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Dillingen: Konzert in Dillingen: Wenn sich Sprache und Musik näherkommen

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Konzert in Dillingen: Wenn sich Sprache und Musik näherkommen

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    Ein besonderes Erlebnis war das Konzert von Miriam Galonska (Mitte), Birgit Nerdinger und Marcus B. Hartmann im Goldenen Saal in Dillingen.
    Ein besonderes Erlebnis war das Konzert von Miriam Galonska (Mitte), Birgit Nerdinger und Marcus B. Hartmann im Goldenen Saal in Dillingen. Foto: Probst

    Zur blauen Stunde fanden sich Musikbegeisterte im Goldenen Saal der Akademie ein, um einem Konzert der besonderen Art zu lauschen: Unter dem Motto „Verlust“ boten Miriam Galonska und Birgit Nerdinger einen Liederabend, der durch Texte des Dillinger Schriftstellers Marcus Bernard Hartmann ergänzt wurde.

    Eine waschechte Dillingerin

    Galonska ist eine waschechte Dillingerin und ging am hiesigen Bonaventura-Gymnasium zur Schule. Der Saal war trotz der 3G-Beschränkungen recht gut gefüllt und bot mit Sängerin Sarah Straub auch noch einen prominenten Gast. An diesem Abend wechselten Kunstlieder mit Hartmanns Texten, die vom Verzaubern, Verlieben, Verreisen, Verlieren, Verzagen, Verraten und Verführen handeln. Ziel war das Erreichen einer Einheit von Musik und Sprache. Der Dillinger Hartmann sieht dabei seine Texte als autonom. Er will mit seiner Prosa den Blick der Leser und Leserinnen für die Rezeption der Musik schärfen.

    Hartmann, der auch Konzertpianist und Klavierlehrer ist, wählte für diesen Abend nur Stücke aus, die auch mit seinen Texten Hand in Hand gehen können. So griff er beispielsweise nach Schuberts Vertonung des goetheschen „Erlkönigs“ das Motiv der kindlichen Fantasie auf und ermahnte die Hörer und Hörerinnen, ihr inneres Kind zu bewahren. Nach Brahms’ „Von ewiger Liebe“ philosophiert er über Liebe als einen „Besitz, der keiner ist“. Auch seltene Perlen waren zu hören – unter anderem Mozarts „Abendempfindung“, die zwischen Figaro, Elvira Madigan und kleiner Nachtmusik gerne übersehen wird, aber wunderschön ist. Hartmann thronte auf einem Sessel mit Leselampe und zog von dort mit seiner Präsenz alle Hörer und Hörerinnen in den Bann. Schade nur, dass er selbst nicht in die Tasten griff.

    Eine bestimmte Atemtechnik

    Auch rein musikalisch betrachtet war der Abend ein voller Erfolg. Birgit Nerdinger glänzte am Klavier durch spannungsvolle Interpretation und intensive Dynamik. Das aktive Zentrum bildete jedoch Miriam Galonska. Diese Frau ist ein stimmliches Wunder, das mit scheinbar wenig Aufwand den ganzen Saal mit ihrer unglaublich präsenten, aber nie dominanten oder aufdringlichen Stimme scheinbar ohne jeden Aufwand ausfüllen kann. Auffallend ist ihr Sinn für genau den richtigen Einsatz von Mimik und Gestik. Sie setzt nie zu viel davon ein, zeigt aber deutlich, dass sie mit voller Leidenschaft dabei ist.

    Made in Dillingen

    Ihre Strahlkraft füllt den ganzen Raum und ist der perfekte Gegenpol zu Nerdingers und Hartmanns leidenschaftlicher Ruhe. Ihre Atmungstechnik bei den schnellen Staccato-Läufen, wie sie zum Beispiel in Schumanns „Schmetterling“, dem Abschlussstück zu finden sind, nutzt sie oft, um mit letzter Kraft den Noten noch mal perkussive Stöße zu versetzen. Und dann dieses Vibrato. Es war ein Erlebnis, Strauss’ „Morgen!“ zu hören.

    Ob das Experiment mit der Verbindung von Musik und Sprache gelungen ist oder nicht, muss jeder Hörer und jede Hörerin selbst entscheiden. Dieser Abend hat die zwei Welten allerdings einmal näher gebracht und gezeigt, in welche Richtung es in Zukunft gehen kann. Besonders evident wurde das bei dem einzigen Programmpunkt, der an diesem Abend als Uraufführung gebracht wurde – Schuberts Fantasie in d-Moll, die von Hartmann mit Text versehen wurde. Eine Nummer, die sich stilistisch nicht vor den anderen Programmpunkten verstecken muss und sich somit in die Sammlung illustrer Kunstlieder einreihen kann. Kunstlied made in Dillingen.

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