Startseite
Icon Pfeil nach unten
Dillingen
Icon Pfeil nach unten

Dillingen: Rettungswagen: Damit er es im Notfall rechtzeitig schafft

Dillingen

Rettungswagen: Damit er es im Notfall rechtzeitig schafft

    • |
    Seit rund 20 Jahren hat das Rote Kreuz einen Standort bei der Feuerwehr in Diemantstein. Nun, so das Ergebnis eines Gutachtens, soll dieser Standort nach Schwennenbach verlegt werden. Von dort aus soll die vorgeschriebene Hilfsfrist leichter eingehalten werden können – sagt die Statistik.
    Seit rund 20 Jahren hat das Rote Kreuz einen Standort bei der Feuerwehr in Diemantstein. Nun, so das Ergebnis eines Gutachtens, soll dieser Standort nach Schwennenbach verlegt werden. Von dort aus soll die vorgeschriebene Hilfsfrist leichter eingehalten werden können – sagt die Statistik.

    8,3 Kilometer berechnet der Routenplaner von Diemantstein nach Schwennenbach. Dafür, so der Computer, braucht man mit dem Auto zehn Minuten. Nicht eingerechnet sind landwirtschaftliche Maschinen, die auf den Straßen sind. Oder Wetterverhältnisse, die eine angepasste Geschwindigkeit erfordern. Auch sind die unterschiedlichen Tageszeiten nicht berücksichtigt. Dennoch: Theoretisch ist die kurze Strecke immer und jederzeit in zehn Minuten zu schaffen.

    Wann müssen die Retter vor Ort sein?

    Harald Bachler lacht am Telefon laut auf. Ja, als Leiter des Rettungsdienstes des Bayerischen Roten Kreuzes im Landkreis Dillingen, müsse man sich auch mit sehr viel Theorie auseinandersetzen. Dabei weiß er aus seiner langjährigen Erfahrung: „Die haben nach statistischen Zahlen zwar recht. Aber ob man es auf der Straße umsetzen kann, ist eine ganz andere Sache.“ Mit „Die“ meint Bachler das Institut für Notfallmedizin der TU in München. In regelmäßigen Abständen werden dort, im Auftrag des bayerischen Innenministeriums, Gutachten erstellt. Diese, so erklärt es Bachler, haben den Zweck, den bayerischen Rettungsdienst statistisch zu erfassen. Kommen die Retter innerhalb der Hilfsfrist zum Einsatzort? Wo gibt es Kapazitäten oder müssen die Versorgungsbereiche verändert werden? Fragen, die im Gutachten mit Zahlen und Empfehlungen beantwortet werden.

    Seit wenigen Wochen liegt ein aktuelles Ergebnis für den Landkreis Dillingen vor. Demnach soll die jetzige BRK-Außenstelle im Bissinger Ortsteil Diemantstein in den Höchstädter Stadtteil Schwennenbach verlegt werden. Und eine weitere hauptamtliche BRK-Besatzung soll von Dillingen in den Lauinger Westen ziehen. Bedeutet: Ein Rettungswagen inklusive eines Teams sollen jeweils von ihren jetzigen Standorten verlegt werden. Aber wohin? Harald Bachler sagt: „Es gibt weder in Schwennenbach noch in Lauingen West aktuell ein geeignetes Gebäude, geschweige denn einen Standort. Außerdem löst es nicht das Problem der Auslastung. Auch wenn sich die Zahlen bezüglich der Hilfsfristen innerhalb der neuen Versorgungsbereiche in der Statistik bestimmt verbessern.“ Allerdings zu Lasten der bisherigen Bereiche, so Bachler.

