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Dillingen/Wertingen: Droht Dillingen und Wertingen ein Wasserstreit?

Dillingen/Wertingen

Droht Dillingen und Wertingen ein Wasserstreit?

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    In der Bertenau bei Kicklingen fördert die Stadt Wertingen Trinkwasser. Rechts ist der Brunnen 5 zu sehen, links der Brunnen 6. Waldbesitzer befürchten Nachteile für den Forst und Einschränkungen bei der Bewirtschaftung.  	„Es herrscht darüber Unmut in Kicklingen.“
    In der Bertenau bei Kicklingen fördert die Stadt Wertingen Trinkwasser. Rechts ist der Brunnen 5 zu sehen, links der Brunnen 6. Waldbesitzer befürchten Nachteile für den Forst und Einschränkungen bei der Bewirtschaftung. „Es herrscht darüber Unmut in Kicklingen.“ Foto: Brigitte Bunk

    Seit 2004 fördert die Stadt Wertingen auf Dillinger Flur Trinkwasser – bisher in einem Probebetrieb. Jetzt hat die Zusamstadt beim Dillinger Landratsamt die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets und die Erlaubnis zur weiteren Förderung von Trinkwasser in der Bertenau bei Kicklingen beantragt. In dem Waldgebiet im Osten des Stadtteils zapft Wertingen bereits jetzt in den Brunnen 5 und 6 bis zu 325.000 Kubikmeter Wasser pro Jahr ab, nach mehrmaliger Verlängerung endet der Probebetrieb am 31. Dezember 2021. Künftig sollen dort nach dem Willen der Zusamstadt jährlich weiter bis zu 286.500 Kubikmeter gefördert werden, um die Trinkwasserversorgung Wertingens zur Hälfte zu sichern.

    Die andere Hälfte deckt die Stadt aus dem nicht weit entfernten Brunnen 3 auf Binswanger Flur. Bis 2017 förderte Wertingen dort auch aus dem Brunnen 4 Trinkwasser. Der könne aber nicht mehr genutzt werden.

    Ein Kicklinger sorgt sich um den Wert der Grundstücke

    In Kicklingen regt sich inzwischen Widerstand gegen die Wertinger Pläne, in der Bertenau „auf fremder Flur“ weiter in großem Stil Trinkwasser zu fördern. Im Vorfeld der jüngsten Dillinger Stadtratssitzung hat sich Franz Dirschinger an unsere Zeitung gewandt. „Wir haben erst im Januar 2020 davon erfahren, dass dort jetzt ein Wasserschutzgebiet kommen soll“, sagt Dirschinger. Bisher habe die Stadt Wertingen dort bereits mehr als ein Jahrzehnt lang Trinkwasser ohne die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets gefördert. Dirschinger gehört zu den seiner Schätzung nach etwa 60 bis 70 Eigentümern, die in der Bertenau Waldgrundstücke besitzen. Der Nebenerwerbslandwirt fürchtet mehrere Nachteile, angefangen bei der Wertminderung der Grundstücke nach der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets.

    Kann Wertingen nirgendwo sonst Trinkwasser fördern?

    Die Eigentümer der insgesamt 117 Parzellen würden bei der Bewirtschaftung durch die Auflagen stark eingeschränkt. Und der Wald in der Bertenau leide, wie vielerorts, bereits jetzt unter den fehlenden Niederschlägen. „Wir werden vor vollendete Tatsachen gestellt, und ich kenne in Kicklingen niemanden, der das toll findet“, sagt der 47-Jährige. Dirschinger fordert Transparenz und „eine vernünftige Entschädigung“. Und er stellt die Frage: „Gibt es im ganzen Wertinger Bereich keinen anderen Standort, wo die Stadt ihr Trinkwasser fördern kann?“

    Die Diskussion darüber im Dillinger Stadtrat

    Diese Frage haben nun am Montagabend auch die Dillinger Stadträte gestellt. Sie fordern in ihrer einstimmig beschlossenen Stellungnahme in dem Verfahren, das beim Dillinger Landratsamt läuft, die Stadt Wertingen auf, nach Alternativen zu suchen. Die Stadträte stellen die Frage, ob nicht der Brunnen 4 weiter genutzt werden kann und ob es nicht „eine ortsnahe Alternative“ zur Trinkwasserförderung auf Wertinger Flur gibt. Oberbürgermeister Frank Kunz war sichtlich bemüht, eine Schärfe aus der Debatte fernzuhalten. Das nachbarschaftliche Verhältnis zwischen Dillingen und Wertingen sei gut. „Dennoch darf man sagen: ‚Schau (bei der Trinkwasserförderung, Anm. d. Red.) zunächst bei dir selber‘“, meinte Kunz an die Adresse seines Wertinger Amtskollegen Willy Lehmeier gewandt.

    Falls es keine Alternative zur Trinkwasserförderung in den Brunnen 5 und 6 geben sollte, müssten die Eigentümer nach Willen des Dillinger Stadtrats für die Nachteile entschädigt werden, die sich aus der Grundwasserentnahme und der Ausweisung des Wasserschutzgebiets ergeben.

    Ein Kicklinger blickt zurück

    Der Kicklinger Stadtrat Karl Schneider bedauerte, dass Wertingen die Trinkwasserförderung auf seinen eigenen Flächen gar nicht in Betracht ziehe. 2004 war das Thema bereits im Dillinger Stadtrat behandelt worden, danach habe man aber nicht mehr viel davon gehört. Vor 17 Jahren hatte der ehemalige Oberbürgermeister Hans-Jürgen Weigl darauf hingewiesen, dass man den Plänen der Stadt Wertingen, in der Bertenau bei Kicklingen Trinkwasser zu fördern, rechtlich nichts entgegensetzen könne. Damals wollte Dillingen mit ins Boot genommen werden, etwa durch einen Zweckverband oder eine Zweckvereinbarung. Schneider sagte jetzt, dass es erst 2019 wieder öffentlich diskutiert worden sei, dass Wertingen in der Bertenau ohne die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets Trinkwasser fördere. „Es herrscht darüber Unmut in Kicklingen“, stellte der Umland-Stadtrat fest. Und man müsse der Stadt Wertingen nun sagen: „Mehr gibt es nicht.“

    Joachim Hien (Grüne) sagte, er gönne jedem sein Wasser, „aber es muss sauber verhandelt sein“. Dietmar Reile (CSU) betonte, dieses Wasser gehöre weder Dillingen noch Wertingen. Die Auflagen eines Wasserschutzgebiets betreffen seinen Worten zufolge aber Kicklingen. „Es sind massive Eingriffe durch Fremde in unserem Stadtgebiet“, sagte Reile. Wertingen würde sich auf seiner eigenen Flur leichter tun, meinte der CSU-Stadtrat. „Da gibt es auch Wasser.“ Die Dillinger Stellungnahme geht nun, wie Verwaltungsrat Christoph Röger informierte, bis zum 12. März ans Dillinger Landratsamt.

    So reagiert der Wertinger Bürgermeister auf die Diskussion

    Wertingens Bürgermeister Willy Lehmeier zeigte sich auf Anfrage über die Debatte im Dillinger Stadtrat überrascht. Die Zusamstadt habe in den vergangenen 17 Jahren zusammen mit dem Dillinger Landratsamt, dem Wasserwirtschaftsamt und vielen Experten diesen Standort für die Trinkwasserförderung auf ihrem eigenen Grundstück in der Bertenau erarbeitet. Das sei „keine Nacht-und-Nebel-Aktion“, das Vorhaben sei von Anfang an offen kommuniziert worden, sagte Lehmeier. Brunnen 4 sei im Jahr 2017 aufgegeben worden, „weil uns da der Uranwert Probleme macht“. Er werde den Prüfungsauftrag, ob der Brunnen nicht weitergenutzt werden könne, aber gerne an die Fachleute weitergeben. Im Übrigen sei er der Meinung, „dass Wasser und Luft allen gehören“. Lehmeier verwies darauf, sich einmal anzuschauen, wo beispielsweise Rieswasser Trinkwasser fördere und wo es hingeleitet werde. Das hatten auch Redner in der Dillinger Stadtratssitzung angemerkt.

    Der Prozess, dass Wertingen in der Bertenau Trinkwasser fördert, laufe seit 2003, betonte Lehmeier. Die Ausweisung des Wasserschutzgebiets sei nun „der letzte Akt“ bei der Sicherung dieses Standorts. Man habe einst bewusst ein Waldgebiet ausgewählt, weil hier die Einschränkungen viel geringer als auf Ackerflächen seien. Und es sei auch nachgewiesen worden, dass der Grundwasserpegel durch die Förderung nicht beeinträchtigt werde. „Wir schaden dem Wald nicht“, versicherte Lehmeier. Und wenn es für die Eigentümer durch die Ausweisung des Wasserschutzgebiets Einschränkungen geben sollte, seien Entschädigungen vorgesehen.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar:Der Protest kommt zu spät

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