Startseite
Icon Pfeil nach unten
Dillingen
Icon Pfeil nach unten

Dillingen: Vorhang auf für die Dillinger Akademie-Bibliothek

Dillingen

Vorhang auf für die Dillinger Akademie-Bibliothek

    • |
    Keine Sorge, Sie haben keinen Knick in der Optik. Diese Panorama-Aufnahme aus dem historischen Bibliothekssaal in Dillingen entstand bei den Dreharbeiten der Virtual-Reality-Inszenierung „Oleanna – ein Machtspiel“ des Staatstheaters Augsburg mit den Schauspielern Katja Sieder und Andrej Kaminsky.
    Keine Sorge, Sie haben keinen Knick in der Optik. Diese Panorama-Aufnahme aus dem historischen Bibliothekssaal in Dillingen entstand bei den Dreharbeiten der Virtual-Reality-Inszenierung „Oleanna – ein Machtspiel“ des Staatstheaters Augsburg mit den Schauspielern Katja Sieder und Andrej Kaminsky. Foto: Heimspiel

    Eine massive Holztür, mit Bienenwachs behandelte Fichtenbohlen und ein imposantes Deckenfresko: Waren Sie schon einmal im historischen Bibliothekssaal in Dillingen? Das Staatstheater Augsburg kann diese Frage mit einem klaren Ja beantworten. Seit wenigen Tagen bietet das Theater eine weitere Inszenierung an, die sich Kulturliebhaber nach Hause schicken lassen können. „Oleanna – ein Machtspiel“, ein Schauspiel von David Mamet, wurde an zwei Orten gedreht: auf einem Tierhof in Augsburg – und eben im historischen Bibliothekssaal, der im zweiten Stock der Dillinger Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung (ALP) zu finden ist.

    900.000 Euro Sanierungskosten

    Hermann Schuster, Verwaltungsleiter der Akademie, erinnert sich noch daran, als ihn die Anfrage im vergangenen Jahr erreichte. „Das Theater hat eine historische Kulisse gebraucht“, so Schuster. Und die habe es dann auch bekommen. Ende Mai 2020 nahmen die Mitarbeiter der Produktion den Saal in Beschlag. Zwei Tage dauerten die Dreharbeiten. Er habe ab und zu nach dem Rechten gesehen, sagt Schuster, schließlich steht der Raum unter besonderem Schutz. Der Boden und der Dachstuhl wurden aufwendig restauriert, die Sanierungsarbeiten vor einigen Jahren haben rund 900000 Euro gekostet. Seitdem dürfen Besucher nur unter Aufsicht und mit Filzpantoffeln oder Socken in den Saal. Sind die Schauspieler somit in der Virtual-Reality-Inszenierung in Strümpfen zu sehen?

    „Nicht ganz,“, sagt Axel Sichrovsky, der für die Inszenierung zuständig war, „unsere Schneiderei hat stattdessen Filzsohlen an den Schuhen befestigt.“ Diese hätten den Nachteil, besonders rutschig zu sein. Die Schauspieler, Katja Sieder als „Carol“ und Andrej Kaminsky als „John“, mussten sich deshalb vorsichtig bewegen: „Ich habe die Aufnahmen schon oft gesehen. Da fällt einem die eine oder andere Stelle auf, an der die Schauspieler ins Rutschen gekommen sind“, erklärt der Regisseur schmunzelnd.

    300 Jahre alte Bibliothek

    Doch warum musste es dieser Ort sein? Die Macher haben nach einem historischen Ort gesucht, der „die alten patriarchalischen Strukturen“ verkörpert. Die rund 300 Jahre alte Bibliothek steht somit für ein Zeitalter, in dem fast nur Männer Machtpositionen innehatten.

    Die Inhaltsangabe zum Theaterstück verdeutlicht diesen Zusammenhang: Die Studentin Carol sucht das Gespräch mit ihrem Professor John. Sie versteht sein Buch nicht, er kann ihre Probleme nicht nachvollziehen. Dennoch bietet er ihr Hilfe an, weil er sie „sympathisch“ findet. Die Machtverhältnisse scheinen klar: auf der einen Seite der gemachte Mann, kurz vor einem beruflichen und privaten Aufstieg, auf der anderen Seite die fleißige Frau, die sich in der Wissenschaftssprache nicht zurechtfindet. Beim nächsten Treffen hat sich das Blatt gewendet. Carol hat John wegen seines aus ihrer Sicht sexistischen Verhaltens bei der Berufungskommission gemeldet. Damit steht seine Beförderung auf dem Spiel. Das klärende Gespräch, das er sich erhofft, endet als Zweikampf.

    Zwei Darsteller waren vor der Kamera

    Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Als Zuschauer kann man nicht nur gebannt dem Dialog der Schauspieler lauschen, sondern auch den pompösen Saal von allen Seiten betrachten. „Eine handballgroße Kugel mit sechs Kameras, die eine wahnsinnige Datenmenge erzeugt“, so beschreibt Sichrovsky die Technik, die eine 360-Grad-Perspektive ermöglicht. Der Kameraständer wurde im Nachhinein aus dem Bild wegretouchiert, und auch sonst durfte sich niemand außer den zwei Darstellern im Raum aufhalten – der Zuschauer kann schließlich den gesamten Raum überblicken. Ganz im Gegenteil zum Filmteam. Das stand vor dem Saal und konnte das Schauspiel nur durch ein schemenhaftes Bild, gesendet auf das Mobiltelefon und Tablet, mitverfolgen. Für das Theater und den Regisseur ist es das erste Mehrpersonenschauspiel gewesen, das komplett mit der VR-Technik aufgenommen wurde und damit „eine riesige Herausforderung“ war, so Sichrovsky, der sich im Gespräch mit der Heimatzeitung für die tolle Zusammenarbeit mit der Akademie bedankt.

    kann deutschlandweit durch den VR-Brillen-Lieferdienst „Frontrow“ bestellt werden. Wer bereits eine eigene VR-Brille besitzt, kann das Theaterstück streamen. Weitere Informationen finden Sie unter staatstheater-augsburg.de

    Lesen Sie auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden