjährigen Enkel.

    Es gibt noch viele weitere Familien, die auf Verwandte warten

    Die ehrenamtliche Betreuerin Monika Kuster und Schrenk hatten inzwischen mehrfach Kontakt zum Büro von Kofler. „Dort erhielten wir jede nur mögliche Unterstützung und es wurden uns auch Kontakte ins Auswärtige Amt vermittelt“, lobt Schrenk.

    Schließlich erhielt Kenean sein Visum für die Einreise und sein Vater, Samson, flog nach Khartum und holte seinen Sohn nach Deutschland. Zwar weist das Visum immer noch eine falsche Schreibweise des Namens auf, trotzdem waren alle glücklich, dass Kenean nun endlich da ist. Er fühlt sich in Dillingen sehr wohl, erzählt Schrenk. Der Junge besucht die Mittelschule und bessert unter Anleitung einer Ehrenamtlichen seine Deutschkenntnisse auf. Die Trennungszeit war für die Familie eine starke Belastung und hat Spuren hinterlassen. Doch die Familie lebt sich immer besser ein. Der Vater arbeitet schon seit längerem in einer Metzgerei, die Mutter ist als Raumpflegerin tätig, die Kinder gehen alle in die Schule.

    Doch der Papierkrieg, den die Ehrenamtlichen für dieses glückliche Ende führten, schien unendlich, sagt Schrenk. Dass es schließlich geklappt hat, sei in besonderer Weise auch Bärbel Kofler und ihrem Büro mit Clara Luhr zu verdanken.

    Und die Arbeit geht nicht aus: Schrenk hat derzeit noch einen weiteren tragischen Fall, wo er um die Familienzusammenführung kämpft. Dabei handelt es sich um einen eritreischen Geflüchteten, dessen Frau mit sechs Kindern in Addis Abeba (Äthiopien) bisher erfolglos auf ihn warten. Weil der Vater, der inzwischen in Lauingen lebt, aus der eritreischen Armee desertiert ist, bekommt er keine staatliche Heiratsurkunde. Die kirchliche Urkunde wird nicht anerkannt. Eine andere Frau aus Eritrea, die in Dillingen lebt, wartet seit vier Jahren auf ihren Sohn.

    „Manchmal“, sagt Schrenk, „muss man sich schon die Frage stellen, ob die zögerliche Bearbeitung in manchen Fällen bei der Familienzusammenführung unserem Grundgesetz, aber auch internationalen Vereinbarungen wie der Kinderrechtskonvention entsprechen.“ (pm)

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