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Dillingen/Wertingen: Klinik-TÜV: Eine Minute führt zu schlechter Note

Dillingen/Wertingen

Klinik-TÜV: Eine Minute führt zu schlechter Note

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    Sowohl das Dillinger Krankenhaus (Bild) als auch das Wertinger bekommen in einer bundesweiten Auswertung eine schlechte Note.
    Sowohl das Dillinger Krankenhaus (Bild) als auch das Wertinger bekommen in einer bundesweiten Auswertung eine schlechte Note.

    In 73 Fällen soll in deutschen Krankenhäusern qualitativ „unzureichend“ gearbeitet worden sein – auch in Dillingen und Wertingen. Auf den ersten Blick war Geschäftsführer Uli-Gerd Prillinger schockiert, wie er am Dienstag sagt. „Ich fand es traurig, dass unsere beiden Krankenhäuser dabei sind. Aber jetzt bin ich wieder entspannt.“ Doch warum?

    Wie berichtet, hat der Gemeinsame Bundesausschuss zum ersten Mal einen statistischen Bericht vorgelegt. Untersucht wurden die Bereiche gynäkologische Operationen, Geburtshilfe und Mammachirurgie. Der GBA ist das höchste Gremium der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen. Die Daten von 1084 Krankenhäusern aus dem Jahr 2017 hat das Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) ausgewertet. Stichprobenartig wurden die Krankenhäuser um Patientenakten gebeten. Bei Auffälligkeiten konnten die betroffenen Einrichtungen ihrerseits Auskunft geben. Auch Dillingen und Wertingen haben das gemacht. „Ich kann das Ergebnis nicht nachvollziehen“, stellt Prillinger fest.

    Es geht um jeweils einen Fall in beiden Häusern

    Sowohl in Wertingen als auch in Dillingen geht es um jeweils einen Fall. In Wertingen wurden, obwohl es dort keine Gynäkologie gibt, drei Frauen operiert. Eine davon hatte Bauchschmerzen, schildert Prillinger. Mit Verdacht auf eine Blinddarmentzündung war die Patientin dann operiert worden. Dabei hatten die Ärzte eine Zyste an den Eierstöcken entdeckt. Laut Protokoll wurden die Schmerzen gelindert, dann wurde die Frau in eine Fachklinik überwiesen. „Der Fehler war, dass wir keine Gewebeprobe entnommen haben. Aber das haben wir gelassen, weil sie ja auch nicht bei uns operiert wurde. Wir würden es jetzt auch nicht anders machen“, erklärt Geschäftsführer Prillinger. Trotz Ultraschall oder anderen Durchleuchtungsverfahren könnten Unklarheiten bleiben, wie etwa in dem Fall der Patientin. Bauchschmerzen könnten alles Mögliche sein. Weil insgesamt drei Frauen in Wertingen operiert wurden, schlug sich der Fall in der Statistik mit über 15 Prozent nieder. Das wiederum führte zu dem Urteil „unzureichende Qualität“. Das sei durchaus ernst zu nehmen. Aber es sei die erste Auswertung gewesen, man müsse lernen, damit umzugehen. Die beschriebenen Fälle in Augsburg und Nördlingen (wir berichteten) hätten ebenfalls rein gar nichts mit schlechter Ergebnisqualität zu tun. Das gelte auch für Dillingen. Auch dort geht es um einen einzigen Fall.

    War es ein Rechenfehler?

    Prillinger erklärt, dass von der Entscheidung zur Entbindung bis zur tatsächlichen Entbindung eines Kindes keine 20 Minuten vergehen dürfen. Doch in einem Fall entschied die Hebamme um 21.36 Uhr, dass aufgrund von Gebärmutterproblemen die Entbindung operativ durchgeführt werden sollte. Laut Protokoll kam das Kind um 21.56 Uhr gesund zur Welt – eine Minute zu spät. Auch die Mutter hatte alles gut überstanden, Nachkomplikationen gab es keine. „Vielleicht war es ein Rechenfehler“, vermutet Prillinger, „aber die Zeiten stehen so im Protokoll.“ Er will appellieren, dass die Zeitkorridore genauer eingehalten werden. Da sei eben diese Obergrenze von 20 Minuten. Oder es müsste begründet werden, warum es länger dauerte. In Dillingen kamen 2017 insgesamt 505 Babys zur Welt. Sechs Fälle davon waren problematisch („Notsektion“) und eine davon, die Geburt um 21.56 Uhr, entsprach nicht den Qualitätskriterien. Landrat Leo Schrell, Aufsichtsratsvorsitzender der beiden Häuser, begrüßt alle Anregungen und Hinweise von Patienten und außenstehenden Institutionen, „die uns in der Umsetzung unterstützen und Anregungen zur ständigen Optimierung bieten“. Die neue Auswertung müsse allerdings weiterentwickelt werden. Dies vor allem deswegen, „weil die für unsere Kliniken festgestellten statistischen Auffälligkeiten so nicht aussagefähig sind“. In beiden aufgeführten Meldefällen liegt laut Landrat keine schlechte Qualität in der Behandlung vor, die statistische Methode mache die Fälle nur auffällig.

    Die kritisierte Abteilung ist neu renoviert

    Prillinger sieht die Fälle unkritisch: „Ich habe null Handlungsbedarf.“ Über das Auswertungssystem müsste man aber nachdenken. Hoffentlich sei es ein lernendes. Dass Qualität statistisch vergleichbar gemacht werden sollte, findet der Geschäftsführer grundsätzlich gut. Doch gerade die Geburtshilfe sei nach der Pause in diesem Sommer wieder sehr gut angelaufen.

    Landrat Schrell erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass die Dillinger Klinik seit 1. April 2017 über eine neu renovierte Hauptabteilung Gynäkologie/Geburtshilfe, modernisierte Kreißsäle und vor allem seit 1. Juli dieses Jahres unter Chefarzt Dr. med. Gerhard Nohe über eine neue ärztliche Mannschaft und eine erweiterte medizinische Ausrichtung verfügt. Unter dem Motto „Sanft und sicher“ entwickele sich die Klinik zu einer Fachklinik für Frauenheilkunde. Laut Schrell liegen die Geburten aktuell über den Vergleichswerten des Vorjahres. „Dies spricht sowohl für die Qualität des Konzeptes als auch die hohe Qualifikation des Ärzte- und Pflegeteams sowie der Hebammen und der Kinderkrankenschwestern.“

    Dr. Wolfgang Geisser, ärztlicher Leiter des Dillinger Hauses, bestätigt das: „Ich bin seit elf Jahren hier, so gut wie jetzt lief es in Gynäkologie und Geburtshilfe noch nie.“ Ihm liege sehr viel an der Qualität des Hauses und der Versorgung der Patienten. Und wenn da irgendein Grund zur Kritik wäre, würde man das auch in den Griff kriegen. "

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