    In Schwennenbach gibt es kein passendes Gebäude

    BRK-Kreisgeschäftsführer Stephan Härpfer sagt zum Gutachten: „Ich muss mich fügen, mir bleibt nichts anderes übrig.“ Vor allem den Standortwechsel nach Schwennenbach halte er für „mindestens diskussionswürdig“. Knapp 20 Jahre hat eine hauptamtliche Besatzung bereits ihre Heimat im Diemantsteiner Feuerwehrheim. Dort steht ein Rettungswagen zur Verfügung, vor Ort sind hauptamtliche Notfallsanitäter tagsüber für Rettungseinsätze und Krankentransporte im Kesseltal und Umgebung zuständig. Und seit vielen Jahren werden zu Notfällen bei Nacht ehrenamtliche Helfer alarmiert, wenn sie zeitlich im Vorteil sind. Dieses Engagement, so vermutet es Rettungsdienstleiter Bachler, werde es am neuen Standort in Schwennenbach wohl nicht mehr geben. „Da fehlt die Bindung der Ehrenamtlichen“, so Bachler.

    Nach Überprüfung der rettungsdienstlichen Versorgung in Bayern ist aber herausgekommen, dass die Hilfsfristeinhaltung von Schwennenbach aus für die Bereiche Höchstädt–Tapfheim besser eingehalten werden können. Auch soll die die BRK-Rettungswache in Wertingen dadurch entlastet werden. Vorgeschrieben sind maximal zwölf Minuten kürzeste Fahrzeit nach Notruf – plus Bearbeitungszeit der Leitstelle. „Im Prinzip setzen die Gutachter einen Zirkel mit dieser Zeitangabe an und legen ihn über die Gebiete“, erklärt Stephan Härpfer. Hinzu kommt die sogenannte Vorhaltung, die vorgibt, wie viele Fahrzeuge für welchen Umkreis benötigt werden.

    Mit den empfohlenen Standortverlegungen kommen auch finanzielle Fragen auf. Denn laut Kreisgeschäftsführer Härpfer ist aktuell vom Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung als zuständiges Gremium entschieden worden, die Empfehlungen des Gutachtens umzusetzen. Härpfer: „Nach jetzigem Stand brauchen wir – wenn der Auftrag vom Zweckverband kommt – in Schwennenbach auf jeden Fall einen Neubau und in Lauingen West sehe ich auch noch kein passendes Gebäude. Entweder wir oder ein Investor müssten dies umsetzen. Offiziell ist noch nichts in trockenen Tüchern, es gibt noch einige Fragen zu klären.“ Mit Landrat Leo Schrell als Landkreisvertreter im Rettungszweckverband Augsburg sei man in Gesprächen.

    Was der Rettungsdienstleiter dazu sagt

    Schon vor einigen Jahren hat ein Gutachten des Instituts für Notfallmedizin eine Empfehlung ausgesprochen, die laut Harald Bachler „sehr weit weg von der Praxis ist“. Im Versorgungsbereich der BRK-Rettungswache Wertingen wurde ein Krankentransportfahrzeug mit 22,5 Wochenstunden eingespart, weil die Statistik sagte, dass die anfallenden Krankentransporte durch den für Notfälle vorgehaltenen Rettungswagen übernommen werden können. Bachler: „Wir haben viel zu viel solcher Krankentransporte und dafür nicht genügend Stunden. Das bedeutet Wartezeiten und Bindung von Rettungswagen.“ Mit einer Verlegung der Standorte, wie beschlossen, würde sich an der Verfügbarkeit überhaupt nichts ändern. Im Gegenteil. „Es ist ein statistisches Zahlenwerk, das ohne eine zusätzliche Leistungserbringung weitere Kosten verursacht“, so Bachler.

    Und das Gutachten einfach anfechten, sei nicht realistisch. Geschäftsführer Stephan Härpfer sagt, dass dies das Rote Kreuz grundsätzlich nicht könne, wenn dann der Landkreis beziehungsweise der Zweckverband. Harald Bachler meint dazu: „Aber das ist sinnlos, weil die Statistik auf der Grundlage wie sie erstellt ist, nicht anfechtbar ist. Relevante Punkt finden keine Beachtung, was wohl eher am Auftraggeber liegt.“

    Lesen Sie auch:

    Ausgesetzter Säugling: Expertin kritisiert Vorverurteilung der Mutter

    Rettungswagen-Report: Kommt die Hilfe im Notfall schnell genug?

    Hat der Kreis Dillingen nicht genügend Pflegeplätze?

    Neuer Chef: BRK im Kreis Günzburg "hat ein Eigenleben entwickelt"

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden