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Dillingen: Von drei Männern aus dem Kreis Dillingen fehlt jede Spur

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Von drei Männern aus dem Kreis Dillingen fehlt jede Spur

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    Die Polizei berichtet, dass zwei Jugendliche in Oberbernbach angefahren wurden. Der Mopedfahrer kümmerte sich anschließend nicht um die Verletzten.
    Die Polizei berichtet, dass zwei Jugendliche in Oberbernbach angefahren wurden. Der Mopedfahrer kümmerte sich anschließend nicht um die Verletzten. Foto: Alexander Kaya/Symbolfoto
    Anton Kaltner aus Höchstädt wird seit 18. Juni 2013 vermisst.
    Anton Kaltner aus Höchstädt wird seit 18. Juni 2013 vermisst. Foto: Polizei

    18.6.2013. Anton Kaltner verschwindet spurlos aus dem Dillinger Krankenhaus. Der damals 49-Jährige muss einen Alkoholentzug machen. Tagelang sucht ein Großaufgebot der Polizei nach ihm. Erfolglos. Einzig ein Urinbeutel, der ihm zugewiesen werden konnte, taucht im Dezember vor sechs Jahren auf. Seither gilt der Höchstädter als vermisst.

    Kadir Karabulut ist seit 4. März 2013 spurlos verschwunden.
    Kadir Karabulut ist seit 4. März 2013 spurlos verschwunden. Foto: Polizei

    4.3.2013. Kadir Karabulut besucht an diesem Tag Bekannte in Augsburg. Das ist der letzte Hinweis von dem Dillinger Türken. Einige Wochen später taucht der schwarze Audi in einer Augsburger Straße auf, angeforderte Polizeihunde verlieren aber nach wenigen hundert Metern die Spur. Bundesweit berichten Medien darüber. Erst recht, weil Karabulut offenbar in kriminelle Machenschaften involviert war. Der damals 42-Jährige ist seither spurlos verschwunden.

    10.6.2000. Manfred Kellner wird an diesem Tag zum letzten Mal gesehen – am Flughafen in Palma de Mallorca. Der Blindheimer, der arbeitslos und alkoholkrank war, will auf der spanischen Insel einen Job bei einer Baufirma anfangen. Weil er zwei Tage später und volltrunken dort anreist, bekommt er die Arbeitsstelle nicht.

    Die Spur von Manfred Kellner verliert sich am 10. Juni 2000.
    Die Spur von Manfred Kellner verliert sich am 10. Juni 2000. Foto: Polizei

    Er wird wieder zum Flughafen gebracht, und man gibt ihm für die Rückreise 120 Mark. Manfred Kellner ist nie wieder zurückgekehrt. Der Blindheimer wird seit 19 Jahren vermisst.

    Die Namen dieser Männer stehen auf drei verschiedenen Ordnern im Büro von Andreas Brandl. Es gibt noch zwei weitere, dicke Ordner.

    Darin sind alle Unterlagen über das Verschwinden der damals 17-jährigen Monika Stempfle aus Oberndorf, die am 27. Januar 1966 nach der Schule nie zu Hause ankam, und einer weiteren Frau aus Nördlingen, deren Spur sich vor zwei Jahren auf Sardinien verliert, abgeheftet.

    Alle Fälle bleiben im Kopf, sagt der Dillinger Kriminalhauptkommissar

    Andreas Brandl, Erster Kriminalhauptkommissar, leitet seit März das „K1“ in Dillingen. Er und seine Kollegen kümmern sich unter anderem um Vermisstenfälle.
    Andreas Brandl, Erster Kriminalhauptkommissar, leitet seit März das „K1“ in Dillingen. Er und seine Kollegen kümmern sich unter anderem um Vermisstenfälle.

    Alle fünf Personen werden vermisst und sind Fälle aus dem Landkreis Dillingen und dem Landkreis Donau-Ries, für die Brandl und seine Kollegen zuständig sind. Seit unzähligen Jahren. Ungelöst.

    Brandl ist Erster Kriminalhauptkommissar bei der Kriminalpolizei in Dillingen. Er leitet seit März dieses Jahres das Kommissariat 1. Dort werden unter anderem Vermisstenfälle bearbeitet. „Und kein Fall wird geschlossen. Alle bleiben offen. Jeder bleibt im Kopf und immer wieder werden die Akten rausgezogen. Ein neuer Blick kann manchmal neue Erkenntnisse bringen“, erklärt der 55-Jährige. Bei den aktuell fünf offenen Vermisstenfälle gibt es aber derzeit keine neuen Ermittlungsansätze. „Irgendwann hat man einfach keine konkreten Anhaltspunkte mehr“, sagt Brandl.

