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Dillingen: "Turmschatten" feiert in Dillingen eine besondere Premiere

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"Turmschatten" feiert in Dillingen eine besondere Premiere

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    Der Autor Peter Grandl las im Dillinger Stadtsaal aus seinem prämierten Debütroman „Turmschatten“ vor. Die Schüler der Fachakademie für Sozialpädagogik lauschten gebannt.
    Der Autor Peter Grandl las im Dillinger Stadtsaal aus seinem prämierten Debütroman „Turmschatten“ vor. Die Schüler der Fachakademie für Sozialpädagogik lauschten gebannt. Foto: Vanessa Polednia

    Es sei sein Debütroman – und seine erste große Lesung, gesteht Peter Grandl im Dillinger Stadtsaal. Er spricht zu rund 100 Schülern der Fachakademie für Sozialpädagogik, allesamt maskiert auf ihren Plätzen sitzend. Immerhin könne die Veranstaltung stattfinden, sagt Schulleiter Werner Eitle kurz vor der Lesung.

    Vor etwa einem halben Jahr hatte Autor Grandl, eigentlich Werbefachmann, den Leiter der Dillinger Fachakademie über Linkedin kontaktiert. Unkonventionell hat er über das berufliche Netzwerk gefragt, ob er sein Buch „Turmschatten“ in Dillingen vorstellen dürfe. Er darf. Und nun lauschen die Schüler und Lehrer gebannt, während Grandl aus dem vorderen Drittel seines Debütromans vorliest.

    Anfangs bleiben die Fragen in Dillingen aus

    In „Turmschatten“ geht es um einen mysteriösen älteren Juden namens Ephraim Zamir, der drei Neonazis gefangen hält. Die drei Männer – ein intelligenter und ein stumpfer Typ sowie ein quirliger Homosexueller, auf der Suche nach einer Ersatzfamilie, haben zuvor Zamirs Haushälterin Esther im Affekt umgebracht. Ob die eingesperrten Nazis von ihm getötet werden oder nicht, sollen die Bürger per Livestream entscheiden. Die Geschichte spielt in einer namenlosen Kleinstadt in Deutschland. Das ist so gewollt. Denn sie könne überall in Deutschland passiert sein, meint Grandl.

    Nach der Autorenlesung bleiben die Fragen zunächst aus. „Das ist normal“, spricht der Autor in die Stille des Stadtsaals, „nach dem Lesen braucht man erst mal eine kleine Verschnaufpause.“ Der Münchner beschäftigt sich schon lange mit seiner Familiengeschichte: Seine Großväter seien beide unverbesserliche Nationalsozialisten gewesen – auch nach dem Zweiten Weltkrieg. Um für die rechte Ideologie zu sensibilisieren, wollte er schon lange ein Buch schreiben. Damit auch Leser, die mit dem Thema sonst nicht in Berührung kommen, Lust auf sein Buch bekommen, habe er sich einen spannenden Plot ausgedacht, sagt Grandl. Der Rest des Buches ist dagegen harte Realität.

    Der Schulleiter der Dillinger Fachakademie hat das Buch schon gelesen

    Mehr als drei Jahre habe er über rechten Terror und nationalsozialistische Ideologie in Deutschland recherchiert, erklärt Grandl, als die erste Frage aus dem Publikum kommt, woher er die Informationen für das Buch hätte. So basieren die Nazis der Erzählung aus Biografien realer Personen. Das Buch lese sich, trotz seiner 600 Seiten und der recht schweren Kost, wie im Fluge, sagt Schulleiter Eitle. Rezensionen im Internet bestätigen das. Peter Grandl will vor allem, dass sein Buch auf dem Schulhof diskutiert wird. Das Buch kommt an. Vor kurzem wurde es mit dem Literaturpreis „Harzer Hammer“ als bester deutscher Debütroman 2020 prämiert. Das Buch kam im März beim Berliner Eulenspiegel-Verlag heraus. Zuvor hatte der Autor lange vergeblich nach einem Verlag gesucht.

    Wird der Thriller mit einem Star aus "Babylon Berlin" verfilmt?

    Und nun soll der Thriller sogar als achtteilige Serie verfilmt werden. Spätestens jetzt sind die Zuhörer wieder ganz Ohr. Wann der Film denn rauskommen würde, fragt eine Schülerin. Grandl, aber auch alle anderen müssen über das neu geweckte Interesse lachen. Eine große deutsche Produktionsfirma will das Projekt umsetzen. „Wir sind noch auf der Suche nach einem passenden Regisseur.“ Heiner Lauterbach soll Ephraim Zamir spielen. Für die weibliche Hauptrolle wünscht man sich Liv Lisa Fries, bekannt aus der Erfolgsserie Babylon Berlin.

    Auf die Verfilmung will der eine oder andere am Donnerstagnachmittag nicht warten: Einige Bücher werden an Ort und Stelle verkauft. Das Publikum, angehende Erzieher, sei wahrscheinlich bereits für das Thema sensibilisiert, resümiert der Autor. Demnächst möchte er an einer weiteren Schule auftreten, wo es rechte Tendenzen gebe. „Auf die Reaktionen bin ich schon gespannt“, sagt der 56-Jährige.

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