    Manche Menschen verschwinden auf der Durchreise durch den Kreis Dillingen

    Die fehlen den Kriminalbeamten auch bei weiteren vermissten Personen. Seit einigen Jahren werden acht unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge gesucht. Zu ihnen gibt es laut K1-Leiter teils weder Bilder, richtige Namen noch irgendwelche Angaben zum Aufenthaltsort. Die Menschen seien oft auf der Durchreise durch Dillingen verschwunden. „Es ist keine konkrete Gefahr erkennbar“, so Brandl. Trotzdem werde weiter gesucht – auch im Ausland. Und das gelte für alle offiziell vermissten Personen. Sie sind auf den Fahndungslisten beim Landeskriminalamt hinterlegt. Immer wieder werden diese Listen verglichen und aktualisiert.

    Schon damals wurden Zahnbürsten mitgenommen, erzählt er

    Bei allen, so sagt es der Dillinger Kommissar, sind DNA-Muster, Zahnschema und ein Lichtbild hinterlegt – wenn vorhanden. Zudem habe die Polizei mittlerweile viel mehr Möglichkeiten als vor einigen Jahren. „Man hat damals schon Zahnbürsten mitgenommen. Damit kann man heute die DNA bestimmen“, erklärt er. Zudem bestehe die Möglichkeit, Handynutzung, Bewegungen auf dem Bankkonto oder Aktivitäten in den sozialen Netzwerken zu überwachen. Alles mit dem Ziel, dass eine vermisste Person gefunden wird – und das, wenn möglich, so schnell wie es nur irgendwie geht. Dabei ist klar definiert, ab wann ein Mensch als vermisst gilt. Brandl zitiert aus der Polizeidienstvorschrift: „Personen gelten als vermisst, wenn sie ihren gewohnten Lebenskreis verlassen haben, ihr Aufenthalt unbekannt ist und eine Gefahr für Leben oder körperliche Unversehrtheit angenommen werden kann.“

    Der Experte empfiehlt: Lieber einmal zu viel als zu wenig anrufen

    Minderjährige gelten sofort als vermisst, wenn sie in ihrem üblichen Lebensumfeld nicht auffindbar sind. Denn, so Brandl weiter, bei verschwundenen Kindern und Jugendlichen werde grundsätzlich von Lebensgefahr ausgegangen. Aktiv werde die Polizei immer. „Und lieber rufen Angehörige einmal zu viel, als zu spät an. Das gilt für Minderjährige und Erwachsene“, sagt der erfahrene Kommissar. Trotz aller Vorsicht und Vorschrift rät Andreas Brandl auch ein wenig zum Bauchgefühl. „Das schadet nie. Auch wir haben mittlerweile ein Gespür dafür, wann es wirklich ernst ist.“

    Wenn der Ehemann als vermisst gilt - doch ein ganz anderer Verdacht dahintersteckt

    Denn es komme durchaus vor, dass Menschen zwar als vermisst gemeldet werden, sie aber gar nicht ernsthaft vermisst werden. Schon zwei solcher Fälle sind Brandl selbst untergekommen. Der Hintergrund: Frauen oder Männer verdächtigen ihre Partner des Seitensprunges und wollen die Polizei bei der möglichen Affäre „nachschauen“ lassen. „Aber das ist glücklicherweise die absolute Ausnahme, und ich konnte es am Telefon schon herausfinden.“

    Fast täglich werden Jugendliche als vermisst gemeldet - auch im Landkreis Dillingen

    Fast täglich, auch bei uns im Landkreis Dillingen, werden dagegen Jugendliche als vermisst gemeldet. „Heime, Jugendtreffs oder andere Einrichtungen sind anzeigepflichtig. Sie melden sich sofort bei uns, wenn jemand fehlt“, sagt Brandl. Das Problem löse sich aber meist nach wenigen Stunden wieder auf, die Kinder tauchen oft schnell auf. „Aber wie gesagt: Lieber zu früh anrufen und uns wieder zurückpfeifen, als zu lange warten. Das gilt nicht nur bei Kindern und Jugendlichen“, betont der Kommissariatsleiter.

    Denn es gibt auch die Fälle, bei denen jede Hilfe zu spät kommt. „Öfter“, wie Brandl erzählt, gibt es Totfunde. Deshalb gehe die Polizei bei jedem Anruf generell von einem Echtfall aus und werde mit all den Möglichkeiten, die ihr zur Verfügung steht, aktiv. Damit Andreas Brandl und seine Kollegen keinen weiteren Ordner dazustellen müssen.

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